Das Konzept findet man bei manchen Wohnwagen – ein großes Hubdach, das im Standbetrieb üppige Stehhöhe schafft. Die Hymer-Caravan-Marke Eriba war es auch, die bereits 2002 mit einem Teilintegrierten mit dieser Konstruktion an den Start ging – der Style auf Basis Renault Trafic. Es war, zumindest hierzulande, ein Flop.

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Doch manchmal ist die Zeit für eine Innovation noch nicht reif – siehe Kleinwagen Smart, der anfangs auch zu scheitern drohte, inzwischen aber viele Fans hat. An beiden Projekten zeichnete übrigens die gleiche Person verantwortlich: Designprofessor Johann Tomforde. Darum ist es aller Ehren wert, dass Knaus einen neuen Anlauf mit diesem besonderen Reisemobilkonzept wagt, unter geänderten Voraussetzungen und mit moderner Technik.

Knaus Tourer CUV 500 LT

  • Grundpreis ab: 85.790 Euro
  • Länge/Breite/Höhe: 5,89/2,16/2,28 m
  • Zul. GesamtgewichT: 3.200–3.500 kg
  • Gurte/Schlafplätze: 2–4/2–4

Die Hubdachkonstruktion

Um die Kosten für so ein Sonderprojekt auf mehrere Schultern zu verteilen, hat man sich nicht nur gleich zwei Grundrisse ausgedacht, sondern bietet sie neben der Hubdachversion auch noch mit konventionellem Aufbau an und vertreibt alle Varianten zudem zusätzlich unter der Tochtermarke Weinsberg. Allen Varianten gemein ist die kompakte Länge von 5,89 Metern und schlanke Breite von 2,16 Metern sowie die attraktive VW-T 6.1-Basis.

Das Hubdach besteht aus einer großen GfK-Schale, die mit vier elektrischen Linearmotoren angehoben wird. Zwei Scherenarme dienen der zusätzlichen Führung. Per beigelegter Funk- oder Kabelfernbedienung lässt sich der Vorgang steuern – dabei muss der Knopf ständig gedrückt bleiben, was beim Anheben mehr als zwei – schon mal etwas nervige – Minuten dauert. Abwärts läuft es etwas schneller.

Weil die Motoren aus der Starterbatterie gespeist werden, muss die Zündung eingeschaltet sein. Ob diese Art der Stromversorgung ideal ist, bleibt etwas fraglich. Zumindest sollte man für eine stets fitte Starterbatterie sorgen. Für den Notfall gibt es auch noch eine manuelle, ziemlich mühsame Absenkmöglichkeit.

Schlafen im Hubbett

Nach gebücktem Passieren der sehr niedrigen Eingangstür folgt das Aha-Erlebnis in Form eines ungeahnt großzügigen Raumeindrucks. Das um 69 Zentimeter angehobene Dach schafft im Gang eine Stehhöhe von 2,17 Metern. Von der Hubkonstruktion profitiert auch das Dachbett, denn es erreicht 81 Zentimeter Kopffreiheit bis nach vorn in die Spitze.

So ist Kopf-voraus-Schlafen ohne lästiges Drehen beim Ein- und Ausstieg im Prinzip möglich. Allerdings ist nur die hintere Hälfte der dünnen Matratze per Lattenrost unterfedert und auch die Position der beiden einzeln schaltbaren Lesespots weist auf die eigentlich vorgesehene Liegerichtung mit Kopf nach hinten hin. Mit 2,02 mal 1,54 Meter Liegefläche hat das Dachbett grundsätzlich gute Voraussetzungen für einen komfortablen Schlaf.

Dabei kostet die Dachmansarde allerdings empfindliche 2.129 Euro Aufpreis – Serie ist nur der Bettumbausatz für die Sitzgruppe. Man könnte es konsequent nennen, weil auch die ausklappbaren hinteren Gurtplätze extra kosten. Doch selbst als Paar wird sicherlich niemand auf das – trotz gewisser Kritik – deutlich angenehmere Dachbett verzichten wollen.

Sitzen auch bei geschlossenem Dach

Überzeugen kann die Sitzgruppe in ihrer eigentlichen Funktion. Auf den Längsbänken finden vier Personen bequem Platz. Mit gedrehten Cockpitsitzen passen sechs um den Tisch – und das in einem 5,89-m-Mobil. Die Kopffreiheit reicht auch bei geschlossenem Dach, etwa bei einer Pause unterwegs. Sogar die Toilette lässt sich dabei im Prinzip benutzen – auch wenn man nur in gebückter Haltung dorthin gelangt. Mit geliftetem Dach ist die Stehhöhe im Bad üppig. Der wuchtige Radkasten schränkt aber die Bewegungsfreiheit ein, weil er – ob beim Händewaschen oder Duschen – nur eine Fußposition zulässt.

Zum Duschen lässt sich die Waschtischwand über die Toilette schwenken. Als Spritzschutz muss zudem obendrüber ein kleiner Vorhang eingeknöpft werden. Der Spiegel wird dabei allerdings stets nass. Der ist übrigens drehbar gelagert und sollte vor dem Dachabsenken zur Weiterfahrt tunlichst nach unten geschwenkt werden.

