Die Diskussionen um ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen spaltet die Gesellschaft. Bei kaum einen anderen Thema geht es ähnlich hitzig zu. Warum aber ist fast immer von einer Höchstgeschwindigkeit von ausgerechnet 130 Kilometern pro Stunde die Rede? Gibt es dafür ökologische oder verkehrstechnische Gründe?

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In den Diskussionen über ein generelles Tempolimit auf Autobahnen war in Deutschland bisher immer von 120 oder 130 km/h die Rede. Seit die Niederlande zur Vermeidung von Stickoxidemissionen im März ein generelles Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen tagsüber eingeführt haben, spricht man auch hierzulande davon, es unseren Nachbarn gleichzutun.

Weniger Lärm, Schadstoffe und CO2-Emissionen

Dazu sagt Reinhard Loske, Nachhaltigkeitsforscher und Präsident der Cusanus Hochschule: "Während meiner Zeit als bremischer Verkehrssenator haben wir eine Höchstgeschwindigkeit von maximal 120 km/h auf den Autobahnen des Landes eingeführt, in manchen Abschnitten wurden aus Lärmschutz- und Sicherheitsgründen nur 100 oder 80 km/h zugelassen. Das gilt bis heute."

Dafür gebe es laut Loske ökologische Gründe: "Ein generelles Tempolimit von 100, 120 oder 130 km/h würde Lärm, Schadstoffe und CO2-Emissionen deutlich reduzieren – und zwar zu null Kosten". Das Umweltbundesamt hat die Effekte eines Tempolimits auf den CO2-Ausstoß analysiert: Durch die Einführung eines generellen Tempolimits von 120 km/h auf Bundesautobahnen würden die Emissionen um jährlich 2,6 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente reduziert.

Selbst ein Tempolimit von 130 km/h würde die Treibhausgasemissionen bereits um 1,9 Millionen Tonnen, ein Tempolimit von 100 km/h sogar um 5,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr mindern. "Der größte ökologische Effekt eines generellen Tempolimits läge aber darin, dass die Unkultur des Rasens und Drängelns sowie die extreme Übermotorisierung der PKW-Flotte eingedämmt würden", so Loske.

Der Verzicht auf ein generelles Tempolimit wäre zugleich eine Absage an die "Vision Zero" (Null Tote und Schwerverletzte im Verkehr), wie sie etwa der Deutsche Verkehrssicherheitsrat verfolgt. Positiv und allgemeiner formuliert es Loske: "Ein generelles Tempolimit reduziert nicht nur die Umweltbelastung der Autoverkehrs, sondern führt auch zu weniger Unfällen und zu einer Verkehrsflussoptimierung."

Warum ausgerecht ein Tempolimit von 130 km/h?

Doch damit ist die Frage, warum bei einem möglichen Tempolimit meist von einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h die Rede ist – und nicht etwa von 125 oder 150 km/h – noch nicht hinreichend beantwortet. Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD) sieht einen Zusammenhang mit der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen. Die Forderungen nach einem Tempolimit greifen seiner Meinung nach diese Richtgeschwindigkeit als Höchstgeschwindigkeit auf.

Der VCD fordert seit Jahren ein Tempolimit auf Autobahnen von 120 km/h, weil dann im Unterschied zu 130 km/h die positiven Effekte eines Tempolimits noch verstärkt werden. Das heißt, es gebe weniger tödliche und schwere Unfälle sowie eine stärkere Reduktion des CO2-Ausstoßes. "Keine Einzelmaßnahme, die so gut wie kostenlos ist, leistet einen so großen Beitrag zur CO2-Miderung wie ein Tempolimit", erklärt Müller-Görnert abschließend.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Prof. Dr. Reinhard Loske, Nachhaltigkeitsforscher und Präsident der Cusanus Hochschule
  • Gespräch mit Michael Müller-Görnert, Verkehrspolitischer Sprecher des Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)
  • Fr.de: "Wir brauchen das Tempolimit"
  • Rp-online.de: "Sieben Fakten zum Tempolimit"
  • Autobild.de: "Tempo 130: Wer ist dafür, wer dagegen?"
  • Umweltbundesamt.de: "Tempolimit"
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