- Sich als Frau in einer von Männern dominierten Branche durchzusetzen, kann eine ganz schöne Herausforderung darstellen.
- Patriarchale Strukturen und immer noch festsitzende Stereotypen und Klischees können einem den Alltag als Gründerin in einer solchen Branche erschweren.
- Die Gründerin und Geschäftsführerin Jenny berichtet im Interview über Herausforderungen während ihrer Laufbahn, Diskriminierung bei der Arbeit und schwierige männliche Kollegen.
Vor bereits 16 Jahren hast du dein Unternehmen twentyfour logistics gegründet. Wie kam es zu der Entscheidung, dich selbstständig zu machen?
Jenny: Damals habe ich bereits in einem ähnlichen Unternehmen gearbeitet, mein erster Job quasi nach der Geburt meines zweiten Kindes. Und dieser Job machte mir einfach wahnsinnig viel Spaß, weil ich dort sowohl meine kaufmännischen Fähigkeiten unter Beweis stellen als auch mein technisches Interesse ausleben konnte. Ich bin nämlich auch so ein kleiner Technik- und Auto-Freak und konnte so in der Spedition beides vereinen. Das hat mich einfach sehr angesprochen und somit war ich auch sehr erfolgreich in meinem Job. Dadurch entstand irgendwann der Gedanke, dass ich das in der Zukunft noch besser machen möchte und so entschied ich mich dann dazu, mich selbstständig zu machen.
Bei der Gründung hattest du zwei Kinder im jungen Alter, dein Mann war voll berufstätig. Stieß die Gründung deiner Firma damals auf Gegenwehr und Negativität in deinem Umfeld?
Also, generell hatte ich schon eine Menge Unterstützung. Meine Mutter und auch meine Freundinnen haben oft auf meine Kinder aufgepasst. Außerdem hatten wir zu dem Zeitpunkt ein Au-pair-Mädchen in der Familie, das uns täglich unterstützte. Dafür entschieden wir uns, damit die Kinder nicht so viel allein sind und uns jemand da vertreten kann. Die Gegenwehr war allerdings schon auch spürbar, auch von meinem Mann. Der wollte das eigentlich eher nicht, weil es durch sein Einkommen finanziell nicht nötig war. Aber mir ging es nicht um die finanzielle Situation, sondern auch um die Selbstverwirklichung. Ich wollte halt nicht nur zu Hause sein.
Hattest du Zweifel daran, dir als Frau in dieser Männerbranche ein Standbein aufzubauen?
Ehrlich gesagt nein. Ich hatte eigentlich nie Zweifel. Ich habe immer davon gesprochen, dass ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe. Ich bin wahnsinnig gerne arbeiten gegangen und gehe ich auch immer noch sehr gerne. Ich fühle mich in meinem Job und in meiner Firma sehr wohl und sehr angenommen. Natürlich gab es in den vergangenen 16 Jahren Situationen, die mich runtergezogen haben, aber gezweifelt habe ich nie.
Wo gab es Herausforderungen in deiner Laufbahn? Denkst du, sie hängen auch damit zusammen, dass du eine Frau bist?
Ja, definitiv (lacht). Gerade in der Logistik: Wir hantieren hier mit großen LKW, mit Sattelschleppern und mit wahnsinnig viel Gewicht – viele Tonnen, die wir täglich bewegen. Und da es nun mal immer noch eine männerdominierte Branche ist, wird die Frau als solche oft nur schwer wahrgenommen. Einem wird das einfach nicht zugetraut, weder, dass man LKW fahren kann, noch, dass man weiß, wie man einen LKW laden muss und so weiter. Die sind der Meinung, ich könnte das nicht. Deswegen habe ich auch selbst meine LKW gefahren, um meinen Mitarbeitern zu zeigen: Jungs, mir macht ihr nichts vor. Und ich glaube, das hat mir auch immer viel Respekt eingebracht und somit wurde ich dann ernst genommen. Generell ist das mittlerweile aber auch schon besser als vor 16 Jahren.
Triffst du oft auf Diskriminierung gegenüber Frauen bei deiner Arbeit?
Ja. Ich habe männliche Mitarbeiter in meiner Firma. Und es gibt Kunden, die heute noch zu mir am Telefon sagen, ob ich sie bitte zu einem meiner Mitarbeiter durchstellen kann. Es gibt also immer noch Menschen, die akzeptieren das so nicht. Sicherlich hat es in den ersten Jahren aber häufiger stattgefunden und auch heftiger und direkter. Heutzutage ist es weniger geworden. Auch in den Firmen, mit denen wir zusammenarbeiten, gibt es immer mehr weibliche Angestellte. Es hat sich ein wenig geändert und ein positiver Wandel ist erkennbar.
Wie ist die Situation in deinem Unternehmen? Hast du auch Kolleginnen? Und ist es schwierig, Mitarbeiterinnen in dieser Branche zu finden?
Im Fahrerpool ist es schwierig, Frauen einzustellen, da gibt es einfach nicht so viele. Hier im Innendienst war ich viele Jahre die einzige Frau, seit circa sechs Jahren habe ich eine Kollegin hier im Haus und das ist total schön. Und auch beim Bewerbungsprozess sind es mittlerweile doch auch mehr Frauen geworden. Das ist eine wirklich schöne Entwicklung.
Abschließend: Was würdest du anderen Frauen raten, die sich in einer männerdominierten Branche etablieren und selbstständig machen möchten?
Am Anfang habe ich mit den Männern darüber diskutiert – und das habe ich irgendwann aufgehört. Ich habe einfach gezeigt, dass ich es kann und habe aufgehört, die Männer oder Kunden überzeugen zu wollen. Zu Beginn war das anders, da bin ich in die Diskussion gegangen und habe kämpfen müssen. Das sind meistens allerdings Kämpfe, die leider keinen Erfolg haben. Und deswegen habe ich aufgehört, da zu kämpfen. Ich war dann irgendwann selbstbewusst genug und habe dann gemerkt: Ok, komm, ich brauche die doch gar nicht. Aber bis zu dieser Erkenntnis war es natürlich kein leichter Weg.
Ein interessanter Einblick, vielen Dank für das nette Gespräch, Jenny!
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