Er wurde nur 20 Jahre alt – doch bis heute ist Totilas das bekannteste Dressurpferd der Welt. Und der Rappe fasziniert auch vier Jahre nach seinem Tod – auch, weil mittlerweile seine Totilas‘ Nachkommen erfolgreich sind. Hier die Geschichte vom "Wunderhengst", die kein Happy End hatte…

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Er war ein Megastar auf vier Hufen: Das Pferd Totilas galt als "Wunderhengst". Mit seinem Reiter Edward Gal führte er fast zwei Jahre lang die Weltrangliste an, stellte Weltrekorde auf, wurde insgesamt dreimal Weltmeister, zweimal Europameister, holte zwei Goldmedaillen bei den Weltreiterspielen und siegte einmal im Weltcup. Auch außerhalb des Vierecks sorgte der Rappe für Schlagzeilen – als teuerstes Dressurpferd der Welt.

Doch so plötzlich, wie Totilas im Rampenlicht auftauchte, erlosch auch sein Sieger-Image. Es folgte eine sportliche Achterbahnfahrt, das Karriere-Aus – und dann sein überraschender Tod. Doch auch danach blieb Totilas in den Schlagzeilen. Und bis heute fasziniert er.

Streit um Totilas Nachkommen.
Streit um Totilas Nachkommen. © Foto: pixabay.com/Henry_stJohn (Symbolfoto)

Wie alles begann

Schon beim ersten Weidegang war sich der niederländischen Züchter Jan Schuol sicher: Vor ihm steht ein ganz besonderes KWPN-Hengstfohlen. "Seine Haltung war sofort da!", erklärte er später in Interviews. Früh ging es für den Rappen Moorlands Totilas ins Viereck – und um Erfolge. Mit fünf wurde er Vierter bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde. Ein Jahr später die Entscheidung, die das Leben des Hengstes für immer veränderte: Edward Gal stieg in seinen Sattel.

Der Niederländer galt als erfolgreicher Dressurreiter. Doch damals, im Jahr 2006, stand er im Schatten seiner Landsfrau Anky van Grunsven. Sie lieferte sich auf internationaler Ebene spannende "Duelle" mit Isabell Werth. Alle Augen waren auf die Powerfrauen gerichtet. Doch das sollte sich ändern – durch Totilas.

Der Hype um den "Wunderhengst"

2008 feierten Gal und Totilas die ersten großen Erfolge, darunter den Prix St.Georges beim CHIO Aachen. Der Auftritt im Aachener Viereck katapultierte den Hengst endgültig ins Rampenlicht. Und ein Jahr später war der gerade neunjährige Totilas der Wunderhengst. Mit Gal stellte er mehrere Weltrekorde auf, das Duo gewann alles, was es zu gewinnen gibt. Totilas wurde als Jahrhundertpferd gefeiert, als "Wunderhengst". Nach jedem Auftritt überschlug sich die Presse: Totilas wurde als "lackschwarzer Zauberer mit seinen weißen Ballettschuhen" bezeichnet…

Nur der Besitzer darf Totilas Samen verkaufen.
Nur der Besitzer darf Totilas Samen verkaufen. © Foto: pixabay.com/Henry_stJohn (Symbolfoto)

Totilas begeisterte Zuschauer – trotz Diskussion

Nicht nur in der Presse wurde Totilas zum Star: Er sorgte auch für einen Boom bei den Zuschauerzahlen. 2010 musste beim CHIO Aachen das mit rund 5.000 Zuschauerplätzen bereits sehr große Stadion wegen des Besucheransturms abgeriegelt werden.

Gleichzeitig wurde die Diskussion um Totilas immer lauter. Sein Bewegungsablauf sorgte bei den einen für Ektase, andere kritisierten ihn als unnatürlich. Und die kritischen Stimmen wurden lauter: "Vorne tritt er Lampen aus, hinten passiert dagegen fast nichts." Doch die Richter vergaben eine Traumnote nach der nächsten. Und auch der Vorwurf des Rollkur-Trainings ändert nichts an der Beliebtheit des Teams Gal und Totilas.

