• In Deutschland haben 43 Prozent der Frauen und 38 Prozent der Männer chronische Beschwerden
  • Rückenschmerzen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind besonders häufig.
  • Ursachen sind neben genetischen Faktoren oft andauernde körperliche und psychische Belastungen, schlechte Ernährung und zu wenig Bewegung.

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Anhaltende Schmerzen im Rücken oder am Herzen? Ständige Antriebslosigkeit oder Atembeschwerden? Das könnten Anzeichen für chronische Krankheiten wie Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Depression oder Asthma sein. Fast jeder Zweite leidet in Deutschland unter andauernden Beschwerden, Tendenz steigend. Warum sind wir immer häufiger chronisch krank und wie können wir dem vorbeugen?

Hierzulande haben etwa 43 Prozent der Frauen und 38 Prozent der Männer andauernde Beschwerden. Chronische Krankheiten entwickeln sich oft über Jahre, dauern lebenslang an und können nicht vollständig geheilt werden. Sie treten vor allem in Industrieländern auf; immer mehr Menschen sind von ihnen betroffen.

Warum sind immer mehr Menschen hierzulande chronisch krank?

Je älter wir werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir an einer dauerhaften Erkrankung leiden. "Chronische Krankheiten sind überwiegend mit dem Alter verbunden. In einer älter werdenden Gesellschaft ist es in gewisser Weise normal, dass die Häufigkeit dauerhaft andauernder Erkrankungen zunimmt", erklärt Gerhard Schillinger, Geschäftsführer des Bereichs Medizin beim AOK-Bundesverband. Studien belegen das: Demnach fühlt sich bei den unter 30-Jährigen etwa jeder Fünfte betroffen, bei den ab 65-Jährigen jeder Zweite.

Mit zunehmendem Alter treten zudem immer häufiger auch Kombinationen von chronischen Krankheiten auf. Eine aktuelle Langzeitstudie aus Großbritannien mit 8.000 Teilnehmern zeigte jüngst, dass schon kurz vor dem 50. Lebensjahr rund ein Drittel der Testpersonen mehr als eine dauerhafte Erkrankung aufwies.

Andere Studien verdeutlichen, dass eine Kombination der Beschwerden ab 65 Jahren deutlich zunimmt: Zwei Drittel der Menschen haben ab diesem Alter schon mindestens drei chronische Krankheiten gleichzeitig. Die häufigsten Kombinationen sind Bluthochdruck, chronische Rückenschmerzen sowie eine Fettstoffwechselstörung, sprich ein erhöhter Blutfettspiegel.

Was sind die häufigsten chronischen Krankheiten und ihre Ursachen?

Unabhängig von allen Altersstufen zählen Rücken- und Wirbelsäulenschmerzen und Bluthochdruck beziehungsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den häufigsten chronischen Krankheiten, gefolgt von vielen weiteren wie Depressionen, Diabetes, Atemwegserkrankungen, Allergien und Krebserkrankungen.

Warum tauchen diese chronischen Krankheiten so häufig auf?

Chronisch krank können wir werden durch ein noch nicht genau erforschtes Zusammenspiel von Genen, Umwelt und Lebensstil sowie grundsätzlich durch eine dauerhafte Überlastung des Körpers. Gerade die Arbeits- und Lebensbedingungen spielen dabei eine ganz besonders herausragende Rolle, erläutert der Geschäftsführer des Bereichs Medizin beim AOK-Bundesverband. "Menschen, die zum Beispiel körperlich schwerer arbeiten, Schichtdienst haben oder an verkehrsstarken Straßen wohnen und nachts eher schlecht schlafen, sind grundsätzlich gefährdeter chronisch zu erkranken."

