Hannover - Passagieren, deren Flug in Folge gestörter IT-Systeme bei der Lufthansa ausgefallen oder stark verspätet ist, könnte nach Einschätzung eines Reiserechtlers eine Entschädigung zustehen. "Wenn ein System von der Lufthansa ausfällt, ist das ein hausgemachtes Problem. Das führt dazu, dass Fluggäste Ansprüche auf Ausgleichszahlungen haben", sagt der auf Reiserecht spezialisierte Anwalt Paul Degott aus Hannover.

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Der Hintergrund: Die EU-Fluggastrechte-Verordnung sieht bei Verspätungen ab drei Stunden sowie kurzfristigen Flugabsagen unter gewissen Voraussetzungen Ausgleichszahlungen in Höhe von 250 bis 600 Euro pro Passagier vor - für die Höhe ist unter anderem die Länge der Flugstrecke maßgeblich.

Unterschiedliche Ansichten zu möglichen Entschädigungen

Ob die Passagiere Anspruch darauf haben, hängt in der Praxis oft davon ab, ob die Airline für die Probleme verantwortlich zu machen ist oder sie sich auf außergewöhnliche Umstände berufen kann - zum Beispiel extremes Wetter. Das sieht Reiserechtler Degott im Fall der Lufthansa-IT-Probleme, die durch bei Bauarbeiten an einer Bahnstrecke durchtrennte Glasfaserleitungen ausgelöst wurden, nicht gegeben. Doch es gibt andere Ansichten.

Zwar lautete auch die Einschätzung des Fluggastrechte-Portals Airhelp zunächst, dass Passagiere auf Entschädigungszahlungen pochen könnten - einige Stunden später schwankte man in einem aktualisierten Statement allerdings um: Da es sich um einen technischen Fehler außerhalb der Verantwortung der Lufthansa handle, gelten in diesem Fall keine Entschädigungsansprüche der Passagiere, hieß es darin.

Beim Mitbewerber Flightright wiederum sieht man eher Chancen für eine Entschädigung: "Nach unserem Dafürhalten sprechen mehr Gründe dafür, dass Fluggästen ein Anspruch zusteht. Da es dazu aber keine direkt anwendbare Rechtssprechung gibt, werden sich mit dieser Sache sicherlich die Gerichte beschäftigen müssen", wird der Leiter der Flightright-Rechtsabteilung, Oskar de Felice, in einer Mitteilung des Fluggastrechte-Portals zitiert.

Ansprüche auf Alternativbeförderung und Verpflegung

Unabhängig vom möglichen Anspruch auf Entschädigungen können Passagiere bei Flugverspätungen ab drei Stunden und Flugausfällen auf eine Ersatzbeförderung bestehen - bei Flügen innerhalb Deutschlands werden hier seitens der Airlines oft Zugtickets angeboten.

Die Lufthansa hatte betroffene Passagiere bei Flügen innerhalb Deutschlands darum gebeten, ein Bahnticket zu buchen und dann über die Website der Airline (lh.com) die Erstattung zu beantragen.

Generell gilt außerdem: Die Fluggesellschaft muss ab einer gewissen Wartezeit die Passagiere am Flughafen mit Essen und Trinken versorgen und gegebenenfalls in einem Hotel unterbringen.

Gut zu wissen: Ab einer Verspätung von fünf Stunden hat man auch die Option, das Geld fürs Ticket zurückzuverlangen. Dann muss man sich allerdings selbst darum kümmern, wie man ans Ziel kommt.  © dpa

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