Noch nie fielen so viele Kandidaten durch die Führerscheinprüfung wie 2023. Erschreckend stark stieg die Zahl der Betrugsfälle.
Die Zahl der Fahrprüfungen hat 2023 einen neuen Rekordwert erreicht: Fast zwei Millionen Kandidatinnen und Kandidaten legten die theoretische Führerschein-Prüfung ab. Das sind laut TÜV-Verband acht Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Erstmals stieg die Zahl der Theorieprüfungen für den Autoführerschein auf über eine Million. Die Anteile der nicht bestandenen Prüfungen und die Zahl der erkannten Betrugsversuche erreichten ebenfalls Rekordwerte. Der TÜV-Verband fordert deshalb eine bessere Verkehrserziehung und Fahrausbildung.
Rekorde bei Fahrprüfungen
Die Zahl der praktischen Prüfungen aller Klassen nahm leicht zu; sie stieg um 1,1 Prozent. Insgesamt traten 2023 zur praktischen Führerschein-Prüfung in allen Klassen vom Mofa bis zum Lkw 1,76 Millionen Kandidatinnen und Kandidaten an – das ist ein neuer Rekordwert der letzten zehn Jahre. Die praktische Prüfung für den Pkw-Führerschein der Klasse B legten 2023 laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) 832.303 Menschen ab. Damit lag die Zahl der Praxisprüfungen für die Klasse B um 6.368 Prüfungen (0,76 %) unter dem Rekordwert des Vorjahreszeitraumes.
Mehr Betrugsfälle
Die Zahl der Täuschungsversuche bei der theoretischen Führerscheinprüfung hat stark zugenommen: Von Januar bis September 2023 deckten Prüfer 2.711 Betrugsfälle auf. Das sind 28 Prozent mehr als in den ersten drei Quartalen des Vorjahres. Jeder dritte Betrüger schickte jemand anders zur Prüfung. Weitere 30 Prozent versuchten mit technischen Mitteln wie Kameras oder Smartphones zu betrügen und 31 Prozent nutzten einen Spickzettel. Der Rest entfiel auf "sonstige Betrugsversuche". TÜV-Mann Goebelt geht davon aus, "dass die Dunkelziffer noch weitaus größer ist."
Theorie und Praxis: mehr Misserfolge
Die praktische Prüfung für die Führerschein-Klasse B bestanden 42 Prozent der Prüflinge nicht. Das liegt deutlich höher als die Durchfaller-Quote im Durchschnitt aller Klassen, die 30 Prozent beträgt. Im Jahr 2014 waren 36 Prozent der Prüflinge in der praktischen Prüfung gescheitert. Seither steigt der Anteil des Nichtbestehens an. Ein Viertel der praktischen Prüfungen aller Klassen waren Wiederholungsprüfungen: 436.000 Kandidaten traten nicht zum ersten Mal an. Die Misserfolgsquote ist im Vergleich zu 2014 stark gestiegen: 40 Prozent bestanden die Wiederholungsprüfung nicht. Vor zehn Jahren waren es 32 Prozent.
Die Durchfaller-Quoten in der Theorie-Prüfung für den Autoführerschein lag 2023 mit 49 Prozent um sieben Prozentpunkte über dem Durchschnitt aller Klassen. Das ist im zweiten Jahr in Folge ein neuer Rekordwert. Von 2014 bis 2020 hatte die Nichtbestehens-Quote für die Führerschein-Klasse B zwischen 41 und 44 Prozent gelegen. Mehr als die Hälfte (54 %) der 720.000 Wiederholer scheiterte erneut in der Theorieprüfung.
Richard Goebelt vom TÜV-Verband: "Mehrfaches Scheitern ist eher die Regel als die Ausnahme". Er fordert deshalb eine bessere Qualität der Fahrausbildung und eine gezielte Prüfungsvorbereitung. "Jede nicht bestandene Prüfung belastet die Fahrschüler:innen psychisch und finanziell", sagt Goebelt.
