Millionen Menschen in Deutschland haben eine Sehschwäche. Für den, der Radsport oder andere Sportarten betreibt, benötigt dafür eine Sehhilfe. ROADBIKE stellt deshalb sieben Optionen vor, die Abhilfe schaffen können.

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Immer mehr Menschen in Deutschland über 16 sind fehlsichtig. Lag der Anteil von Brillenträgern lange auf stabilem Niveau, stieg er in den vergangenen Jahren stark an – 67% der Erwachsenen, also zwei von drei, tragen mittlerweile eine Brille oder benötigen eine andere Sehhilfe. Übrigens: Dass besonders junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren deutlich öfter fehlsichtig sind als in der Vergangenheit, erklären Wissenschaftler mit häufigem "Nahsehen" an Bildschirmen und selteneren Blickwechseln im Freien. Wer fehlsichtig ist und dennoch Sport treiben möchte, benötigt eine Sehhilfe. Sieben Optionen stellen wir im folgenden vor.

Clip-In

Funktionsweise: Brille ist nicht gleich Brille. Gerade bei der klassischen Sehhilfe gibt es viele verschiedene Optionen. Eine davon ist der Brillenclip, der – mit einzelnen Gläsern oder als zusammenhängendes Gestell – hinter die eigentliche Scheibe der Sportbrille montiert wird.

Kosten: ab 200 Euro für Rahmenclips, ab 280 Euro für randlose Clips. Die Kosten für eine kompatible Sportbrille kommen noch hinzu.

Dioptrienwerte: variiert je nach Anbieter und Brillenmodell, ca. +6,0/–8,0 Dioptrien

Vor-/Nachteile:

(+) große Auswahl an Modellen

(+) getönte Filter/Gläser lassen sich – je nach Witterung – schnell wechseln

(+) hohe Dioptrienwerte realisierbar

(+) vergleichsweise günstig

(-) Konstruktion muss zum Putzen auseinandergebaut werden

(-) zwei Scheiben/Gläser übereinander, die verschmutzen oder beschlagen können

(-) eher ausladende Konstruktion – je nach Kopfform Berührung der Gläser z. B. mit den Wimpern möglich

Adapter

Funktionsweise: Bei der Adapterlösung werden optische Gläser direkt in eine Tragescheibe integriert – man hat also nicht zwei Scheiben/Gläser übereinander, sondern nur eine. Allerdings weist nicht die komplette Scheibe eine optische Korrektur auf, sondern nur ein eingeschliffener Bereich.

Kosten: komplette Brille mit klaren Einstärkengläsern ab ca. 500 Euro, mit Tönung ab ca. 550 Euro, photochromatisch ab ca. 700 Euro. Mit Gleitsichtgläsern ab ca. 700 Euro.

Dioptrienwerte: variiert je nach Anbieter und Brillenmodell, ca. +6,0/–6,0 Dioptrien

Vor-/Nachteile:

(+) nur eine Scheibe, die verschmutzen oder beschlagen kann

(+) vergleichsweise unauffällig

(+) nicht so ausladend wie Clip-in, passt zu vielen Kopfformen

(+) höhere Dioptrienwerte realisierbar als bei Direktverglasung, aber ...

(-) ... weniger als bei Clip-in

(-) nur eine Tönung, keine Wechseloption

(-) teuer

Direktverglasung

Funktionsweise: Bei der Direktverglasung wird das gesamte Brillenglas bis zum Rand eingeschliffen. Tragescheibe oder Innenclip werden somit überflüssig. Allerdings ist diese Lösung nur bei Brillengestellen mit Einzelgläsern möglich, nicht bei den derzeit beliebten Sportbrillen mit großer durchgängiger Scheibe.

Kosten: komplette Brille mit klaren Einstärkengläsern ab ca. 400 Euro, getönt ab ca. 480 Euro, photochromatisch ab ca. 600 Euro. Mit Gleitsichtgläsern ab ca. 600 Euro.

Dioptrienwerte: variiert je nach Anbieter/Brillenmodell, ca. +4,0/–6,0 Dioptrien.

Vor-/Nachteile:

(+) optisch unauffällig, kaum von einer normalen Sportbrille zu unterscheiden

(+) nur eine Glasschicht

(+) leichter zu pflegen als Clip-in

(+) nicht so ausladend wie Clip-in, passt zu vielen Anatomien

(-) nur vergleichsweise geringe Dioptrienwerte realisierbar

(-) nur eine Tönung möglich oder selbst tönende Gläser notwendig

(-) nur Einzelgläser möglich, keine durchgängige Scheibe

(-) eher teuer

Sportbrille mit Lesehilfe

Funktionsweise: Zum normalen Alterungsprozess gehört die Alterssichtigkeit – das Auge kann im Nahbereich zunehmend schlechter "scharfstellen". Beim Rennradfahren heißt das: In die Ferne sieht man alles, den Tacho ablesen geht aber nicht mehr. Die Lösung: bifokale Sportbrillen mit Scheibe/Gläsern, die im größeren oberen Bereich keine Korrektur aufweisen und unten einen kleinen Teil mit eingeschliffener optischer Verglasung haben.

