Bevor das Kind erstmals allein zur Schule gehen kann, steht viel Übung auf dem Programm. Dafür finden sich Eltern und Kinder besser rechtzeitig vorher zusammen und beachten ein paar Dinge. Der Verkehrspädagoge Josef Weiß von der Deutschen Verkehrswacht gibt Tipps.
Herr Weiß, wann weiß ich, dass mein Kind allein den Schulweg gehen kann?
Folgende Fragen helfen Eltern bei der Entscheidung: Traue ich meinem Kind zu, alleine zu gehen? Konzentriert es sich gut auf den Verkehr, oder lässt es sich noch sehr leicht ablenken? Hält es sich an vorher getroffene Absprachen? Weiß es, wie es sich in unvorhergesehenen Situationen - Baustelle, Ampelausfall, zugeparkter Radweg und so weiter - richtig verhält?
Und schließlich: Wie verhält sich mein Kind in einer Gruppe mit gleichaltrigen Kindern? Also passt es da auch auf oder rennt es einfach mit? Im Zweifelsfall: Mit Abstand einmal hinterhergehen und beobachten, wie sich das Kind verhält.
Wenn das Kind alleine gehen will und die Eltern bei den genannten Punkten sagen können, es ist alles okay, dann können sie das Kind alleine gehen lassen. Sie können gerne am Anfang noch mitgehen und lassen es zunächst nur das letzte Stück alleine gehen.
Es hängt aber auch vom Schulweg ab - wie gefährlich ist er? Wenn es zum Beispiel riesige Kreuzungen gibt, sind Erstklässler rasch noch überfordert und sollten den Weg noch in Begleitung von Erwachsenen zurücklegen. Aber es gibt auch Schulwege, die nicht besonders gefährlich sind, da kann man die Kinder natürlich auch früher allein gehen lassen.
Wann und wie trainieren Eltern am besten den Schulweg?
Eltern sind zunächst gefragt, einen Schulweg zu finden, der möglichst gefährliche Stellen umgeht. Der kürzeste Weg ist nicht immer der sicherste, aber er darf nicht zu lang werden. Da kann man auch in den Schulen nachfragen, da gibt's Schulwegpläne, die dabei helfen. Und dann üben sie den Weg durch mehrmaliges Gehen. Wir empfehlen fünf bis zehn Übungsgänge.
Ganz wichtig ist, dass Gefahrenpunkte wie etwa Kreuzungen oder Einfahrten alle einzeln mit dem Kind nacheinander besprochen werden. Kinder mit fünf, sechs Jahren können das gerade Gelernte noch nicht auf andere Situationen übertragen. Sie lernen also wirklich an dieser konkreten Ampel, an diesem konkreten Kreisverkehr, und haben noch nicht die Möglichkeit, so weit zu abstrahieren, dass sie das Gelernte auf den nächsten Kreisverkehr übertragen. Da muss man dann halt das Ganze noch mal machen.
Am besten beginnt das Training schon frühzeitig. Es sollte so wirklichkeitsnah wie möglich ablaufen, also zu Zeiten, an denen die Kinder später ihren Schulweg zurücklegen werden. Denn Sonntagnachmittag ist einfach eine andere Verkehrssituation als im Berufsverkehr morgens vor der Schule.
Zwischendurch einfach mal die Rollen tauschen. Also: Man geht den Schulweg ab und das Kind geht vorweg und erklärt, was wir machen und warum. Dann sehen sie relativ schnell: Weiß es, wo die Gefahren sind, kann es damit umgehen. Das ist dann die Probe aufs Exempel.
Was sind typische Fehler der Eltern und wie geht es besser?
Das eine ist: Eltern sind - ob sie wollen oder nicht - Vorbilder für die Kinder. Das heißt, ich sollte mich immer so verhalten, dass mein Kind sich auch so verhält. Ich kann dem Kind noch so viel erklären: Bleib' an der roten Ampel stehen. Wenn ich es dann eilig habe und mit dem Kind an der Hand über die rote Ampel renne, wird das Kind sich in einer ähnlichen Situation auch so verhalten.
Der andere Punkt sind die sogenannten Elterntaxis. Die meisten Grundschulen klagen über Probleme mit Elterntaxis, die morgens für viel Chaos und Verkehr vor den Schulen sorgen und andere Kinder behindern und gefährden. Wir raten dringend davon ab, Kinder mit dem Auto zur Schule zu fahren. Es ist gesünder, wenn das Kind zu Fuß geht, auch macht es so viel mehr nützliche Erfahrungen im Verkehr. Und besser für die Umwelt ist es auch.
Wenn man es aber doch fahren muss, gibt es in vielen Städten und Gemeinden inzwischen sogenannte Hol- und Bringzonen, wo die Eltern die Kinder sicher aussteigen lassen können. Die sind in der Regel 300 oder 400 Meter von der Schule entfernt, um stark erhöhtes Verkehrsaufkommen in Schulnähe zu vermeiden. Dann können Kinder zumindest das letzte Stück allein gehen. (dpa/Peter Löschinger/tar)
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