Der Küchenblock gegenüber tritt ziemlich wuchtig auf, ist 98,5 Zentimeter hoch, was für kleine Köche bereits eine etwas unangenehme Arbeitshöhe bedeuten kann. Grund ist die Integration des stolzen 98 Liter großen Kompressorkühlschranks an der Stirnseite zum Einstieg hin. Die Kühlschranktür ist beidseitig öffenbar, was den Zugriff auf die Kühlwaren auch von außen durch die Aufbautür zulässt.

Zwei Schubladen, eine davon mit Besteckkasten, verstauen Kochutensilien. Das unterste Fach kann wegen dort verlegter Leitungen kaum als Stauraum dienen. Da die Hubdachkonstruktion auch keine klassischen Hängeschränke zulässt, ist der Küchenstauraum sehr begrenzt. Immerhin, es gibt flexible Abhilfe in Form eines beigelegten Faltschranks für die Küche – weitere Exemplare mit unterschiedlicher Größe und Einteilung für Klamotten und Reiseutensilien können zugekauft werden.

Wenig Stauraum

Die Idee: Man belädt die Schranktaschen zu Hause in der Wohnung und platziert sie dann im Fahrzeug auf speziellen Ablagebrettern, die in einer Aluschiene an der Oberkante der Kabine beliebig positioniert werden können. Vor dem Dachabsenken für die Fahrt hängt man die Schränke dann unter die Bretter. Wegen des häufig nötigen Umsetzens sollte man die Stautaschen allerdings nicht zu schwer beladen. Schränke, die über der Sitzgruppe platziert werden, müssen zudem vor dem Dachbettausziehen entfernt werden.

Stauraum ist im Tourer CUV 500 LT ohnehin eher Mangelware. Der schlanke Wäscheschrank mit drei Fächern zwischen Sitzgruppe und Bad kann immerhin den Hängemöbelmangel ein Stück weit ausgleichen. Eine Kleiderstange findet sich darin nicht – dafür aber im Multifunktionsstauraum links hinten, der über schmale Türen von innen und außen zugänglich ist. Am Boden reicht das Fach bis zum Einstieg gegenüber, so dass auch lange Sportgeräte wie Skier unterkommen. Mit Campingmöbeln, Kabeltrommel, Auffahrkeilen, Kleinkram und ein paar Jacken ist der Raum aber ganz schnell gefüllt.

Für Schuhe und Ähnliches bietet sich noch die rechte Sitztruhe als Aufbewahrungsort an. Das war es dann aber auch, denn die linke Truhe ist mit Bordtechnik vollgestopft. Ein bis zwei Bordbatterien, Ladegerät und Booster, Batterietrennschalter und Sicherungen finden sich hier. Auch der Frischwassertank ragt von unten hinein. Typisch Knaus, ruht er zur anderen Hälfte in einer abgesenkten Bodenwanne und ist von außen durch ein spezielles Ver-und-Entsorgungsfach zugänglich, in dem sich auch die Ablassventile der Tanks und Leitungen sowie die Stromeinspeisung zentral finden.

Technik und Fahrverhalten

Außer dem Frostwächterventil, das zusammen mit der Diesel-Gebläseheizung in einem Bodenfach unter dem Gang installiert ist. Die wird im Wintereinsatz reichlich Brennstoff verfeuern müssen, denn der Stoffbalg am Hubdach besteht zwar aus mehreren Lagen, dämmt aber trotzdem weniger als eine Sandwichwand. Der übrige Aufbau ist mit Holzverstärkungen, EPS-Isolierung und Sperrholzboden für die Preisklasse ziemlich schlicht aufgebaut. Einzig die schicken Alurahmenfenster tun sich hervor.

Und wie fährt sich der Tourer CUV? Das VW-T 6.1-Cockpit mit all seinen Annehmlichkeiten lässt den Fahrer sich in einem kompakten Campingbus wähnen. Beim Blick in die kleinen Außenspiegel ohne Weitwinkelteil ruft sich der zwar relativ schlanke Aufbau, der aber dennoch deutlich breiter ist als das Cockpit, schnell wieder ins Bewusstsein. Die mangelnde Übersichtlichkeit nach hinten lässt das Fahrzeug unhandlicher erscheinen, als es aufgrund der kompakten Maße eigentlich ist. Angesichts der relativ großzügigen Zuladung für ein Zwei-Personen-Mobil ist es eine Überlegung wert, auf die 3,5-t-Auflastung zu verzichten. Denn die dafür nötigen Tauschfedern machen das ohnehin etwas poltrige Fahrwerk nicht unbedingt komfortabler.

Fraglich bleibt schließlich die Zukunft des Tourer CUV wegen des anstehenden Modellwechsels beim VW-Transporter. Ob dann weiterhin ein passendes Fahrgestell angeboten wird, ist ungewiss.