Was bringt das begleitete Fahren ab 17?
Die Zahl der Theorieprüfungen beim begleiteten Fahren ab 17 (Klasse BF17) lag 2024 bei 518.732. Etwas weniger als der Rekordwert von 2019, als 529.239 BF-17-Theorieprüfungen stattfanden. Rund ein Viertel aller Fahrprüfungen entfallen auf BF17. Kandidaten, die ab 17 begleitet Autofahren, sind in Theorie und Praxis offenbar besser auf die Prüfungen vorbereitet; sie fallen seltener durch die Prüfungen als andere Prüflinge für den Autoführerschein. In der Theorieprüfung liegt die Nicht-Bestehens-Quote für BF17 bei 38 statt 49 Prozent und in der Praxis bei 26 statt 42 Prozent. Das begleitete Fahren bringt also einen Vorteil.
Die besten Bundesländer in der Fahrprüfung
In der Theorieprüfung sind die Bestehens-Quoten in Hamburg, Schleswig-Holstein und Hessen am besten. Diese drei Bundesländer liegen mit 35 Prozent, 36 Prozent und 37 Prozent Nicht-Bestehens-Quote auf Platz eins, zwei und drei.
Die besten Quoten in der praktischen Fahrprüfung hat Schleswig-Holstein (25 %). Den zweiten Platz teilen sich die Bundesländer Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz mit jeweils 27 Prozent Nicht-Bestehens-Quote. Auf dem dritten Platz liegen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Dort rasseln jeweils 29 Prozent der Kandidaten durch die praktische Prüfung. Die Zahlen des TÜV-Verband beziehen sich auf das Gesamtjahr 2023.
Die schlechtesten Bundesländer in der Fahrprüfung
Baden-Württemberg ist das Bundesland mit der höchsten Durchfaller-Quote bei der theoretischen Führerscheinprüfung: 44 Prozent der Kandidaten haben 2023 nicht bestanden. Den Platz 15 im Ranking der 16 Bundesländer teilen sich mit einer Quote von 46 Prozent Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Nur Berlin ist noch schlechter: Hier bestehen 49 Prozent die Theorieprüfung nicht – fast die Hälfte.
Berlin ist auch in der Praxis schlecht, teilt sich mit Bremen eine Nicht-Bestehens-Quote von 37 Prozent und Platz 14 im Bundesländer-Ranking. Schlechter schneiden im Durchschnitt die Kandidaten im Saarland (40 %) und in Hamburg (45 %) ab.
Junge sicherer unterwegs
Die praktische Prüfung enthält seit dem 16.1.2021 neue Fahraufgaben und wird elektronisch protokolliert. Ein Feedbackgespräch ergänzt die Fahrprüfung. "In Deutschland bekommt nur einen Führerschein, wer in den Verkehrs- und Verhaltensregeln im Straßenverkehr sattelfest ist und ein Fahrzeug wirklich beherrscht", sagt Roland Krause von der Dekra. Laut TÜV-Verband hätten die Fahrprüfungen einen Anteil daran, dass die Zahl der bei Verkehrsunfällen getöteten 18-bis18- bis 24-Jährigen.749 im Jahr 1991 auf 326 im Jahr 2020 zurückgegangen sei.
Gründe für den Führerschein
Laut Kraftfahrt-Bundesamt lag die Zahl der Fahrerlaubnisse aller Klassen in der Bundesrepublik Deutschland am 1.1.2022 bei 44,9 Millionen. Das sind 12,7 Millionen mehr als 2013. Die Anzahl der Führerscheine ist in den vergangenen Jahren also kontinuierlich gestiegen. Der Hauptgrund, den Führerschein zu machen, ist laut einer Umfrage unter 921 Fahrerlaubnis-Inhabern mit 51 Prozent "um zur eigenen Arbeits- oder Ausbildungsstelle zu kommen". Mit 47 und 46 Prozent ebenfalls wichtig: persönliche Lebensumstände und fehlende oder begrenzte Mobilitätsalternativen. © auto motor und sport
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