Stevens, der Rad-Spezialist aus Hamburg, präsentiert das neue Arcalis. Dessen überarbeiteter Rahmen für 2024 soll sich durch weniger Gewicht bei gleichbleibender Steifigkeit und Komfort gegenüber seinen Vorgänger auszeichnen. Wir haben den Aero-Flitzer auf den Strecken des diesjährigen Grand Depart der Tour de France ausgeführt und dazu über die Piste des Granfondo Squali in Italien gejagt. Hier ist unser Testbericht.

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128 Kilometer die Hügel in der Emilia-Romagna gerockt, über 2000 Höhenmeter erklommen und den berühmten Granfondo Squali gemeistert. Im Ziel die Finisher-Medaille um den Hals hängend, entlockt das Stevens Arcalis Gen 2 unserem Tester einen anerkennenden Blick samt wohlwollenden Kopfnicken. Der flotte Renner aus norddeutschem Lande muss anscheinend etwas können. Doch von vorn.

Das ist neu im Jahre 2024

Stevens hat den 2024er-Aero-Rahmen des Arcalis überarbeitet. Herausgekommen ist laut Hersteller ein Gewichtsersparnis von bis zu 15 %, etwa 120 g gegenüber dem Vorgängermodell. Das soll durch die Optimierung der Kohlenstofffasern, dem Harz-Einsatz und einem verbesserten Lay-Up gelingen. Bei Größe 56 soll der Rahmen nur 950 g wiegen. Und: Die Steifigkeits- und Komfortwerte der neuen SSL-Carbonrahmen sollen dieselben wie beim bisherigen SL-Rahmen sein. Des Weiteren gibt’s Frisches fürs Auge: "Carrara White" ist z. B. ein neuer Farbton, vier stehen insgesamt zur Auswahl.

Die Specs an unserem Testrad

Wichtig zu wissen: Das Arcalis Gen 2 lässt sich in einem Konfigurator individualisieren. Für unseren Test haben wir uns für die Kombination von elektronischer 12-fach Sram Rival eTap AXS mit 48/35er-Kettenblatt und 10-36er Kassette entschieden. Man gönnt sich ja sonst nichts. Vorteil: Damit sind auch anspruchsvolle Anstiege mit dem Aero-Renner möglich. Dazu haben wir uns die DT Swiss ARC 1440 DiCut 50 DB Disc CL-Laufräder ausgeguckt, die mit Schwalbes Pro-One-Schlappen in 28 mm Breite montiert wurden. Die aero-optimierte Carbon-Gabel weist ein Gewicht von 497 g auf, bei Reifenbreiten von 30 mm ist Schluss.

Auch die Höhe der Spacer lässt sich im Konfigurator ganz nach eigenen Wünschen definieren. Wir haben uns für 25 mm entschlossen, der Vorbau mit einer Länge von 100 mm stammt von Deda. Der Scorpo-Lenker als auch der Sattel der Marke Oxygen stammen aus eigenem Hause.

Wenn das Stevens Arcalis erst einmal losgelassen wird...

Ordentlich gefrühstückt, die Rückenummer ans Trikot gepinnt und schon geht es zum Start des Granfondo Squali. Schlappe 3000 Teilnehmer stehen bei sonnigem Wetter an der Startlinie in Cattolica, Italien. Die Stimmung knistert, die freudige Spannung steigt. Genau das richtige Umfeld, um das Stevens Arcalis auf Herz und Nieren zu prüfen. Dann erfolgt der Startschuss und das Rennen beginnt.

Aero und trotzdem komfortabel – geht das?

Leichtläufig lässt sich das Rennrad mit den schmalen, oval-förmigen Rohrformen durch das Peloton bugsieren. Das Fahrgefühl würde auf ein wesentlich leichteres Bike schließen lassen, als die gemessenen 8,2 kg (ohne Pedale, Rahmengröße 54) es vermuten lassen. Das gefiel uns ausgezeichnet. Die zwar entspannte, aber dennoch recht sportliche Sitzposition ist sehr ausgewogen. Der STR (Stack to Reach)* beträgt 1,36, was dem sportlichen Aero-Charakter entspricht. Ermüdungserscheinungen an Armen, Nacken oder Rücken gab es selbst bei diesem Rennen oder anderen langen Touren erfreulicherweise nicht zu vermelden.

Der ergonomische Deda Superzero DCR-Lenker schmeichelt den Händen und bietet am Oberlenker einen sichern Halt am leichten Aero-Profil. Der Unterlenkergriff passt ebenso stimmig zum Konzept und besitzt einen Drop von 136 mm, was dem auf Geschwindigkeit getrimmten Bike entgegenkommt. Kleines Schönheitsmanko: die Bremszüge verschwinden zwar unterhalb des Lenkers gekonnt in der Blende des Vorbaus, stehen aber unterhalb der Lenkerbefestigung ein kleines Stück offen hervor.

Wenn wir schon beim Komfort sind: Auch am Heck bietet das Arcalis ausreichend Dämpfung fürs eigene Heck. Die Straßen in den Hügeln der Emilia-Romagna waren da ein guter Gradmesser. Der Oxygen Triton SL-Sattel bietet in der geschlossenen Satteldecke zwar nur eine minimale Aussparung im Dammbereich und wird nicht bei jedem Fahrer Wohlgefallen auslösen, aber das Zusammenspiel aus schmaler Arcalis D-Shape-Sattelstange und tief angesetzten Sattelstreben funktioniert für den Sitzkomfort hervorragend.

