Muskulatur und Gelenke in Schuss zu halten, ist für Läuferinnen und Läufer selbstverständlich. Wie wichtig die Zahnpflege ist, wissen die wenigsten.

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Auf dem Zahnfleisch ins Ziel gelaufen: Diese Redewendung kann mehr wortwörtliche Bedeutung haben als angenommen. Intensiver Sport wirkt sich auf die Gesundheit im Mundraum aus. Dass zuckerreiche Gels und Getränke Karies fördern, ist naheliegend. Es gibt aber weitere Faktoren, die weniger im Fokus stehen – etwa die Atmung durch den Mund. Wir beleuchten die Zusammenhänge und geben dir Tipps, wie du eine gute Zahngesundheit erreichst und deine sportliche Leistungsfähigkeit erhältst.

Haben Sportler schlechtere Zähne?

Wer läuft, ist fit und gesund – oder? Im Mundraum stimmt das nicht immer. Studien zufolge sind Zähne und Zahnfleisch bei Sportlerinnen und Sportlern oft in einem schlechten Zustand. Bei den olympischen Spielen 2012 in London waren Zahnschmerzen sogar das zweithäufigste Problem, weshalb Athletinnen und Athleten ärztliche Hilfe in Anspruch nahmen – mit 30 % machten sie nach Beschwerden am Bewegungsapparat am ehesten eine Behandlung notwendig. Bei 18 % der Betroffenen hatte das Zahnweh leistungsmindernde Effekte zur Folge. Eine alarmierende Zahl, die nach den Spielen Anlass zu weiteren Untersuchungen gab.

Eine Gruppe britischer und amerikanischer Sport- und Zahnmediziner wertete vorhandene Studien aus und kam zu dem Ergebnis, dass ein schlechter Gebiss- und Zahnfleischzustand im Spitzensport tatsächlich weitverbreitet ist. Mit den Erkenntnissen verbanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Appell, die Zahngesundheit bei Sportlern und Sportlerinnen stärker in den Fokus zu rücken. "Mundgesundheit könnte für Sportler leicht erreichbar sein, da die oralen Erkrankungen, die die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können, allesamt einfach vermeidbar sind", betont einer der Studienleiter, Professor Ian Needleman vom Eastman Dental Institute in London. Schon durch simple Maßnahmen wie eine verbesserte Zahnputztechnik oder Zahnpasten mit höherem Fluoridgehalt ließen sich ohne zusätzlichen Zeit- oder Kostenaufwand Zahnschmerzen sowie damit verbundene Schlaf- und Trainingsprobleme verhindern – die am Ende den entscheidenden Unterschied zwischen Gold und Silber ausmachen könnten.


Nun geht es beim Ausdauersport im Hobbybereich nicht um olympische Medaillen. Inwieweit sich die bei Spitzenathleten erhobenen Daten auf den Amateursport herunterbrechen lassen, ist unklar. Entsprechende Studien existieren nicht. Je höher dein Trainingsumfang ist, desto eher bist du aber den auslösenden Faktoren ausgesetzt. Denn die sind bei der Elite die gleichen wie im Hobbybereich.

Welche Ursachen hat die schlechte Zahngesundheit bei Sportlern?

Beim Laufen, Radfahren, Schwimmen oder Wandern giert der Körper nach Kohlenhydraten als Treibstoff. Süße Sportgetränke, Riegel und Gels fördern zwar die Leistung beim Sport, aber nicht die Zahngesundheit: Der enthaltene Zucker verändert die Mundflora negativ. Schädliche Bakterien ernähren sich von dem Süßungsmitel, vermehren sich überproportional und produzieren Säuren, die den Zahnschmelz angreifen. Die Kohlensäure in vielen isotonischen Getränken fördert zusätzlich die Plaque- und Kariesbildung.

Auch die Atmung durch den Mund ist für die Zahngesundheit bei Sportlerinnen und Sportlern Gift. Sie reduziert die Produktion von Speichel, der aber eine wichtige Schutzfunktion für den Kauapparat hat. Die Körperflüssigkeit remineralisiert die Zähne und wirkt der Demineralisierung durch Säuren entgegen.

Ein weiterer Faktor für die Häufung von Karies und Zahnfleischentzündungen bei ambitionierten Sportlern und Sportlerinnen könnte die mangelnde Prophylaxe sein. So gaben zumindest rund 46 % der olympischen Schmerzgeplagten zu, im Jahr zuvor keinen Zahnarzt besucht zu haben – unabhängig davon, aus welchem Land sie kamen. Eine 2024 veröffentlichte französische Studie kam jedoch zu gegenteiligen Ergebnissen. Hierbei wurden an Wettkämpfen teilnehmende Ultralangstreckenläuferinnen und -läufer zu ihrer Zahnpflegeroutine befragt. Es zeigte sich, dass diese Gruppe überdurchschnittlich großen Wert auf Mundhygiene und Vorsorgeuntersuchungen legte. Die Wissenschaftler vermuteten, dass durch den sportlichen Leistungsanspruch ein größeres Gesundheitsbewusstsein vorhanden ist. Der insgesamt gesunde Lebensstil umfasse offenbar auch eine sorgfältige Zahnpflege.

