Ein Großteil der Menschen in Deutschland findet sich in der Vielzahl gesundheitsrelevanter Informationen nicht mehr zurecht. Wir geben Tipps, wie und wo man sich am besten informieren kann.
Die Gesundheitskompetenz der deutschen Bevölkerung hat sich einer Studie zufolge auf ohnehin niedrigem Niveau weiter verschlechtert. Nur noch ein Viertel der Erwachsenen findet sich demnach gut im Dickicht gesundheitsrelevanter Informationen zurecht.
Rund 75 Prozent hingegen haben erhebliche Schwierigkeiten, Informationen etwa zur Prävention oder zur Behandlung von Krankheiten zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und auf die eigene Lebenssituation anzuwenden, heißt es in der repräsentativen Studie der Technischen Universität München (TUM) in Zusammenarbeit mit der "Apotheken Umschau".
Die Folge seien nach den jüngsten vorliegenden Daten allein im Jahr 2022 Mehrkosten von bis zu 24 Milliarden Euro gewesen, erläuterte Co-Autor Kai Kolpatzik vom Wort & Bild Verlag in München. Denn Menschen mit einer geringen Gesundheitskompetenz seien häufiger und länger krank, nähmen häufiger Notfalldienste in Anspruch, würden öfter im Krankenhaus behandelt und folgten Behandlungsempfehlungen seltener.
WHO: Drei bis fünf Prozent an Mehrausgaben
Bei den Betroffenen hapere es nicht nur bei Entscheidungen bezüglich der eigenen Gesundheit oder der von engen Familienangehörigen wie den eigenen Kindern. Sondern auch bei der Orientierung im Gesundheitssystem generell und bei der Inanspruchnahme von Leistungen, schilderte Kolpatzik.
"In einer Zeit, in der [...] Fake-News salonfähig geworden sind, dürfen wir nicht abwarten und hoffen, dass die Menschen sich schon irgendwie im Informationsdschungel zurechtfinden."
Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation zufolge beliefen sich die Folgekosten mangelnder Gesundheitskompetenz auf drei bis fünf Prozent der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen.
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Kolpatzik zog daher das Fazit: "In einer Zeit, in der automatisierte Chatbots mit gezielten Fehlinformationen arbeiten und Fake-News salonfähig geworden sind, dürfen wir nicht abwarten und hoffen, dass die Menschen sich schon irgendwie im Informationsdschungel zurechtfinden und gute Entscheidungen treffen."
Massiver Rückgang der Kompetenz binnen eines Jahrzehnts
Die Gesundheitskompetenz in Deutschland ist den Daten zufolge binnen eines Jahrzehnts enorm gesunken: 2014 lag der Anteil der Menschen, die sich im Informationsdschungel nicht zurechtfinden, bei gut 54 Prozent. 2020 war er auf 64 Prozent gestiegen. Inzwischen sind es 75,8 Prozent, wie die vergangenen Sommer durchgeführte Online-Befragung ergab.
Die Schwierigkeiten bestünden dabei in allen Gesellschaftsgruppen, unabhängig von Migrationshintergrund, Bildung, Beschäftigungsstatus oder Haushaltseinkommen, erläuterte TUM-Expertin Alexandra Fretian. "Es hat eine Verschiebung stattgefunden, dass etwa auch Menschen mit hoher Bildung Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen erleben." Allerdings zeige sich, dass Menschen über 60 Jahre und Menschen aus Ostdeutschland im Schnitt bessere Werte hätten.
Eine Auswahl an Tipps, um an seriöse Gesundheitsinfos zu kommen
- In Artikeln lässt sich anhand transparenter Quellen- und Agenturangaben nachvollziehen, woher die Informationen stammen. Hier lesen Sie auch, wie unsere Redaktion mit Quellen arbeitet.
- Achten Sie bei Gesundheitsportalen darauf, ob es von offiziellen politischen Einrichtungen wie dem Bundesamt für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) oder dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) beauftragt wurde oder etwa gemeinsam mit einer Universität erstellt wurde. Zudem sehen sie oftmals unter der Rubrik "Partner", ob ein Format mit seriösen Stellen zusammenarbeitet. So bietet das vom BMG produzierte Portal gesund.bund.de unter anderem verständliche Antworten auf Gesundheitsfragen.
- Bei Gesund-im-Netz.net finden Erwachsene eine Übersicht und bei klick2health.net junge Menschen Angebote und seriöse Gesundheitsinfos.
- Auch Institutionen wie das Robert-Koch-Institut liefern Überblicke zu Infektionserkrankungen.
Zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz formulierten die Studienautoren und -autorinnen zehn Forderungen an die Politik, die von Gesundheitsbildung und Stärkung der Medienkompetenz von Kindern über den Aufbau eines Lotsensystems und barrierearme Kommunikation für eine bessere Orientierung im Gesundheitswesen bis hin zur Verankerung von Maßnahmen zur Gesundheitskompetenz in allen Politikbereichen reichen. (dpa/bearbeitet von tar)