CDs und DVDs haben für viele Nutzer ausgedient – sie kaufen Musik, Filme und Serien digital. Aber was genau heißt "kaufen"? Gehört ein via Internet erworbener Film dem User, und was darf er damit machen? Das erklärt Internetrechts-Experte und Rechtsanwalt Christian Solmecke im Interview.
Musik, Serien und Filme muss heute niemand mehr auf CD oder DVD kaufen und sie in den Schrank stellen. Viele Nutzer streamen Inhalte über Plattformen wie Netflix oder Spotify – oder kaufen sie digital.
Diese Downloads machten im ersten Halbjahr 2018 zehn Prozent des Umsatzes der Plattenfirmen in Deutschland aus, teilte der Bundesverband Musikindustrie mit.
Wenn ein Nutzer Lieder und Filme kauft, statt sie zu streamen, hat das Vorteile: Er kann sie auch in Zukunft hören und ansehen, auch wenn er sich bei Netflix & Co. abmeldet. Aber besitzt man ein digitales Stück oder eine Serie tatsächlich?
Der Anwalt Christian Solmecke klärt im Interview darüber auf. Der Experte für Internetrecht gehört der Kölner Medienrechtskanzlei "Wilde Beuger Solmecke" an.
Herr Solmecke, Filme, Musik und Bücher kann man digital kaufen. Gehört ein Film, den ich digital erwerbe, wirklich mir?
Christian Solmecke: Wenn man von "wem gehört etwas" spricht, meint man landläufig das Eigentum an einer Sache. Eigentum kann rechtlich aber nur an körperlichen Gegenständen, also zum Beispiel an DVDs, BluRays etc. entstehen.
Digitale Inhalte, die nicht verkörpert verkauft, sondern unkörperlich zum Download bereitgestellt werden, sind aber eben gerade keine körperlichen Gegenstände. Neben Filmen, Serien, Musikalben oder eBooks zählen auch Abonnementverträge über Filme, Serien, etc. hierzu.
Also erwerbe ich eigentlich eine Lizenz?
Die Möglichkeit zum Download digitaler Inhalte bedeutet nicht, dass dem Kunden Eigentum an dem Inhalt oder der Datei gewährt werden soll.
Dem verständigen Kunden ist heutzutage klar: Beim Download digitaler Dateien aus einem Onlineshop erwirbt er ein vertraglich näher ausgestaltetes Nutzungsrecht, also eine Lizenz, nicht aber Eigentum an der Datei.
Die konkreten Nutzungsrechte gehen aus den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen des Anbieters hervor.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Bei Amazon etwa erwirbt man beim Kauf digitaler Inhalte zum Anschauen eine Lizenz und damit grundsätzlich das Recht, diesen Film über einen unbegrenzten Zeitraum anzusehen. Daher muss Amazon diesen Film auch dauerhaft zur Verfügung stellen.
Bei anderen Vertragsformen, zum Beispiel dem Abonnement, besteht hingegen nur eine auf die Dauer des Abos zeitlich begrenzte Nutzungserlaubnis.
Allerdings schränkt Amazon diesen Dienst auch wieder ein. Es heißt dann, dass es vorkommen kann, dass der Inhalt nicht mehr abrufbar ist. Der Nutzer könne ihn aber herunterladen und speichern.
Das bedeutet: Solange man den Inhalt nicht heruntergeladen hat, steht es in der Macht des Streaming-Anbieters bzw. der dahinterstehenden Rechteinhaber, ob der Inhalt wirklich dauerhaft zur Verfügung steht.
Wem gehört der Inhalt denn dann tatsächlich – dem Anbieter?
Letztlich kann man in diesem Zusammenhang nicht von "gehören" sprechen, denn es geht um urheberrechtliche Lizenzen – konkret eine ganze Kette von Lizenzen.
Auch die Anbieter wie iTunes etc. arbeiten mit Inhaltsanbietern, Verleihen, Produzenten sowie Filme- und Serienmachern zusammen, um die jeweiligen Lizenzen zu erhalten.
Denn die Rechte liegen beim jeweiligen Rechteinhaber und die jeweiligen Lizenzen müssen von den Anbietern mit den Rechteinhabern für jedes Land neu ausgehandelt werden.
Daher unterscheiden sich auch die Angebote in Ländern wie den USA, England oder Deutschland teils erheblich. Um dem teilweise vorherrschenden Lizenz-Dschungel zu entgehen, produziert beispielsweise Netflix mittlerweile etliche Filme und Serien in Eigenregie.
Denn für selbst produzierte Inhalte muss nicht mit den Rechteinhabern verhandelt werden.
Darf ich denn generell Inhalte auf meinen Computer herunterladen und dort speichern, was etwa Amazon ja erlaubt? Und womöglich sogar bei Netflix oder Spotify mitschneiden?
Bei vielen Anbietern auf dem Markt akzeptiert der Nutzer mit Anerkennung der ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass er die Inhalte weder kopiert, vervielfältigt, rippt, aufnimmt oder öffentlich zugänglich macht.
Bislang ist nicht geklärt, ob diese AGB überhaupt in dieser Form gesetzeskonform sind und somit, welche Maßnahmen Spotify & Co. bei einer Verletzung der AGB ergreifen können. Möglicherweise ist mit einer Sperrung des Nutzer-Accounts zu rechnen.
Anders geht aber zum Beispiel Amazon vor: Der Anbieter verweist explizit auf das Herunterladen.
Und was ist mit dem Recht auf eine Privatkopie?
Im Mitschnitt von Streams zum privaten Gebrauch sehe ich wegen des Rechts auf Privatkopie keine Urheberrechtsverletzung. Spotify beispielsweise ist keine illegale Quelle und der Nutzer umgeht mit einer lokalen Speicherung auch keinen Kopierschutz. Allenfalls kann daher von einer rechtlichen Grauzone die Rede sein.
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