Laufräder, Schaltung und andere Besonderheiten

Keep on rollin'... Die DT Swiss ARC 1400 Dicut 50 DB Disc CL-Laufräder mit einer Felgenhöhe von 50 mm bedeuten zwar prinzipiell einen Aufpreis von 1249 Euro, schneiden dafür aber auch mächtig durch den Wind. Ebenso gibt es keine Schwächen beim Beschleunigen und im Sprint zu erkennen. Bei hohem Tempo ab rund 60 km/h, also bei rasanteren Abfahrten, wird es aufgrund der Felgenhöhe jedoch am Vorderrad etwas nervös. Da das Cockpit ohnehin schon recht agil ist, macht sich dieser Umstand deutlich bemerkbar, ohne jedoch die Kontrolle über das Rad abzugeben.

Weitere Details: Die Speichennippel bei der Verbindung der DT Swiss Aero-Speichen mit der Felge sind innen verlegt, montiert ist eine hochwertige 240 Dicut-Nabe. Die Maulweite der Laufräder beträgt 20 mm. Reifen können somit theoretisch zwischen 25 mm und 32 mm montiert werden, der Rahmen des Arcalis lässt aber nur eine Reifenbreite bis zu 30 mm zu. Wer auf noch mehr Komfort wert legt und dies gerne mit den immer beliebter werdenden 32 mm-Pneus am Arcalis erreichen möchte, sollte dieses Detail auf dem Schirm haben. Wir finden: Selbst mit 30 mm-Bereifung ist der Fahrer mit dem vorhandenen Komfort gut aufgestellt.

Aero-Renner und trotzdem Bergziege? Dass dies funktioniert, zeigt die knackig schaltende, elektronische Sram Rival-Schaltgruppe mit 48/35er-Kurbel und 10-36er-Kassette. Die im Einstiegssegment angesiedelte Schaltung zeigt keine Schwächen. Flüssige Gangwechsel und eine stimmige Abstufung machten während einer Testrunde selbst an anspruchsvolleren Anstiegen hoch auf dem Monte Titano nach San Marino mächtig Spaß. Der Grip in den Hoods gefällt, selbst wenn im Wiegetritt mehr am Lenker gerissen wird. Die hydraulischen Bremsen der Rival AXS mit je 160 mm Bremsscheiben verrichten ihren Dienst in den Abfahrten einwandfrei und unaufgeregt, kommen aber nicht ganz an das bissige Niveau einer in etwa vergleichbaren Shimano 105 Di2 heran.

Der Unterschied zu den höherwertigen AXS-Schaltgruppen von Sram liegt hauptsächlich an den verwendeten Materialien und somit dem Gewicht. So wird u. a. die Kurbel, Schalthebel und Schaltwerk teils aus Aluminium anstatt Carbon gefertigt, einige Komponenten wie Motoren, Akkus und sogar die Funkeinheiten sind dieselben. Letztlich können da zwar mehrere hundert Gramm Gewichtsunterschied zusammenkommen, der Preis sich aber auch weitaus mehr als verdoppeln. Gut, dass man diese Entscheidung beim Arcalis im Konfigurator mit sich selbst ausmachen muss.

Zieleinlauf

28 Grad am Adria-blauen Himmel. Die letzten Wellen über die Strada Brisighella, der Panorama-Straße im Parco Nationale Del Monte San Bartolo gesurft, direkt oberhalb der Küste gelegen. Da ist der Zielbogen. Geschafft. Was für ein Ritt durch die Hügellandschaft dieser wunderbaren Radsport-Destination. Jetzt ein kühles Getränk, Party und Pasta. Ein tolles Radsport-Erlebnis in einer wunderbaren Ecke Italiens.

Weitere Infos bei Stevens.

* Als Stack bezeichnet man die vertikale Höhe vom Tretlager bis zum Steuerrohr. Als Reach ist der horizontale Abstand zwischen der Mitte des Tretlagers und dem Steuerrohr gemeint. Der Wert wird errechnet, indem man die Höhe des Rahmens (Stack) in Millimetern durch die Länge (Reach) in Millimetern teilt. Unter einem Wert von 1,46 gilt die Sitzposition als recht sportlich.

Fazit

Das Stevens Arcalis hat seinen Job hervorragend erledigt. Es hat seinen Testfahrer souverän durch Gegenwind, lässig über fiese Anstiege im zweistelligen Prozentbereich und in Tränen in die Augen treibenden Abfahrten geführt. Dass dieser Renner auf Aero ausgelegt ist, ist mit jeder Kurbelumdrehung spürbar. In der Kombi mit der gewählten Übersetzung machte es dazu auch in den Bergen eine Menge Spaß.

Lediglich das etwas nervös wirkende Cockpit im Zusammenspiel mit der 50 mm hohen Felge am Vorderrad bei rasanten Abfahrten war nicht ganz ideal gewählt. Gut zu wissen: im Konfigurator stehen insgesamt acht verschieden Laufräder zur Auswahl.

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Braucht es also noch viel mehr Rennrad? Wir finden, Stevens hat mit dem Arcalis ein Top-Rennrad im Programm, dem es Fahrern erlaubt, selbst in der günstigsten Ausstattungsvariante mit Shimanos 105 2×11 und einem Preis von 3699 Euro ein interessantes Gesamtpaket zu bekommen. Und wer wie wir das Aero-Rad auf Kletterer trimmt, wird ebenfalls seine helle Freude an dem Flitzer haben.  © Bike-X

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