Und wieder verabschiedet sich ein Unternehmen vom hart umkämpften Fernbusmarkt: Die deutsche Post verkauft ihre Sparte an den Konkurrenten Flixbus. Wird Busfahren bei dem Branchenprimus deshalb jetzt teurer?
Am Anfang standen wochenlange Verhandlungen, nun ist klar: Der deutsche Fernbus-Marktführer Flixbus übernimmt den Konkurrenten Postbus. Ab November sollen die ersten Linien der Fernbus-Sparte der Deutschen Post in das Streckennetz von Flixbus integriert werden.
Für den Branchenprimus ist es nicht die erste Übernahme in diesem Sommer: Ende Juni hat Flixbus bereits seinen britischen Konkurrenten Megabus übernommen - und hat damit seine Position als erfolgreichstes der Fernbus-Unternehmen weiter ausgebaut.
Wie stark ist Flixbus wirklich?
Mit 71 Prozent Marktanteil lag das im Februar 2013 gegründete Unternehmen auch in der Vergangenheit bereits deutlich vor seinem Konkurrenten Postbus, der lediglich auf zehn Prozent kam. Das Unternehmen verfügt über 100.000 tägliche Verbindungen zu 900 Zielen in 20 Ländern. Rund 450 davon liegen im deutschsprachigen Raum.
Zuletzt hatte es vor allem die Strecken innerhalb Europas deutlich ausgebaut. So geht es seit Juli beispielsweise sechsmal täglich nach London. Insgesamt hat Flixbus im Jahr 2015 rund 20 Millionen Menschen befördert. Das Ziel für dieses Jahr lautet: 30 Millionen Kunden.
Werden die Fernbusse damit zu einer Konkurrenz zum Flugzeug?
Mit Blick auf den rein innerdeutschen Verkehr hat Flixbus mit 20 Millionen Passagieren im vergangenen Jahr das Flugzeug bereits überholt. Laut dem Flughafenverband ADV sind im selben Zeitraum – abgesehen von den Umsteigepassagieren – nur 16 Millionen Menschen innerdeutsch geflogen. Dennoch gelten die Busse nicht als Konkurrenz zu den Fliegern.
Eine Untersuchung des Iges-Instituts hat nämlich auch ergeben, dass lediglich rund vier Prozent der Passagiere ohne Fernbus-Angebot mit dem Flugzeug gereist wären. Der Großteil aber hätte die Bahn (44 Prozent) oder das Auto (38 Prozent) gewählt – oder wäre ohne Fernbus-Angebot gar nicht erst vereist.
Was bedeutet die Übernahme für die Deutsche Bahn?
Der Deutschen Bahn ist die billige Konkurrenz der Fernbusse schon seit längerem ein Dorn im Auge. "Vor allem junge Leute fühlen sich von preisgünstigen Angeboten angesprochen, auch wenn die Fahrzeit deutlich länger und unberechenbarer ist als im Zug", sagte Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube Anfang April 2016.
Deshalb setzt das Unternehmen seit einiger Zeit auf Rabattaktionen, hat beispielsweise zahlreiche Tickets für 19 Euro verkauft und die Ersparnis mit der Bahncard50 erhöht. Dennoch sind die Fernbusse im Vergleich bisher deutlich günstiger.
Steigen die Preise für Fernbusfahrten jetzt wegen schwacher Konkurrenz?
Wenn man dem Flixbus-Gründer und -Chef André Schwämmlein glauben kann, nicht: "Der Wettbewerb findet intermodal statt - also mit Bahn, Flugzeug und vor allem mit dem Auto, das immer noch 85 Prozent Marktanteil bei Reisen in Deutschland hat." Um die günstigen Preise zu halten, müssten die Fahrzeuge von Flixbus laut Schwämmlein allerdings gut ausgelastet sein.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt rechnet langfristig mit steigenden Fahrpreisen. "Ob es jetzt zu einer Preisanpassung kommt, kann man noch nicht vorhersagen", sagte der CSU-Politiker am Mittwoch. "Aber langfristig scheint ja wohl das Ziel solcher Fusionen zu sein, durch Konsolidierung eine Preisanpassung zu erwirken." Dies sei generell nicht falsch, da es einen Fernbusmarkt nur geben könne, wenn Anbieter schwarze Zahlen erwirtschafteten. Daher sei es langfristig nötig, "dass wir hier zu realen Preisen kommen, gerade auch im Wettbewerb mit der Bahn."
Werden nach der Fusionierung Strecken gestrichen?
Zunächst einmal sollen die Fahrpläne von Flixbus und Postbus aneinander angepasst werden. Bisher parallel fahrende Linien sollen zugunsten neuer Ziele reduziert werden. S
o könnte es sein, dass es künftig beispielsweise weniger Verbindungen zwischen München und Berlin gibt, Kleinstädte, die bisher noch nicht an das Fernbus-Netz angeschlossen sind, aber profitieren. "Wir wollen zum Beispiel die Küste häufiger anfahren und den grenzüberschreitenden Verkehr ausbauen, vor allem aber die Regionen stärken", so Schwämmlein.
Was wird sich noch ändern?
Während Flixbus bisher vor allem jüngere Passagiere angesprochen hat, sollen künftig auch verstärkt Senioren als Fahrgäste gewonnen werden. "Wir möchten jetzt ein Produkt für alle Alters- und Zielgruppen bieten", so Schwämmlein.
Künftig möchte das Unternehmen deshalb Fahrkarten nicht mehr nur über das Internet, in den Flixbus Shops oder im Reisebüro verkaufen, sondern auch in 5.000 Postfilialen.
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