Kosten: je nach Hersteller ab ca. 75 Euro.

Dioptrienwerte: Die "Sprünge" variieren je nach Anbieter und Brillenmodell, max. +2,5 Dioptrien.

Vor-/Nachteile:

(+) einfache Hilfe für weit verbreitetes Problem

(+) nicht zu teuer

(+) Option: Um die eigene Sportbrille weiterzunutzen, sind im Internet aufklebbare bifokale Linsen erwerbbar – eine preiswerte Lösung, aber ...

(-) ... Linse und Scheibe/Glas müssen in ihrer Wölbung sehr genau zueinanderpassen, zudem oft nicht dauerhaft zu befestigen.

(-) überschaubares Angebot an hochwertigen Sportbrillen mit Lesehilfe

(-) verringertes Sichtfeld

Augen lasern

Funktionsweise: Ob Weitsichtigkeit, Kurzsichtigkeit oder starke Hornhautverkrümmung – mit einer Augen-OP kriegt man (fast) alle Sehschwächen dauerhaft korrigiert. Der Arzt trägt dabei mithilfe eines Lasers Gewebe am Auge ab und stellt die volle Sehkraft wieder her. Dank Computerunterstützung, Infrarotkamera und mittlerweile 20-jähriger Erfahrung sind Fehleingriffe nahezu ausgeschlossen.

Kosten: Viele Anbieter geben Festpreise an, die – je nach Verfahren – zwischen etwa 800 und 2500 Euro pro Auge liegen.

Dioptrienwerte: je nach Behandlungsverfahren +6,0/–12,0 Dioptrien

Vor-/Nachteile:

(+) maximales Sichtfeld

(+) hohe Dioptrienwerte realisierbar

(+) Sehschwäche wird dauerhaft korrigiert, danach keine Sehhilfe wie Brille oder Kontaktlinsen mehr nötig

(+) nach OP jedes Sportbrillenmodell nutzbar

(-) teuer

(-) nicht revidierbar

(-) keine Kostenübernahme durch Krankenkassen

(-) Operation am Auge für viele eine unangenehme Vorstellung

Linsenimplantat

Funktionsweise: Die häufigste Augen-OP ist heutzutage die Korrektur bei grauem Star, bei der die eingetrübte Augenlinse komplett getauscht wird. Nach ähnlichem Prinzip kann man sich auch eine Korrekturlinse ins Auge – zwischen Iris und eigentlicher Linse – implantieren lassen. Man benötigt dann keine andere Sehhilfe mehr.

Kosten: je nach Implantat-Typ und durchführendem Arzt bzw. Augenklinik ab ca. 1600 Euro pro Auge.

Dioptrienwerte: bis zu +14,0/–23,0 Dioptrien, je nach Implantat-Typ

Vor-/Nachteile:

(+) maximales Sichtfeld

(+) sehr hohe Dioptrienwerte realisierbar

(+) kann später noch verändert oder angepasst werden

(+) Sehschwäche wird dauerhaft korrigiert, danach keine Sehhilfe wie Brille oder Kontaktlinse mehr nötig

(+) nach OP jede Sportbrille nutzbar

(-) sehr teuer

(-) nur bei besonderen Fällen eine anteilige Kostenübernahme durch Krankenkasse möglich

(-) Operation am Auge für viele eine unangenehme Vorstellung

Kontaktlinsen

Funktionsweise: Kontaktlinsen bestehen aus dünnem Kunststoff. Sie schwimmen auf dem Tränenfilm auf der Hornhaut des Auges und folgen jeder seiner Bewegungen. Mit Kontaktlinsen lassen sich die meisten Fehlsichtigkeiten korrigieren, eine Brille ist dann überflüssig.

Kosten: variieren stark je nach Typ – hart, weich oder hybrid, Tages-, Monats- oder Jahreslinsen – und Bezugsart. Ein Sechserpack weicher Monatslinsen kostet ca. 40 Euro, Jahreslinsen kosten ca. 90 Euro. Hinzu kommen die Kosten für Pflegemittel.

Dioptrienwerte: je nach Modell/Anbieter ca. +8,0/–12,0 Dioptrien.

Vor-/Nachteile:

(+) maximales Sichtfeld ohne Augen-OP

(+) hohe Dioptrienwerte realisierbar

(+) jedes Sportbrillenmodell nutzbar

(+) vergleichsweise günstig, aber ...

(-) ... verursacht laufende Kosten

(-) tägliches Einsetzen und Herausnehmen mit "Griff ins Auge"

(-) Möglichkeit austrocknender Augen, dann unter Umständen Folgeprobleme

(-) Einschränkungen bei manchen Nutzungen, z.B. Sauna, Schwimmen

"Wie finde ich die für mich beste Sehhilfe?"

Die entscheidende Frage für alle Rennradfahrerinnen und -fahrer mit Sehschwäche. Antworten gibt Siegbert Jehle, Augenoptikermeister und Geschäftsführer von pro optik in Tübingen – und selbst leidenschaftlicher Rennradfahrer.

