Domenika Mayer startet in Paris bei ihren ersten Olympischen Spielen. Mit erhöhten Laufumfängen und Intensitäten macht sie sich fit für die anspruchsvolle Marathonstrecke.

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Domenika Mayer nimmt in Paris an ihren ersten Olympischen Spielen teil. Die 33-Jährige ist in ihrer noch jungen Marathonkarriere bereits zur drittschnellsten deutschen Marathonläuferin aller Zeiten aufgestiegen und hat bewiesen, dass sie bei Großereignissen immer auf den Punkt fit ist.

RUNNER’S WORLD: Du bist im Juni bei den Europameisterschaften im Halbmarathon starke Elfte geworden. Die Vorbereitung auf Paris läuft also in die richtige Richtung, oder?

Domenika Mayer: In Rom konnte ich mit den Schnellsten anfangs nicht mitgehen, hätte das Tempo andererseits aber noch lange weiterlaufen können. So aus der Marathonvorbereitung heraus war das also ein gutes Ergebnis, doch ganz zufrieden war ich nicht. Mit dem Team haben wir aber Silber geholt, das gibt natürlich Rückenwind für Paris.

Paris werden deine ersten Olympischen Spiele sein. Habt ihr in der Vorbereitung auf diesen Karrierehöhepunkt im Training irgendetwas Neues gemacht?

Ich bin ja erst fünf Marathons gelaufen, bin also noch relativ neu im "Marathongeschäft". Dementsprechend sind meine Laufumfänge noch recht niedrig. Deshalb lag der Fokus in dieser Vorbereitung auf einer Steigerung der Laufeinheiten pro Woche und einem leicht gesteigerten Umfang. Natürlich haben wir auch die Intensitäten erhöht, aber alles in Maßen. Ein Zuviel führt ja schnell zu einer Überlastung.

Die Strecke in Paris ist hinsichtlich des Streckenprofils sehr anspruchsvoll …

Daher haben wir im Training auch Berge in die Trainingsläufe eingebaut. Wir sind im Vorfeld der Olympischen Spiele mit dem Bundestrainer und den anderen Teammitgliedern nach Paris gefahren und haben uns dort die Strecke angeschaut, um zu wissen, was genau auf uns zukommt.

Die Olympia-Marathonstrecke von Paris

Die Strecke hat insgesamt mehr als 400 Höhenmeter, es geht rauf und runter. Das ist für einen Straßenlauf bei Meisterschaften extrem ungewöhnlich.

Wie gesagt: Ich habe mich darauf vorbereitet. Aber unabhängig davon gilt es, grundsätzlich bestmöglich in Form zu sein, das darf man nicht vergessen. Allein Berge schnell rauf- oder runterlaufen zu können, genügt nicht.

Du hast schon an Europa- und an Weltmeisterschaften teilgenommen, aber noch nicht an Olympischen Spielen. Was ist das Besondere daran?

Sie sind die größte Sportveranstaltung der Welt. Sportler aus allen Ländern und ganz vielen verschiedenen Sportarten kommen dort zusammen. Daran teilzunehmen ist vermutlich das Traumziel aller Sportlerinnen und Sportler. Für mich war es immer das Größte, das einmal zu schaffen. Jetzt, in der direkten Vorbereitung, bin ich aber erstaunlich professionell und versuche, mich mit all dem auseinanderzusetzen, was die konkrete sportliche Herausforderung betrifft: Dass es ein reines Frauenrennen ist. Dass die Strecke nicht extrem schnell ist. Dass der Lauf im Hochsommer stattfindet.

Du gibst dich ganz offensichtlich mit der Teilnahme allein nicht zufrieden?

Nein, überhaupt nicht. Dass ich es bis Paris geschafft habe, ist eine tolle Belohnung für die Mühen der letzten Jahre, aber die "große Party" feiere ich erst nach den Spielen. Ich werde all das Neue, was die Spiele mit sich bringen, all die vielen neuen Reize, aufnehmen und hoffentlich daraus lernen und Motivation für weitere Leistungsentwicklungen ziehen.

Vermutlich hast du vor drei Jahren bei den Olympischen Spielen in Tokio aufmerksam zugeschaut. Hättest du dir damals schon vorstellen können, in Paris im Marathon an den Start zu gehen?

