Die Dienstwagen der Berliner Polizei sind in einem erschreckenden Zustand: Abgenutzte Sitze, defekte Bremsen, mit Klebeband notdürftig geflickte Spiegel, Türen und Handschuhfächer. Wir haben nachgefragt.
Bereits Mitte 2024 erklärte der Landeschef der "Gewerkschaft der Polizei (GdP): "Wir fahren mit Karren durch die Gegend, die wir als Polizei sonst eigentlich aus dem Verkehr ziehen würden". Die Situation sei wirklich erschreckend. "Wir bekommen als GdP beinahe täglich Meldungen über desaströse Fahrzeuge, defekte Funktionen und massive Sicherheitsrisiken. Selbst bei den neuesten Funkwagen, den Vitos, gehen ständig irgendwelche Teile kaputt, was kaum verwundert, weil auch hier ordentlich gespart wurde."
Auf Nachfrage erklärte ein GdP-Sprecher, insbesondere die Bremsen der Vito-Modelle von Mercedes seien für den Einsatz unterdimensioniert. Doch die Probleme zögen "sich durch den gesamten Fuhrpark: Funkwagen, Einsatzfahrzeuge der Bereitschaftspolizei und Zivilfahrzeuge". Erst Mitte 2024 kam es zu einem Kabelbrand in einem Funkwagen – während der Fahrt gab es im Innenraum ein offenes Feuer.
Florian Nath, Sprecher der Polizei Berlin, kann die Kritik nicht nachvollziehen: "Eine irreguläre Bremsproblematik ist dem Fachreferat Mobilitätsservice der Polizei Berlin nicht bekannt. Bei allen Fahrzeugtypen im Segment Einsatzwagen Abschnitt (Anm.: Vito, Zafira, Touran) besteht grundsätzlich anlass- und nutzungsbezogen ein erhöhter Verschleiß gegenüber den übrigen Dienstfahrzeugen."
Muss die Hauptstadt-Polizei Opel fahren?
Und was nervt die Hauptstadt-Polizisten sonst noch so? "Natürlich kann man die Frage stellen, ob eine Hauptstadtpolizei Opel fahren muss. Wobei hier die Polizei einschränkt, dass dieses Fahrzeugsegment ausschließlich für den Objektschutz eingesetzt werde und dieser Fahrzeugtyp sich als geeignet erwiesen habe. In erster Linie aber möchten unsere Kollegen funktionierende Fahrzeuge", so Benjamin Jendro. Es gehe nicht darum, dass es immer Mercedes oder BMW sein muss, sie sollten funktionieren und nicht ständig ausfallen.
Die Gründe für den Zustand seien vielfältig, fehlende Investitionen, entsprechend längere Laufzeiten der Fahrzeuge sowie zu weniger Kapazitäten in den Kfz-Werkstätten, mahnt der Sprecher an. Außerdem würde man bei den Wartungsanbietern, mit denen man Verträge hat, nicht bevorzugt behandelt.
Investitionsrückstand von 40 Millionen Euro
Aktuell sind nach Angaben der Polizei 3.300 Fahrzeuge im Fuhrpark, der Investitionsrückstand bei den Fahrzeugen beträgt nach Angaben der GdP derzeit rund 40 Millionen Euro, den die Berliner Polizei nicht bestätigen kann. Jährlich müssten 12,75 Millionen Euro für Wartung und Reparatur aufgewendet werden. Experten betonen, dass der aktuelle Bestand alle zehn Jahre erneuert werden müsste, heißt es von Seiten der GdP. Dies würde bedeuten, dass jährlich 280 neue Fahrzeuge angeschafft werden müssen, um den derzeitigen Stand zu halten. Im Doppelhaushalt wären dafür 34 Millionen Euro erforderlich, jedoch stehen lediglich 27 Millionen Euro zur Verfügung. Dadurch würde sich die Situation kontinuierlich verschlechtern. Allein für Fahrzeuge stehen rund 12 bis 14 Millionen Euro zur Verfügung, so die Berliner Polizei.
Pressesprecher Florian Nath von der Berliner Polizei stellt klar: "Die Polizei Berlin beschafft jährlich ca. 150 bis 180 Neufahrzeuge für die gesamte Behörde, um den Fuhrpark stetig zu erneuern. Alle Einsatzfahrzeuge der Polizei werden regelmäßig geprüft. Für den Einsatzdienst ungeeignete Fahrzeuge werden an das Referat Mobilitätsservice zurückgegeben und von dort ausgesondert."
Pressesprecher Jendro von der GdP sieht das anders: "Der Fuhrpark der Polizei Berlin ist ein absoluter Sanierungsfall und wenn wir nicht so viele MacGyvers unter unseren Kollegen hätten, würden viele Autos vermutlich in sich zusammenfallen. Als GdP bekommen wir dauernd Bilder und Videos, die die jahrzehntelangen Sparmaßnahmen deutlich vor Augen führen. Gleichzeitig ist der Etat aktuell so hoch, wie im Jahr 2013. Wir wissen alle, wie sich die Preise und Anforderungen in dieser Zeit verändert haben. Insofern ist es schön, dass man mittlerweile konstruktive Gespräche mit uns als GdP führt, wie sich die Situation kurzfristig aber auch nachhaltig verbessern lässt. Politik muss begreifen, dass wann mit den Sparzwängen die innere Sicherheit gefährdet. Allein beim Blick auf die Fahrzeuge sieht jeder, dass man bei der Polizei nichts mehr weiter einsparen kann, sondern eigentlich investieren muss."

Auch hier konkretisiert die Berliner Polizei: "Reparaturen an Dienstfahrzeugen der Polizei Berlin dürfen ausschließlich in den eigenen Werkstätten oder in deren Auftrag durchgeführt werden. Notdürftige Reparaturen der Fahrzeuge in Eigenleistung entsprechen nicht dem standardmäßigen Vorgehen der Berliner Polizei." © auto motor und sport