• Seit Jahren in einer festen Partnerschaft – und plötzlich sind da Gefühle für eine andere Person.
  • Was sagt das über die Beziehung aus? Und wie geht man am besten damit um?
  • Eine Psychotherapeutin gibt Rat.

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Erst spricht man mit dem neuen Kollegen oder der neuen Kollegin über den Job, dann über Privates – und dann ist da ein Kribbeln. Seit Jahren ist man in einer festen Beziehung, doch plötzlich entwickelt man Gefühle für eine andere Person. Wer sich innerhalb einer Partnerschaft fremdverliebt, stellt häufig die ganze Beziehung infrage. Ganz falsch ist das nicht.

Fremdverliebtheit: "Kompensation von dem, was man in der Partnerschaft vermisst"

"Zu Außenbeziehungen kommt es meistens dann, wenn in der Beziehung etwas fehlt", sagt Psychotherapeutin Dr. Karin Neumann. Mal ist es Sex, mal ist es Aufmerksamkeit. Wenn zu Hause etwa oft schlechte Stimmung herrscht, genießt man vielleicht die Ausgelassenheit mit einem anderen Menschen oder er hört zu, wo der Partner nur noch auf Durchzug stellt.

"Häufig sind Affären somit eine Kompensation von dem, was man in der Partnerschaft vermisst", sagt die Psychotherapeutin. Dabei merken die Betroffenen meist selbst erst, dass etwas fehlt, wenn sie es bei einem anderen Menschen gefunden haben. "Häufig rutscht man in eine Außenbeziehung hinein. Man sucht diese nicht bewusst – es passiert einfach."

Ist es passiert, meldet sich in aller Regel irgendwann das schlechte Gewissen. Schnell getippte SMS, wenn die Partnerin gerade den Raum verlässt, fühlen sich auch ohne Seitensprung nach Betrug an. Doch wie sollte man damit umgehen? Es dem Partner oder der Partnerin beichten oder es einfach ignorieren?

Überlegen Sie sich: Was fehlt in der Beziehung?

"Es ist enorm wichtig, mit dem Partner oder der Partnerin zu sprechen, was einem in der Beziehung fehlt", rät Dr. Neumann, sofern man an der Beziehung festhalten will. Die Psychotherapeutin empfiehlt jedoch nicht, die Verliebtheit oder gar Affäre selbst zu beichten. "Was ich aber unbedingt empfehle, ist, sich zu fragen: Was fasziniert mich an der anderen Person? Wie kann ich das in meine Beziehung hineinholen?"

Was in der Beziehung nicht gut laufe oder oder fehl, Wsollte man ehrlich und offenen Herzens mit dem Partner oder der Partnerin thematisieren und daran arbeiten, um sich in der Beziehung rundherum wohl und glücklich zu fühlen", so die Expertin.

Ist etwa das Sexleben eingeschlafen, kann man sich Tipps bei Frischverliebten abschauen, wie etwa kleine Aufmerksamkeiten im Alltag, echtes Interesse an den Gedanken und Träumen des anderen und regelmäßige Verabredungen zu Dates. Themen wie Probleme mit den Kindern oder im Haushalt sollten dabei tabu sein.

Eine Fremdverliebtheit könne die Beziehung sogar verbessern, sagt Dr. Neumann. Vorausgesetzt, man geht ehrlich mit sich und der Beziehung in Klausur. Dabei könne wieder deutlich werden, wie wichtig einem die Partnerschaft ist und was über die Jahre vielleicht eingeschlafen ist. "Das kann zu mehr Qualität in der Beziehung führen und zu einem zweiten Frühling in der Liebe."

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"Irgendwann muss das Thema abgehakt sein"

Kommt der Partner hinter die Affäre, gerate die Beziehung in ein starkes Ungleichgewicht, so Dr. Neumann: "Man muss sich überlegen, warum einer aus der Beziehung ausgebrochen ist und eine Affäre begonnen hat – um danach wieder für einen Ausgleich zu sorgen." Passiere das nicht, "hängt die 'Partnerwippe' verdammt schief."

Ist allerdings ein Ausgleich erbracht, der für beide Seiten akzeptabel ist, muss das Thema irgendwann endgültig abgehakt werden. "Die Affäre darf nicht lebenslänglich in jedem Streit wieder neu zum Vorwurf gemacht werden. Sonst hat die Beziehung auf Dauer keine Chance."

Vier Tipps für Fremdverliebte:

  • Tipp 1: Überlegen Sie sich: Was begeistert mich an der Beziehung zu der anderen Person? Was fehlt mir?
  • Tipp 2: Sprechen Sie mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin offen darüber, was Ihnen fehlt.
  • Tipp 3: Überlegen Sie gemeinsam, wie sich das in Ihre Beziehung integrieren lässt.
  • Tipp 4: Wenn die Affäre auffliegt: Sorgen Sie für einen Ausgleich – danach muss das Thema abgehakt werden.
Über die Expertin: Dr. Karin Neumann ist ausgebildete Systemische Paar- und Familientherapeutin und Doktorin der Psychotherapiewissenschaft in Perchtoldsdorf bei Wien. Sie ist zudem Autorin diverser Fachbücher zum Thema psychische und physische Gesundheit.
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