Paris - Wo, wenn nicht hier? Luca de Meo gibt sich trotzig und verbreitet demonstrativen Optimismus. Zwar gehen die Franzosen gerade gegen die hohen Spritpreise auf die Barrikaden und die Angst vor der Inflation drückt der Gesamtwirtschaft aufs Gemüt. Doch den Spaß am Heimspiel lässt sich der Renault-Chef beim Pariser Autosalon (bis 23. Oktober) nicht nehmen.
Weil es die einzige nennenswerte europäische Automesse in diesem Jahr ist und weil sie quasi in seinem Vorzimmer stattfindet, hat er gleich sechs Premieren mitgebracht. Die sind auf mehrere Stände verteilt - und natürlich sind sie alle elektrisch. Denn mit neuen Verbrennern traut sich in Paris kaum mehr einer ins Rampenlicht.
Renault besinnt sich dabei einmal mehr auf die glorreiche Vergangenheit. Ein Revival für den R5 hatten die Franzosen schon angekündigt und zeigen nun nicht nur eine verspielte Neuinterpretation des R5 Turbo als elektrischen Drift-Zwerg. Sondern auch eine Neuauflage des Kult-Kleinwagens R4 ist zu sehen. Sie soll binnen zwei Jahren als elektrisches Kompakt-SUV in den Handel kommen.
Die Töchter zwischen Budget und Sport
Wer so lange nicht warten will, der sieht außerdem die Weltpremiere des neuen Kangoo als Elektroauto für die Familie. Mit knapp 300 Kilometern Reichweite soll er im Frühjahr in den Handel kommen.
Renault-Tochter Dacia definiert seine Formensprache mit einer radikal reduzierten Offroad-Studie namens Manifesto neu. Zudem wurde für das kommende Frühjahr der erste Hybrid-Antrieb im Jogger angekündigt.
Alpine als Renaults Sportmarke macht mit der Designstudie Alpenglow Hoffnung auf einen elektrischen Supersportwagen für die Generation E.
Und die auf Car-Sharing spezialisierte Tochter Mobilize bringt den Schmalspur-Kleinwagen Twizy als Duo in die nächste Generation - allerdings erst Ende nächsten Jahres.
Der Präsident ist da - und die Hallen bleiben luftig
Damit sichert sich de Meo nicht nur die maximale Aufmerksamkeit der gemeinen Messebesucher, sondern lockte auch einen besondern Gast. Präsident Emmanuel Macron hat es sich nicht nehmen lassen, gleich drei der vier Renault-Stände zu besuchen und dort bald eine halbe Stunde zu verweilen.
Dass der Präsident sich dort so viel Zeit ließ, hat aber noch einen anderen Grund: Es gibt auf dem Pariser Salon sonst nicht ganz so viel zu sehen. Früher auf über ein halbes Dutzend Hallen verteilt, füllt er davon jetzt nur noch drei - und selbst in denen sind die Stände ausgesprochen luftig arrangiert.
So bleibt viel Platz für Accessoires, Oldtimer, Sitzlandschaften und blanken Betonboden. Kein Wunder - haben die Ausrichter sich doch deutlich mehr Ab- als Zusagen eingehandelt.
Bei Stellantis fehlt selbst die Marke Citroën
Der Stellantis-Konzern hat zwar bei Peugeot die Publikumspremiere des 408 parat und zeigt den aufgewerteten Siebener bei DS. Auch die Marke Jeep rollte mit dem Avenger den ersten voll elektrischen Geländewagen der Marke in die Messehallen.
Doch ausgerechnet Citroën fehlt. Dabei hätte das Concept Car Oli als Idee für ein bezahlbares E-Auto doch bestens in die aktuelle Stimmungslage gepasst. Auch die Konzerngeschwister Fiat und Opel glänzen mit Abwesenheit.
Mercedes war in Paris - aber nicht auf der Messe
Das sind nicht die einzigen Schwänzer: Aus Deutschland zum Beispiel ist keine einzige Marke an die Seine gekommen. Selbst wenn Mercedes zumindest die Aufmerksamkeit des Autosalons genutzt und am Vorabend im Umfeld der Messe den neuen EQE SUV enthüllt hat.
Mit Reichweiten von bis zu 480 Kilometern und bis zu 505 kW/687 PS Leistung soll er im nächsten Sommer zu Preisen von angeblich knapp unter 80.000 Euro in den Handel kommen.
Neben den Deutschen fehlen auch alle Asiaten. Zumindest jene, die man der "alten Autowelt" zurechnet - also die Japaner und Koreaner, von denen es keiner an die Seine geschafft hat. Alle anderen nutzen stattdessen die Gunst der Stunde und füllen in Paris ähnlich wie schon im letzten Jahr bei der IAA in Frankfurt die Lücken auf - vor allem mit neuer Massenware aus China.
Newcomer aus China nutzen die Gunst der Stunde
So feiert der elektrische Marktführer BYD sein Debüt in Europa und stellt vom Atto 3 über den Tang bis zum Han nicht nur jene drei Autos ins Rampenlicht, die im Frühjahr an den Start gehen sollen. Sondern zugleich zeigen die Chinesen auch den Seal, der als direkter Konkurrent für das Tesla Model 3 gehandelt wird.
Auch Töchter des Konzerns Great Wall haben es an die Seine geschafft: Wey zeigt den Coffee 01. Der soll als Plug-in-Hybrid mit rund 150 Kilometern elektrischer Reichweite die Liga der Luxus-SUV aufmischen.
Ora zeigt mit dem Funky Cat einen lebenslustigen Elektro-Kleinwagen im Retro-Style, der gegen Mini & Co ins Rennen gehen kann.
Dazu gesellt sich aus Vietnam noch Vinfast und präsentiert die Palette elektrischer Debütanten, mit der die neue Marke ab dem Frühjahr auch bei uns in der Kompakt- und Mittelklasse antreten will.
Exoten mit Wasserstoffantrieb
Ein paar Exoten gibt es natürlich auch noch zu sehen - darunter gleich zwei Luxuslimousinen mit Wasserstoff: Den Namx HUV und den in Frankreich gebauten Hopium Machina.
Zwar kämpfen die wenigen Aussteller tapfer gegen den Niedergang und den Bedeutungsverlust des Salons. Und immer mal wieder kommt sogar so etwas wie der alte Messezauber auf, wenn etwa Luca de Meo Präsident Macron im Blitzlichtgewitter durch die Halle führt.
Doch selbst sein Bekenntnis zum Salon ist nur halbherzig - und gilt offenbar nur für die Groupe Renault - die Allianzmarken Nissan und Mitsubishi hat er deshalb zu Hause gelassen.
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