Schon Schulkinder können unter Depressionen leiden, wie die aktuelle Studie einer Krankenkasse belegt. Oft deutet der Arzt die Anzeichen richtig - für Eltern oder Lehrern ist dies aber schwieriger. So können Sie erkennen, ob Ihr Kind an einer Depression leidet.
Innere Unruhe, nagende Selbstzweifel, kaum Energie: Fast zwei Prozent der DAK-versicherten Schülerinnen und Schüler in Deutschland haben nach einer aktuellen Studie der Krankenkasse eine diagnostizierte Depression.
Für ihren aktuellen Kinder- und Jugendreport hat die Kasse dazu die Abrechnungsdaten von mehr als 370.000 Kindern und Jugendlichen zwischen zehn und 17 Jahren für das Jahr 2017 ausgewertet. Demnach diagnostizierten Ärzte bei 1,9 Prozent der Schüler eine zumeist mittelschwere depressive Episode und bei 2,2 Prozent eine Angststörung.
Fachärzte können die Anzeichen einer Depression bei Kindern und Jugendlichen oft erkennen. Für Eltern, Lehrer oder Erzieher ist das aber nicht immer einfach. Denn vorübergehende Symptome wie Traurigkeit und Niedergeschlagenheit sind zum Beispiel auch ein Teil der Pubertät.
Die Deutsche Depressionshilfe listet Besonderheiten in der Symptomatik nach Altersgruppen auf:
Kleinkinder zwischen einem und drei Jahren
Vermehrtes Weinen, ausdrucksarmes Gesicht - auch wenn ein Kleinkind eine erhöhte Reizbarkeit aufweist und überanhänglich ist, können dies Symptome einer Depression sein.
Das Kind kann schlecht alleine sein, auch selbststimulierendes Verhalten wie Schaukeln des Körpers oder exzessives Daumenlutschen sind typisch, ebenso wie Teilnahmslosigkeit, Spielunlust oder auffälliges Spielverhalten, gestörtes Essverhalten und Schlafstörungen.
Vorschulalter von drei bis sechs Jahren
Typische Symptome im Vorschulalter sind: ein trauriger Gesichtsausdruck, verminderte Gestik und Mimik, das Kind ist leicht irritierbar, stimmungslabil, auffällig ängstlich, hat mangelnde Fähigkeit, sich zu freuen.
Auch Teilnahmslosigkeit und Antriebslosigkeit, introvertiertes Verhalten, vermindertes Interesse an motorischen Aktivitäten, innere Unruhe und Gereiztheit, unzulängliches oder auch aggressives Verhalten, Ess- und Schlafstörungen gehören zu den klassischen Hinweisen.
Schulkinder zwischen sechs und zwölf Jahren
Ihr Kind berichtet Ihnen von Traurigkeit, Denkhemmungen, Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisstörungen? Wenn dies bei Schulkindern bis zwölf Jahren der Fall ist, könnten sie unter Depressionen leiden.
Typisch für Depressionen sind in diesem Alter auch: Schulleistungsstörungen, Zukunftsangst, Ängstlichkeit, unangemessene Schuldgefühle und unangebrachte Selbstkritik, psychomotorische Hemmungen wie langsame Bewegungen und eine in sich versunkene Haltung, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Suizidgedanken.
Pubertät: Jugendliche zwischen 13 bis 18 Jahren
Die Pubertät ist eine schwierige Zeit. Ob das Verhalten Ihres Kindes noch "normal" ist oder es unter einer Depression leidet, lässt sich anhand dieser Anzeichen ausfindig machen: vermindertes Selbstvertrauen, Selbstzweifel, Ängste, Lustlosigkeit und Konzentrationsmangel. Aber auch: Stimmungsanfälligkeit, tageszeitabhängige Schwankungen des Befindens, Leistungsstörungen, das Gefühl, sozialen und emotionalen Anforderungen nicht gewachsen zu sein, Gefahr der Isolation und des sozialen Rückzugs, psychosomatische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Gewichtsverlust, Schlafstörungen und Suizidgedanken.
Diese Kinder sind besonders gefährdet
Die Zahlen der Kasse zeigen Zusammenhänge, die ähnlich bereits in anderen Studien belegt wurden: So steigt laut Report das Depressionsrisiko bei Kindern und Teenagern, wenn bereits Elternteile psychisch oder anders chronisch erkrankt sind.
Auch eine eigene chronische Erkrankung, Adipositas, Diabetes, Asthma und Schmerzen können das Depressionsrisiko bei jungen Menschen laut Bericht erhöhen. Für Jungen geht die DAK davon aus, dass Depressionen oft nicht erkannt werden: Wie erwachsene Männer bagatellisierten sie häufig seelische Probleme.
Wie der Psychiater und Vorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Ulrich Hegerl, sagt, erkranken Mädchen ab der Pubertät und Frauen generell häufiger an Depressionen.
Die eigene Familie scheint Kinder umgekehrt auch vor Depressionen schützen zu können: Besonders ausgeprägt zeigte sich das in den Kassendaten von Akademikerfamilien. Vermutlich könnten sie ihren Kindern Bildung und soziale Sicherheit bieten, heißt es von der DAK. Das mache den Nachwuchs möglicherweise widerstandsfähiger gegen psychische Leiden. (dpa/af)
Eltern von Betroffenen können sich bei der Deutschen Depressionshilfe zu Depression im Kindes- und Jugendalter über die Erkrankung informieren.
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