Der Bundesgerichtshof hat das Mordurteil gegen die beiden Beschuldigten im Berliner „Raserprozess“ aufgehoben. Das Gericht sieht einen Tötungsvorsatz als nicht erwiesen an. Bei dem illegalen Rennen auf dem Berliner Kurfürstendamm war im Februar 2016 ein Rentner umgekommen.
Es war ein Urteil, das bundesweit Aufsehen erregte: Das Landgericht Berlin hatte im Februar 2017 erstmals zwei Teilnehmer eines illegalen Autorennens wegen Mordes verurteilt und lebenslange Haftstrafen verhängt. Die beiden Angeklagten Hamid H. und Marvin N., zur Tatzeit 26 und 24 Jahre alt, hatten sich am 1. Februar 2016 kurz nach Mitternacht in Berlin ein illegales Rennen geliefert. Mit ihren Audi A6 und AMG-Mercedes ignorierten sie sämtliche roten Ampeln, bis schließlich Hamid H. mit 170 km/h in den Jeep eines bei Grün querenden Rentners prallte. Der 69-jährige Fahrer verstarb noch am Unfallort.
Landgericht sah bedingten Vorsatz
Aus Sicht des Berliner Landgerichts hatten die Raser den Tod unbeteiligter Personen billigend in Kauf genommen und dabei das Auto als gefährliches Mittel verwendet. Die Täter hätten „mittäterschaftlich und mit bedingtem Vorsatz“ gehandelt. Das harte Urteil fand seinerzeit den Beifall vieler Beobachter, denen die bisherige Rechtsprechung gegen illegale Straßenrennen zu mild war. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat dieses Urteil am 1. März 2018 aufgehoben.
BGH erkennt keine Tötungsabsicht
Ein zentraler Grund für die Aufhebung des Urteils war, dass die Täter erst beim Einfahren in die Unfallkreuzung erkennen mussten, dass das Rennen einen tödlichen Ausgang nehmen würde. Da war es für eine Umkehr schon zu spät: Sie waren „absolut unfähig gewesen, noch zu reagieren", so das Gericht. Ein Tötungsvorsatz schon beim Beginn des Rennens war dagegen nicht festzustellen.
Außerdem sah das BGH es als nicht erwiesen an, dass Marvin N. als Mittäter zu bestrafen sei. Dafür hätten sie sich zu einer Tat verabreden und sie gemeinsam verüben müssen. Die gemeinsame Teilnahme an einem illegalen Rennen reiche dafür nicht aus.
Landgericht muss erneut verhandeln
Der BGH hat den Fall wieder dem Landgericht Berlin zugeschoben, dies Mal aber einer anderen Kammer. Bei einer neuen Verhandlung könnte den Beschuldigten eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung drohen. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft.
Inzwischen haben Teilnehmer an illegalen Rennen deutlich härtere Strafen zu erwarten als noch vor zwei Jahren. Aufgeschreckt durch mehrere tödliche Unfälle, hat der Gesetzgeber reagiert und eine spezielle Vorschrift ins Strafgesetzbuch (§ 315d) aufgenommen. Bei Rennen mit tödlichem Ausgang drohen nun bis zu zehn Jahre Haft. © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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