ROADBIKE: Herr Jehle, es gibt sehr viele verschiedene Methoden, eine Sehschwäche zu korrigieren. Welche ist für Radsportler die beste?

Jehle: Pauschal lässt sich das nicht sagen. Es hängt davon ab, was für eine Sehschwäche man hat und wie stark diese ausgeprägt ist. Manchen Lösungen sind einfach technische Grenzen gesetzt – wenn man die sprengt, etwa wegen zu hoher Dioptrienwerte oder zu starker Hornhautverkrümmung etc., kann man nichts machen. Aber natürlich entscheiden auch persönliche Vorlieben, die körperliche Anatomie und der eigene Geldbeutel.

ROADBIKE: Die körperliche Anatomie?

Jehle: Ja, natürlich. Es gibt so viele Schädelformen auf der Erde wie Menschen. Bei manchen stehen die Augen eng zusammen, bei anderen weit auseinander. Es gibt stark oder kaum ausgeprägte Augenbrauen, hervorstehende oder tief in den Höhlen liegende Augen, große oder kleine Nasenbeine, schmale oder breite Gesichter – all das beeinflusst, welche Brillenmodelle oder -gläser passen. Und manche anatomische Besonderheit oder Art und Ausprägung der Sehschwäche prädestiniert auch für eine bestimmte Korrekturlösung und macht andere unmöglich. Gerade im Grenzbereich bei hohen Dioptrienwerten kann die persönliche Anatomie darüber entscheiden, ob eine bestimmte Brille machbar ist oder nicht.

ROADBIKE: Wie finde ich dann die für mich beste Sehhilfe?

Jehle: Einerseits mit guter Beratung durch einen versierten Sportoptiker. Andererseits auch durch die eigene Bereitschaft, verschiedene Lösungen auszuprobieren. Gerade gegenüber Kontaktlinsen besteht bei vielen Menschen eine sehr große Skepsis. Viele können sich einfach nicht vorstellen, sich täglich "ins Auge zu fassen" oder scheuen sich vor dem vermeintlichen Fremdkörper darin. Das ist natürlich auch okay, es gibt ja viele andere gute Korrekturmöglichkeiten. Kontaktlinsen sind aber gerade für Sportler eine tolle Lösung, weil sie ein riesiges Blickfeld ermöglichen. Deshalb, falls man es irgendwie schafft: überwinden und ausprobieren. Die notwendigen Handgriffe lernt man schnell.

ROADBIKE: Gibt es weitere Kriterien?

Jehle: Zum einen den individuellen Einsatzzweck: Wie fahre ich, wo fahre ich, muss die Sehhilfe auch bei anderen Einsatzzwecken und Sportarten funktionieren und so weiter. Zum anderen entscheidet natürlich auch der persönliche Geschmack: Wer eine Brille wählt, wird diese auch unter optischen Gesichtspunkten auswählen. Wer hingegen partout keine Korrekturbrille tragen möchte, muss in Richtung Kontaktlinsen oder gar Augen-OP denken. Bei all dem sollte man nicht vergessen: Eine Sehhilfe ist eine Sicherheitsfrage. Oberste Priorität muss immer sein, die volle Sehkraft wieder herzustellen.

ROADBIKE: Kann man die verschiedenen Lösungen auch mal ausprobieren?

Jehle: Das kommt drauf an. Bei Kontaktlinsen kann der Optiker kostenlose Proben zur Verfügung stellen – optische Gläser probehalber einschleifen geht wegen der hohen Kosten natürlich nicht. Ein guter Optiker berät aber im Idealfall so umfassend, dass ein Fehlkauf ausgeschlossen ist.

ROADBIKE: Ihr persönlicher Favorit?

Jehle: Neben Kontaktlinsen rate ich zur Direktverglasung oder bei höheren Dioptrienwerten zu Adapterlösungen. Beide sind optisch dezenter als Clip-in-Lösungen, Letztere sind aber für noch höhere Dioptrienwerte geeignet. Wie gesagt: Letztlich ist es immer eine sehr individuelle Frage.

ROADBIKE: Wenn man sich für eine Brille entscheidet: Wie finde ich die richtige Tönung?

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Jehle: Dies hängt davon ab, zu welcher Uhrzeit, bei welchen Lichtverhältnissen und Witterungsbedingungen man normalerweise fährt. Um für viele Situationen gewappnet zu sein, empfehle ich meinen ambitioniert radfahrenden Kunden oft photochromatische Gläser, die selbstständig – je nach Lichtverhältnissen – eintönen oder aufhellen. Aber natürlich kann man auch mit verschiedenfarbigen Gläsern oder Scheiben arbeiten. In der Regel sind diese auch einfach und schnell gewechselt. Letztlich eine Typfrage, ob ich manuell wechseln möchte oder in praktische, aber auch teurere photochromatische Lösungen investiere.

ROADBIKE: Wie lange dauert es, bis Korrekturgläser für eine Sportbrille produziert sind?

Jehle: Je nach Hersteller zehn Tage bis drei Wochen.  © Bike-X

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