Auch das Bildungsniveau beeinflusse das Risiko für dauerhafte Krankheiten, denn diese treten in unteren Bildungsgruppen häufiger auf. "Bildung hat auch etwas mit Gesundheit zu tun. Es ist deutlich schwieriger, Menschen in einem weniger aufgeklärten Haushalt mit einem gesundheitsbewussten Verhalten zu erreichen. Ernährung und Bewegung werden dort oft nicht optimal gelebt, d.h. es wird dort nicht so häufig frisch gekocht und nicht darauf geachtet, wie viel Zucker Fertigprodukte haben. Diese Umstände machen es dann wahrscheinlicher, irgendwann an Diabetes-Typ-2 oder Fettleibigkeit zu erkranken."

Betrachtet man die zwei häufigsten chronischen Krankheiten, bestätigt sich der Einfluss der Arbeits- und Lebensbedingungen ebenso. Chronische Rückenschmerzen, sofern sie nicht von konkreten Schmerzen z.B. in der Wirbelsäule oder von den Bandscheiben herrühren, entstehen oft durch langfristig falsche Belastungen vor allem am Arbeitsplatz. Dazu zählen zu schweres Heben und Tragen, eine falsche Haltung aber auch zu langes Stehen.

Besonders betroffen sind Menschen mit schwerer körperlicher Arbeit wie im Baugewerbe. Aber auch Übergewicht und Bewegungsmangel begünstigen dauerhafte Rückenschmerzen ebenso wie familiärer oder berufsbedingter Stress. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind zum großen Teil durch unerkannte oder nicht optimal behandelte Vorerkrankungen bedingt sowie durch weniger gesundheitsförderliches Verhalten. Bluthochdruck, ungesunde Ernährung, Diabetes, Rauchen und zu geringe Bewegung führen zu einer ungesunden Belastung des Herzens.

Wie können Sie chronischen Krankheiten vorbeugen?

Chronisch krank sein bedeutet weniger Lebensqualität. Betroffene sind oft körperlich eingeschränkt und weniger leistungsfähig, haben oft Schmerzen, müssen regelmäßig zum Arzt und auf ihre Medikamenteneinnahme achten und haben häufig Angst vor Folgeerkrankungen. Damit es erst gar nicht zu so einem Zustand kommt, gibt es ein paar hilfreiche Dinge, die Sie ihr Leben lang berücksichtigen können.

  • Früherkennung lohnt sich immer – egal in welchem Alter. Denn chronisch krank werden wir, weil wir die Ursachen von Krankheiten häufig jahrelang nicht entdecken. Manchmal erst, wenn es zu spät ist. Folglich können sich Krankheiten ohne Vorsorge schleichend entwickeln und irgendwann deutlich schwerer bis kaum mehr geheilt werden. Gerhard Schillinger erklärt: "Entscheidend ist, dass man die chronische Krankheit früh erkennt. Dann hat sie oft nur geringe Auswirkungen auf das spätere Leben. Ein gut eingestellter Bluthochdruck macht zum Beispiel keinen Infarkt."
  • Beginnen Sie schon im jungen Alter, sich fortwährend gut zu ernähren, sich regelmäßig zu bewegen und sich nicht zu intensiv der Sonne auszusetzen.
  • Achten Sie zudem darauf, sich bei anhaltenden negativen Denkmustern Hilfe zu holen, bevor sich daraus psychische Erkrankungen ergeben, die sich nur noch medikamentös behandeln lassen. "Nicht ignorieren, sondern kümmern", rät Gerhard Schillinger Betroffenen. Erste Hilfe bietet zum Beispiel das kostenlose und anonym nutzbare Online-Tool moodgym.de, das Sie unterstützt, negative Gedankenmuster zu erkennen und durch neue zu ersetzen.
  • Achten Sie außerdem darauf, nicht übermäßig Alkohol zu konsumieren und verzichten Sie auf das Rauchen.

Wer also gut auf seinen Körper und seine Psyche in Form von Ernährung, Bewegung und Vorsorge achtet, hat gute Chancen, in seinem Leben nicht chronisch zu erkranken oder aber chronische Krankheiten rechtzeitig zu erkennen, um damit gut und wenig eingeschränkt dauerhaft zu leben.

Über den Experten: Dr. Gerhard Schillinger ist Facharzt für Neurochirurgie und Geschäftsführer Stab Medizin beim AOK-Bundesverband.

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