Dutzende Bankkunden haben sich zuletzt bei der Finanzaufsicht wegen des Umgangs ihres Instituts mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs beschwert. Das Thema beschäftigt inzwischen auch Gerichte.

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Kontokündigungen und Beschwerden: Auch mehr als zwei Jahre nach dem Bankgebühren-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) halten Ärger und Verunsicherung der Verbraucher an. Einige Geldhäuser weigern sich, zu Unrecht erhobene Gebühren zurückzuzahlen. Andere Institute kündigen das Girokonto, wenn Kundinnen und Kunden Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und damit oft verbundenen Gebührenerhöhungen nicht aktiv zustimmen.

Bei der Finanzaufsicht Bafin gingen im ersten Halbjahr 40 Beschwerden im Zusammenhang mit der Umsetzung des BGH-Urteils ein. In der Regel ging es dabei um drohende oder erfolgte Kündigung des Kontos, weil Bankkunden Änderungen der AGB nicht aktiv zustimmten.

8.600 Kündigungsschreiben von Brandenburger Sparkasse

Eines der jüngsten Beispiele ist die Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS). Etwa 8.600 Kundinnen und Kunden hätten Kündigungsschreiben erhalten, weil sie den Änderungen der AGB nicht zugestimmt hätten, teilte das Institut mit. "Das ist eine juristische Notwendigkeit, denn wir brauchen eine sichere Rechtsbeziehung zu unseren Kunden, und dafür brauchen wir die aktive Zustimmung der Kunden zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen", sagte Vorstandsvorsitzender Andreas Schulz im rbb24 Inforadio.

Die Kündigungen werden den Angaben zufolge zum 23. Oktober wirksam, falls Betroffene nicht noch tätig werden. Danach wird das Konto allerdings nicht sofort geschlossen: Bis zum 23. November 2023 könnten Kunden durch eine aktive Nutzung ihres Privatgirokontos ihre Zustimmung erteilen. Zur aktiven Nutzung zählen zum Beispiel Bargeldeinzahlungen und -auszahlungen oder das Einrichten oder Ändern von Daueraufträgen.

Der BGH hatte am 27. April 2021 entschieden, dass Kreditinstitute bei Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Zustimmung ihrer Kundinnen und Kunden einholen müssen. Geldhäuser mussten daher auch nachträglich um Zustimmung zu aktuellen Gebühren bitten. Zudem können Bankkunden Gebühren zurückfordern, die Institute ohne explizite Einwilligung erhoben haben.

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Erfolgreiche Klage vor Gericht

"Bei den Kündigungsschreiben der Sparkassen, die ich bislang gesehen habe - auch bei der Mittelbrandenburgischen - wird eine Frist gewährt, in der nach dem Kündigungszeitpunkt durch aktive Nutzung den AGB noch zugestimmt wird", erläutert Heiko Fürst vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). "Das heißt: Bei diesem Vorgehen verliert niemand ein genutztes Konto aus Versehen." Das Vorgehen ist aus seiner Sicht als eine mögliche Folge des BGH-Urteils nicht zu beanstanden.

"Wenn eine Kündigung ausgesprochen wird, können die Betroffenen die Gelegenheit nutzen, sich nach einem alternativen Konto mit günstigeren Konditionen umzusehen", sagt Fürst weiter. "Das wäre auch das, was Verbraucherinnen und Verbrauchern zu raten wäre."

Manche Kreditinstitute drohen allerdings mit einer Kontokündigung, falls Bankkunden zu Unrecht gezahlte Gebühren zurückhaben wollen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bezeichnete dies als "besonders dreist" und zog dagegen erfolgreich vor Gericht. Wie aus einem aktuellen Anerkenntnisurteil des Oberlandesgerichts Stuttgart hervorgeht, wurde einem Geldhaus untersagt, einem Verbraucher die Kündigung seines Girokontos anzukündigen, wenn er auf einer Rückerstattung zu Unrecht verlangter Entgelte bestehe.

Zudem muss das Institut bestimmte Kunden darüber informieren, dass sie eine Rückerstattung verlangen könnten, ohne dass die Bank daran "die nachteilige Folge einer Kündigung des laufenden Girokontovertragsverhältnisses knüpfen werde". (Az 2 U 34/22). (dpa/fab)

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