München/Innsbruck (dpa/tmn) - Wenn das Wetter umschlägt, wird es ungemütlich am Berg. Von allen Wettergefahren spielen Gewitter im Sommer die größte Rolle, sagt der Meteorologe Alexander Radlherr.
Er arbeitet in Innsbruck für die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), die - ähnlich wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) hierzulande - unter anderem für regionale Unwetterwarnungen in der Alpenrepublik zuständig ist.
Das Problem mit Gewittern: Neben Blitzen bringen sie vor allem viel Niederschlag mit sich. Der Untergrund kann extrem rutschig werden, die Sicht schlecht, dazu kommen Sturmböen.
Schutz unter Felsvorsprüngen
Deutet sich das Ungemach mit aufziehendem Wind, dunkler werdenden Wolkenunterseiten und Grummeln an, gilt es, Schutz zu suchen. Unter Felsvorsprüngen beispielsweise oder in einer Hütte.
In Felsen montierte Drahtseilsicherung sollte man ebenso meiden wie exponierte Lagen. Wer mitten auf einer freien Fläche steht und in das Unwetter gerät, dem bleibt nur, sich niederzukauern und kleinzumachen, empfiehlt Radlherr.
Vorhersagen verstehen und ernst nehmen
Um gar nicht erst in so eine Situation zu kommen, sollten Wanderer den Wetterbericht lesen und ernst nehmen. Der Meteorologe weiß aus Erfahrung: "Es gibt immer wieder Fälle, wo die Berichte ignoriert werden und Wanderer in Probleme kommen."
Bei den Vorhersagen gibt es eine wichtige Unterscheidung. So kann vom Risiko einzelner, isolierter Wärmegewitter die Rede sein. Oder von einer heranziehenden Kaltfront mit breiter Gewitterlinie. Was bedeutet das jeweils für die Planung?
Wärmegewitter sind räumlich und zeitlich kaum präzise vorherzusagen. Wird im Wetterbericht darauf hingewiesen, ist wichtig zu wissen: Das Risiko dafür nimmt ab den Mittagsstunden zu. "Man sollte also den Tag so einrichten, dass man dann schon wieder im Tal oder in einer Hütte ist", rät Radlherr.
Anders sieht es bei heranziehenden Kaltfronten aus, die womöglich verbreitet in einer Region Unwetter mit sich bringen. "Die sind gut vorauszusagen, oft auch schon Tage vorher." Hier ist es ratsam, die Tourenplanung entsprechend anzupassen und gegebenenfalls an bestimmten Tagen ganz auf einen Aufstieg zu verzichten.
Lokale Stellen nach Infos fragen
Im Zuge sommerlicher Kaltfronten kann es auch im Juli in den höheren Berglagen durchaus mal schneien. "Dann lieber weiter unten wandern, um nicht in den Schneefall zu kommen", rät Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein (DAV).
Wer unsicher ist, wie die Verhältnisse vor Ort sind, kann etwa lokale Bergschulen, Fremdenverkehrsvereine oder Hütten auf dem Berg anrufen, so der Fachmann. Dort weiß man oft auch, wie es um die Beschaffenheit der Wege bestellt ist und ob sie überhaupt gut begehbar sind. Etwa, wenn in den Tagen vorher Unwetter durchgezogen sind.
Apps warnen vor Gefahren
Solange man Netz hat, warnen spezielle Apps vor Wettergefahren und bietet damit eine zusätzliche Absicherung. Für die Tage in den Bergen Österreichs kann die kostenlose ZAMG-App "wetter.zone" hilfreich sein. Hier laufen unter anderem aktuelle Unwetterwarnungen ein. In Deutschland gibt es dafür die, in der Basisversion kostenlose Warnwetter-App des DWD.
Einen Überblick zu drohenden Unwettern für einen Großteil Europas bietet die Website "Meteoalarm.org". Sie wird gemeinsam von nationalen Wetterdiensten betrieben und zeigt für Regionen in mehr als 30 Ländern auf Englisch und in der Landessprache Warnhinweise an.
Gewappnet für Hitze und Kälte
Neben aufziehenden Unwettern kann Hitze bei Bergtouren im Sommer ein Faktor sein. Das sei gerade in mittleren Höhenlagen schon ein Thema, sagt Meteorologe Radlherr. "Da kann es an sonnenbeschienenen Hängen am Aufstieg ziemlich heiß werden bei stehender Luft." Wichtig sei, genug zum Trinken im Rucksack zu haben. Und einen Sonnenhut.
Klar ist ohnehin: Die Kleidung muss zum Wetter passen. Das bedeutet aber auch, dass man für möglicherweise aufkommende Wetterumschwünge gerüstet sein sollte. Sind etwa Wärmegewitter vorhergesagt, ist es ratsam, eine Jacke einzupacken. Denn mit dem Gewitter fällt die Temperatur oft rapide.
Absolut empfehlenswert ist eine Alu-Rettungsdecke. "Die wiegt fast nichts, ist sehr klein und gehört in jeden Rucksack", sagt Stefan Winter vom Alpenverein. Im Notfall schützt sie vor Auskühlung.
Aufstiege sind oft schweißtreibend. Wenn der Schweiß am Gipfel abkühlt, ist es schön, stets etwas Langärmliges im Rucksack zu haben. So lässt sich das Panorama ohne Frösteln genießen.
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