Von welchen Zahnerkrankungen sind Sportler besonders betroffen?

Eine britische Untersuchung von 2019 ging genau dieser Frage bei 352 Leistungssportlerinnen und -sportlern auf den Grund und kam zu folgenden Ergebnissen:

  • Bei knapp 50 % wurde Karies festgestellt.
  • Gut 40 % litten unter Zahnsubstanzverlust.
  • Über 20 % waren von Entzündungen am Zahnhalteapparat (Parodontitis) betroffen.

Dazu kommen Verletzungen durch Sportunfälle – ein ausgeschlagener oder beschädigter Zahn ist beispielsweise nach Stürzen mit dem Bike keine Seltenheit.

Wie wirkt sich eine schlechte orale Gesundheit auf Sport und Alltag aus?

Ein direkter Zusammenhang im Sinne von "starke Zähne, starke Leistung" besteht zwar nicht, aber umgekehrt können sich Probleme im Mund sehr wohl negativ auswirken. Chronische Entzündungen im Mundraum beschäftigen dauerhaft das Immunsystem und schwächen es. Das Wohlbefinden leidet, das Training sowieso. Bemerkst du einen Leistungsabfall, eine höhere Herzfrequenz, hast ständig Probleme mit der Verdauung oder fängst dir überdurchschnittlich häufig Infekte ein, empfiehlt sich bei der Ursachenforschung ein Blick in den Mund. So beugst du auch schwerwiegenden Komplikationen vor:

  • Entzündungsverursachende Bakterien können über die Blutbahn bis ins Herz gelangen und dort die Herzklappen schädigen. Beim belasteten Sportlerherz ist das besonders heikel.
  • Neuere Forschungen vermuten zudem eine Beeinträchtigung der Lunge durch Mundraumbakterien.
  • Eine Parodontitis verdoppelt das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall, da ständige Entzündungen Gefäßverkalkung fördern.
  • Begünstigt werden zudem Herzmuskelentzündungen, Bluthochdruck und Erektionsstörungen.

Weniger bekannt ist der Zusammenhang zwischen Kauapparat und Anatomie. Hast du diffuse Beschwerden am Bewegungsapparat oder bist häufig verletzt, liegt die Ursache eventuell im Kieferbereich. Eine verspannte Kaumuskulatur oder Zahnfehlstellung können sich über die Muskelkette bis zum Fuß auswirken – ganzheitlich denkende Physiotherapeuten und Mediziner können dann weiterhelfen.

Wie halte ich als Sportler meine Zähne gesund? 7 Tipps

Um die Beißerchen gesund zu halten, gelten die üblichen Regeln: Mindestens zweimal täglich Zähneputzen und dabei einmal auch die Zahnzwischenräume zu reinigen, ist Pflichtprogramm. Ebenso die halbjährliche Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt oder der Zahnärztin – am besten inklusive professioneller Zahnreinigung.

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Wer intensiv Ausdauersport betreibt, kann seine Zähne mit diesen Tipps zusätzlich schützen:

  1. Verzichte möglichst auf zuckerhaltige Sportgetränke und -nahrung. Für leichte Trainingseinheiten genügt Wasser vollkommen. Um Zucker zu sparen, kannst du Energieriegel selber machen.
  2. Falls sich der Zuckerkonsum nicht vermeiden lässt, hilft Nachspülen mit Wasser gegen die Säuren.
  3. Beim Radfahren kannst du außerdem ein Getränkesystem mit Trinkhalm verwenden, wie es beim Triathlon verbreitet ist. So verteilen sich kohlenhydrathaltige Flüssigkeiten nicht im ganzen Mundraum.
  4. Iss zum Ausgleich nach Training und Wettkampf zahngesund: Gemüse, Käse, Nüsse, Milch und Fleisch schaffen einen guten pH-Wert im Mund.
  5. Bevorzuge die Nasenatmung. Bei Belastung ist eine Umstellung anfangs ungewohnt, wird mit etwas Übung aber zur Routine. Durch die Nase ein- und durch den Mund auszuatmen ist ein guter Anfang.
  6. Ist der Mund schon ausgetrocknet, kannst du mit zuckerfreiem Kaugummi den Speichelfluss anregen.
  7. Lasse Fehlstellungen am Gebiss mit einer Zahnschiene korrigieren, wenn du anderweitig unerklärbare orthopädische Schwierigkeiten hast.

Fazit: Mit gesunden Zähnen mehr Biss – auch beim Laufen

Probleme im Mundraum können deinen Sport auf vielfältige Art beeinträchtigen. Dafür muss noch nicht einmal ein Zahn wehtun – oft schwelen Entzündungen an Zahn und Zahnfleisch unbemerkt vor sich hin. Und lösen diverse Symptome aus, von Migräne bis hin zu Rückenschmerzen. Während solche Beschwerden vergleichsweise harmlos sind, können bakterielle Infektionen Organe wie das Herz befallen. Das kann bei intensiver Anstrengung gefährlich werden. Unser Tipp deshalb: Halte deine Zähne in Schuss. Mit einer guten Pflegeroutine und der mindestens jährlichen Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt legst du die Basis, weitere Maßnahmen wie eine Nasenatmung und optimale Lauf-Ernährung wirken unterstützend.  © Runner’s World