Der ehemalige Auto-Gigant Chrysler feiert 2025 den 100. Geburtstag. Doch ob er den überleben wird, ist offen. Denn ein schlüssiges Konzept fehlt.

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Im Juni 2025 wird die US-Marke Chrysler den 100. Geburtstag begehen können. In Feierlaune dürften bei dem gefallenen Riesen allerdings die wenigsten Mitarbeiter und Fans sein, denn der ehemalige Auto-Gigant ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Das einzige verbliebene Modell der Marke ist der Minivan Chrysler Pacifica und dessen Vorgänger-Generation Voyager. Rund 120.000 Einheiten der beiden Großraum-Fahrzeuge konnte Chrysler im vergangenen Jahr absetzen. Nicht viel für eine Marke, die vor 20 Jahren noch einen Absatzrekord mit 2,8 Millionen weltweit ausgelieferten Fahrzeugen feierte.

Chrysler stand schon kurz vor dem Aus

Im Zuge der Finanzkrise 2008 drohte Chrysler bereits der Untergang, der nur durch ein Insolvenzverfahren und Milliardenkredite der US-Regierung abgewendet werden konnte. Vorausgegangen war eines der größten Desaster der Wirtschaftsgeschichte, das "Abenteuer USA" in Form des Daimler-Chrysler-Zusammenschlusses. Bis zu 40 Milliarden Euro verbrannten die Stuttgarter mit diesem ursprünglich als "Merger of Equals" bezeichneten Betriebsunfall. Es folgte der Einstieg von Fiat, der später zur Fusion als Fiat Chrysler Automobiles führte, die wiederum 2021 im heutigen Dachkonzern Stellantis aufging. Für Chrysler hat sich das nicht positiv ausgewirkt.

Seit 2017 herrscht praktisch Stillstand bei der Marke, damals wurde der bis heute angebotene Pacifica neu vorgestellt. Im Jahr 2021 gab Stellantis bekannt, dass Chrysler bis 2028 vollständig auf Elektromobilität umsteigen werde. Doch davon spricht heute keiner mehr. Zuletzt gab es noch einige Zuckungen, 2022 mit dem seriennahen Airflow Graphite Concept (siehe Bildergalerie) und Anfang 2024 mit der Studie Halcyon; beide mit Elektroantrieb.

Seitdem klar ist, dass im Stellantis-Konzern ohne große Sentimentalität die Markenvielfalt ausgedünnt werden soll, steht Chrysler mit auf der Abschussliste. Schmerzlich für die einstige Ikone und einstmals einer der berühmten "Big Three", der ehemals größten Autohersteller der Welt – Ford, General Motors und Chrysler. Ob am 6. Juni 2025 tatsächlich der 100. Geburtstag gefeiert werden kann oder stattdessen eher ein Grablicht angezündet wird, bleibt bislang offen. Klar ist: Um zu überleben, muss bei Chrysler ziemlich schnell etwas passieren, mit einem acht Jahre alten Minivan als einzigem Produkt wird es sonst eng mit den Zukunftsaussichten.

Rückblick

Die Chrysler Corporation wurde 1925 von Walter P. Chrysler gegründet. Nach seinem Engagement bei Buick und Willys-Overland übernahm er die Maxwell Motor Company und formte daraus sein eigenes Unternehmen. Von Beginn an setzte Chrysler auf Innovationen, darunter hydraulische Bremsen an allen vier Rädern, die damals noch nicht zum Standard gehörten. Ein bedeutender Meilenstein war die Einführung des Chrysler Airflow im Jahr 1934. Dieses Modell war eines der ersten Fahrzeuge mit aerodynamischer Karosserie und bot eine verbesserte Fahrstabilität sowie Kraftstoffeffizienz. Trotz der technischen Fortschrittlichkeit blieb der Verkaufserfolg aus, da das Design seiner Zeit zu weit voraus war.

Während des Zweiten Weltkriegs stellte Chrysler auf die Produktion von Militärfahrzeugen um. Nach Kriegsende kehrte das Unternehmen zur Automobilproduktion zurück und brachte in den 1950er-Jahren Modelle mit markanten Heckflossen und leistungsstarken V8-Motoren auf den Markt. In den 1960er-Jahren erweiterte Chrysler sein Portfolio durch die Übernahme der American Motors Corporation (AMC) sowie von Dodge. Die Ölkrise der 1970er-Jahre führte zu finanziellen Problemen, die das Unternehmen in die Krise stürzten. Erst die Einführung der kompakten K-Cars, wie des Chrysler LeBaron, und staatliche Unterstützung halfen dem Unternehmen aus der Misere. 1987 übernahm Chrysler den US-amerikanischen Geländewagenhersteller Jeep.

Chrysler auf dem deutschen Markt

Chrysler hatte in Deutschland über die Jahre hinweg eine wechselhafte Marktpräsenz. Während des 20. Jahrhunderts spielten Modelle von Chrysler eine untergeordnete Rolle, da europäische Hersteller mit kleineren und effizienteren Fahrzeugen dominierten. Erst mit der Fusion mit Daimler-Benz wurde Chrysler gezielt in Deutschland vermarktet. Besonders der Chrysler 300C, der ab 2004 angeboten wurde, fand in Deutschland eine treue Fangemeinde.

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Ein weiteres wichtiges Modell war der Chrysler Voyager, der insbesondere als Familienfahrzeug beliebt war. In den 1990er- und frühen 2000er-Jahren war der Voyager einer der meistverkauften Minivans in Deutschland. Der Chrysler PT Cruiser wurde ebenfalls in Deutschland angeboten und fand aufgrund seines Retro-Designs einige Käufer. Nach der Übernahme durch Fiat und der Umstrukturierung innerhalb des Stellantis-Konzerns verschwand die Marke Chrysler weitgehend vom deutschen Markt.  © auto motor und sport