Von Olympischen Spielen träumt jeder Leistungssportler. Aber eigentlich war mein Ziel damals, einfach einmal international in einer olympischen Disziplin zu starten, und ich dachte da eher an die Europameisterschaften. Ich habe lange genug gedacht und gesagt: "Marathon ist nichts für mich." Aber dann habe ich doch eingesehen, dass ich die realistischsten Chancen für einen entsprechenden internationalen Start auf der Marathondistanz haben würde. Das war der Grund für meinen Umstieg im Frühjahr 2022, im Jahr der Europameisterschaften in München.

Du hast dich dann 2022 bei deinem Marathondebüt für die EM in München qualifiziert und wurdest dort im erst zweiten Marathon deiner Karriere Sechste. Das war schon ein formidabler Einstieg in die Distanz.

Völlig verrückt! Ich hatte das überhaupt nicht erwartet. Von daher auch noch mal auf die vorherige Frage referierend: 2021 hätte ich nie gedacht, dass ich 2024 im Marathonlauf an den Olympischen Spielen teilnehmen werde!

Die Olympischen Spiele in Paris sind für die Marathonläuferinnen auch insofern besonders, als dass sie den sportlichen Abschluss der Spiele bilden, was bisher den Marathonmännern vorbehalten war. Das ist als Zeichen für die Gleichberechtigung und die Frauenrechte gedacht. Ist das für dich wichtig?

Das ist schön und gut so, für mich aber nicht so extrem wichtig. Für mich als Sportlerin spielt das erst mal nur eine sekundäre Rolle. Ich freue mich über die Teilnahme und ich freue mich, dass wir so auch an der Abschlusszeremonie teilnehmen können. Grundsätzlich ist es aber natürlich gut, dass man sich über die Rolle der Frau in der Gesellschaft Gedanken macht.

Es gibt ja noch ein weiteres Novum bei diesen Olympischen Spielen: Erstmals findet auf der olympischen Marathonstrecke in den Tagen der Spiele auch ein Volksmarathon statt. Wie findest du das?

Das finde ich sehr cool. So fördert man doch die Identifikation mit unserem Sport und mit dem Ereignis an sich. Solche Initiativen, die die Nähe zwischen dem Publikum und den Spitzensportlern fördern, darf man zukünftig gern weiter ausbauen.

Kommen wir zum Eingemachten: Was sind deine sportlichen Ziele für Paris?

Ich mache mir immer wieder bewusst: Jeder Athlet kann am Tag X jeden Athleten schlagen. Nichts ist unmöglich. Und ich sage mir auch immer: Ich werde nicht aufgeben bis zum Schluss. Ein Marathon ist 42,195 Kilometer lang und hat seine Höhen und Tiefen, und da kann speziell bei höheren Temperaturen im Sommer auf den letzten Kilometern noch ganz viel passieren. Mit anderen Worten: Ich werde bis zum letzten Meter kämpfen und dann auch zufrieden sein dürfen mit dem, was am Schluss rauskommt.

Habt ihr eigentlich schon euren Paris-Aufenthalt organisiert? Kommt dein Mann mit, kommen deine beiden Kinder mit?

Ja, wir haben das Privileg, dass mein Mann während der Marathon-Tage mit den Kindern in einem Hotel meines Ausrüsters wohnen darf. Ich freue mich sehr, dass die Kinder dabei sind. Ich kann mir vorstellen, dass sie später mal ganz schön traurig wären, wenn sie rückblickend sagen müssten: "Und wir waren bei Mamas Olympia-Auftritt damals nicht dabei …" Es werden auch meine Eltern, mein Zwillingsbruder und einige Lauffreunde aus der Heimat extra für den Marathon nach Paris fahren, um mich an der Strecke anzufeuern. Das macht mich stolz.

Weißt du, wo die nächsten Olympischen Spiele stattfinden? Oder anders gefragt: Denkst du schon über Paris hinaus?

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Bei den nächsten Spielen in Los Angeles wäre ich 37, damit kann man auch noch schnell laufen, wie ausreichend viele Frauen bereits bewiesen haben. Aber die Konkurrenz schläft nicht, das weiß ich auch. Tatsächlich habe ich den Vertrag mit meinem Ausrüster gerade noch mal um vier Jahre verlängert. Ich hoffe, das sagt alles …  © Runner’s World

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