Daten und Messwerte

  • Auf- und Ausbau: Sandwich-Bauweise, Holz-Verstärkungen, außen Alu, Dach GfK, Boden Holz, innen foliertes Sperrholz, Isoliermaterial Wand/Dach/Boden EPS/EPS/EPS, Wandstärke Wand/Dach/Boden 31/50/40 mm, kein Doppelboden, 4 Kunststoff-Isolierfenster mit Alu-Rahmen, 2 Dachhauben, 1 Panorama-Dachfenster.
  • Bordtechnik: Diesel-Gebläseheizung/Boiler Truma Combi 4 D, 8 Ausströmer (2 x Fahrerhaus, 2 x Sitzgruppe, Bad, Einstieg, Frischwassertank, Abwassertank), Wasseranlage: Frischwasserschläuche, Abwasserrohre, Tauchpumpe.
  • Basisfahrzeug: VW T 6.1, Leiterrahmen, Vorderradantrieb, Vierzylinder-Turbo- diesel, Hubraum 1968 cm3, Leistung 110 kW/150 PS bei 3250/min, Drehmoment 340 Nm bei 1500/min, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (DSG).
  • Fahrleistungen: Beschleunigung 0–50/80/100 km/h 5,8/9,6/17,8 s; Wiederbeschleunigung (Automatik) 60–80/100 km/h 4,0/10,3 s; 80–100 km/h 6,6 s, Testverbrauch 9,1 L/100 km.

Preise und Ausstattung

Grundpreis: 85.790 Euro

(VW T 6.1, Motor 110 kW/150 PS) mit TÜV und Zulassungsbescheinigung II

Testwagenpreis: 104.950 Euro

  • ✘ CUVision-Paket: DSG-Autom., 17"-Räder, Abstandstempomat, LED-Scheinw., Naviceiver, Rückfahrkamera, Midi-Heki, Fliegentür, isol. AW-Tank, Markise u. a. (100 kg):✔ 9.200 Euro
  • ✘ Dachbett✔/3.+4. Fahrplatz (15/50 kg): 2.129/2.850 Euro
  • ✘ 3,5-t-Auflastung m. verstärkten Federn (10 kg): 2.290 Euro
  • ✘ Energy-Plus-Paket: 2. Bordbatt., Batteriesensor, verstärk. Ladegerät, Touchscreen-Kontrollbord (24 kg):✔ 1.090 Euro
  • Faltschränke für Küche/Kleidung je 220 Euro
  • Truma Combi 6 D/6 D E (16/17 kg): 394/1.258 Euro

✘im Testwagen enthalten; ✔empfehlenswert

Das fiel uns auf

(+) Markentypisches Ver- und Entsorgungsfach erübrigt die Sucherei nach Ablasshähnen und Anschlüssen.

(+) (-) Modernes Touchpanel, Lichtschalter mit Piktogrammen, unlogische Belegung.
(+) (-) Flexible Faltschränke als Hängeschrankersatz. Unterwegs ist manches Hin- und Herräumen nötig.
(+) (-) Großzügige Dachbett-Liegefläche, aber dünne Matratze und nur eine Hälfte mit Lattenrost.

(-) Kehrseite des flachen Aufbaus sind die niedrige Aufbautür und die tief angebrachte Markise.
(-) Die Faltverdunkelung per losen Stoffblenden im Fahrerhaus anzubringen, ist ziemlich mühsam.

Verbrauchswerte im Vergleich

Das Hubdach-Konzept verspricht Vorteile beim Fahren durch einen niedrigen Schwerpunkt und eine bessere Aerodynamik, allein schon wegen der kleineren Querschnittsfläche. Auf der rund 300 km langen promobil-Verbrauchsrunde mit etwa hälftigen Landstraßen- und Autobahnanteilen erreichte der Knaus Tourer CUV 500 LT einen Verbrauch von 9,1 L/100 km. Zur Einordnung des Werts sind in der Tabelle alle Testwagen aufgeführt, die in den letzten fünf Jahren auf der Testrunde einen Schnitt von unter 10 L/100 km erreichten.

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Klar zu sehen ist, dass Campingbusse deutlich unter 9 L/ 100 km bleiben können, während Teilintegrierte meist bei 9,5 L/ 100 km aufwärts liegen. Der Knaus reiht sich dazwischen ein. Kurios: Noch etwas weniger verbrauchte der Weinsberg X-Cursion Van 500 LT, also das Schwestermodell mit klassischem, hohem Aufbau. Was zeigt, dass natürlich auch noch andere Faktoren wie Wetter und Verkehr einen Einfluss haben. Ungewöhnlich: Beim Knaus lag der Autobahnverbrauch unter dem Landstraßenschnitt – mutmaßlich wegen der vergleichsweise guten Aerodynamik.

Wertung

maximal 5 Punkte möglich

Maßstab: Teilintegrierte über 75.000 Euro

  • Wohnen: 3,2 Punkte
  • Beladen: 3,3 Punkte
  • Technik: 3,3 Punkte
  • Fahren: 3,8 Punkte
  • Preis & Service: 2,7 Punkte

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