Max Bahr, Loewe und die Nachrichtenagentur dapd - 2013 schlitterten viele bekannte Marken in die Insolvenz. Wir zeigen, wer überlebte - und für wen endgültig Schluss war.

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"Das kann doch nicht sein", empört sich die Kundin immer wieder, "noch letzte Woche haben sie mir gesagt, ich könne das auf jeden Fall zurückgeben". Das sei letzte Woche gewesen, erklärt die genervte Mitarbeiterin - und verbindet die Kundin schließlich mit dem Büro des Insolvenzverwalters in Hamburg. Als von dort erneut die Auskunft kommt, dass dieser Baumarkt schließt und "kein Geld mehr rausgeht", richtet sich der Zorn der Kundin gegen die hilflosen Mitarbeiter, selbst schuld seien die an der Pleite, weil sie "so unfreundlich sind".

Praktiker: Den Kunden die Normalpreise abgewöhnt

Unfreundlichkeit war nicht der Grund für die Insolvenz des Baumarkt-Riesen Praktiker und seines Tochterunternehmens Max Bahr, sondern massives Missmanagement. Mit andauernden Rabatt-Aktionen ("20 Prozent auf alles außer Tiernahrung") hatte Praktiker in den vergangenen Jahren die Kunden auf ruinöse Niedrigpreise konditioniert: Außerhalb der Rabatt-Aktionen kauften sie nicht mehr.

Während die Pleite von Praktiker nicht wirklich überraschend war, ist das endgültige aus der Tochter Max Bahr kurz vor Weihnachten tragisch: Obwohl gut geführt, scheiterten alle Verkaufsverhandlungen für das Unternehmen. Die Konkurrenz freut sich: Sie kann nach dem Abverkauf in komplett geräumten Filialen neu anfangen.

dapd: Das Ende kam nach dem Sommerfest

Nur wenige Wochen nach einem rauschenden Sommerfest kam das Ende. Am Nachmittag des 2. Oktober 2012 meldete die Nachrichtenagentur dapd erstmals Insolvenz an. Nicht nur die Konkurrenz wischte sich verwirrt die Augen. Die plötzliche Zahlungsunfähigkeit war auch ein großer Schock für viele Mitarbeiter – viele waren aus sicheren Jobs zu dapd gewechselt.

Noch am Vormittag waren die Zentrale in Berlin und die zahlreichen Regionalbüros ihrem Tagesgeschäft nachgegangen. Aufträge an freie Mitarbeiter wurden bis zuletzt vergeben, Fotografen und Journalisten waren im ganzen Land unterwegs, um Features und Meldungen zu produzieren. Stellte man sich jeden dapd-Journalisten als orangenen Punkt vor, wäre eine Deutschlandkarte voll davon gewesen. Die wichtigste Nachrichtenagentur des Landes wollte die dapd werden, inzwischen produzierte sie täglich mehr Meldungen als der Mitbewerber.

Der Insolvenz folgte ein Mitarbeiterabbau. Rund ein Drittel aller dapd-Journalisten mussten gehen, um Kosten zu senken. Genützt hat es nichts. Im März 2013 stellte auch die restrukturierte dapd unter ihrem neuen Geschäftsführer Ulrich Ende einen Insolvenzantrag. Am 11. April 2013 sendete der Dienst seine letzte Meldung - und überließ auf dem Markt der Nachrichtenagenturen wieder der dpa als einziger deutscher Vollagentur das Feld.

Loewe guckt in die Röhre

Die Firma war einst Weltmarktführer und stand für Technik "made in germany" und ansprechendes Design. Dann verschlief Loewe die Revolution auf dem Markt für TV-Geräte. Als die Konkurrenz aus Fernost längst auf Flaschbildschirme setzte, sah Loewe die Zukunft immer noch in den traditionellen Röhrengeräten. Und erholte sich von diesem Versäumnis nie wieder.

Im Herbst 2013 beantragte das Traditionsunternehmen nach Jahren der roten Zahlen Insolvenz. Jetzt hofft die Belegschaft auf einen Investor und eine Fortsetzung der Produktion. Im schlimmsten Fall droht eine Verwandlung von Loewe in eine Zombie-Marke.

Wie im Fall von Telefunken, Nordmende oder Grundig könnte eine ausländische Firma lediglich den Markennamen kaufen und auf seine Geräte kleben. Von dem traditionsreichen deutschen Unternehmen bliebe lediglich ein Name bestehen.

Flexstrom: Vorkasse ohne Lieferung

Das Geschäftsmodell klingt clever, zu clever vielleicht. Per Vorkasse wollte das Unternehmen Flexstrom seinen Kunden besonders günstige Strompreise anbieten. Da das Unternehmen nicht über eigene Kraftwerke verfügte, musste es die Energie bei den Produzenten kaufen - mit dem Geld seiner Kunden.

Am 12. April reichten die Einnahmen nicht mehr: Flexstrom meldete Insolvenz an und stellte kurze Zeit später die Lieferung ein. Wer Vorkasse geleistet hatte, musste jetzt erneut zahlen: an die öffentlichen Versorger, die einsprangen. Mit 835 000 Geschädigten könnte das Insolvenzverfahren das größte in der Geschichte der Bundesrepublik sein.

Schuld an der Misere hätten die Kunden, die mit 100 Millionen Euro im Rückstand gewesen seien, behauptete das Flex-Strom-Management. Die Staatsanwaltschaft Berlin sieht das offenbar anders: Ende September leitete sie eine Ermittlungen gegen ehemalige Hauptaktionäre des Stromversorgers ein. Der Verdacht: Insolvenzverschleppung und Betrug.

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