Ein neuer Reiter – der Anfang vom Ende…

2010 sorgte die Nachricht weltweit für Schlagzeilen: Totilas wurde verkauft. Neue Besitzer waren Paul Schockemöhle und Ann-Kathrin Linsenhoff. Angeblich sollen sie zehn Millionen Euro für Totilas gezahlt haben – damit wurde der "Wunderhengst" zum teuersten Dressurpferd der Welt. Mit dem Besitzerwechsel kam auch ein Reiterwechsel: Statt Gal saß nun Matthias Alexander Rath im Sattel – der Stiefsohn von Linsenhoff.

Mit den neuen Besitzern sollte Totilas endgültig zum Mega-Star auf vier Hufen werden. Alleine die Präsentation des neuen Teams wurde zum Spektakel: Lichteffekte, künstlicher Nebel – und dann waren Totilas und Rath da. Und der Hengst sollte zum Verkaufsschlager werden. Nicht nur sein Sperma sollte viel Geld bringen, auch mit Shirts, Tassen und Co. sollte das Geschäft blühen. Sogar eine eigene Homepage hatte Totilas. Und noch ein Ziel war klar: Mit Totilas wurde eine Gold-Medaille bei Olympia gekauft. Doch es kam anders – ganz anders.

Totilas hat mehr als 1.000 Nachkommen.
Totilas hat mehr als 1.000 Nachkommen. © Foto: pixabay.com/caropat (Symbolfoto)

Dabei ging es durchaus gut los. Bei den Deutschen Meisterschaften in Balve 2011 gewannen Rath und Totilas den Titel, auch beim CHIO in Aachen siegten sie. Alles schien nach Plan zu laufen. Doch dann der Rückschlag: Die erhoffte Einzelmedaille beim ersten gemeinsamen Championat, den Europameisterschaften in Rotterdam (NED), ging an ein anderes Team.

Das plötzliche Karriere-Ende

Immer wieder sorgten Verletzungen von Totilas für Schlagzeilen. Bei den seltenen Auftritten wurde immer deutlicher: Die Harmonie zwischen Reiter und Pferd stimmt nicht. Stimmen, die von einem überforderten Reiter sprachen, wurden lauter. Ein neuer Trainer sollte helfen. Doch mit ihm kamen neue Schlagzeilen. Denn Sjef Janssen und seine Trainingsmethoden waren umstritten, schließlich nutzte er eine Variante der Rollkur, sozusagen "Rollkur light". Und auch der Olympia-Traum platzte: Rath wurde krank. Danach verschwand Totilas fast zwei Jahre aus der Öffentlichkeit.

2014 gab es ein kurzes Comeback und die nächste Verletzung von Totilas. 2015 sollte es dann aber wirklich klappen. In Hagen gab es zwei Siege, das Paar wurd für die deutsche Mannschaft bei der EM in Aachen genannt. Dort holten sie zwar Bronze, doch es fiel auf, dass der "Wunderhengst" nicht rund lief. Nach dem Wettkampf wurde ein Knochenödem bei ihm festgestellt. Kurz darauf dann die Entscheidung: Totilas wurde vom Leistungssport zurückgezogen.

Für viel Geld wechselte Totilas Sohn den Besitzer.
Für viel Geld wechselte Totilas Sohn den Besitzer. © Foto: pixabay.com/Henry_stJohn (Symbolfoto)

Streit um den "Wunderhengst" noch nach seinem Tod

Nach seinem sportlichen Aus sollte Totilas auch als Rentner weiter Geld verdienen – durch seine Deck-Einsätze. Am 14. Dezember 2020 dann der Schock: Totilas litt an einer Kolik. Es folgte eine Operation, nach der er zuerst auch wieder aufstand. Doch am späten Abend verstarb der Hengst, der Millionen Menschen begeistert hatte. Und auch nach seinem Tod findet der "Wunderhengst" keine Ruhe. Es begann ein Dauerstreit vor Gericht um die Frage: "Wem gehört Totilas‘ Sperma?". Denn auch wenn der "Wunderhengst" nicht mehr lebt, gibt es noch sein Tiefkühl-Sperma. Das Problem dabei: Nicht nur Paul Schockemöhle hat das wertvolle Gut – auch Vorbesitzer Kess Visser besaß noch 240 Dosen TK-Samen. Und die könnten noch einmal für Tausende Fohlen reichen, so Visser. Bei einem Preis von damals rund 4.000 Euro für die erfolgreiche Besamung weiterhin ein Millionen-Geschäft.

Schockemöhle klagte und gewann vor einem Jahr: Das Landgericht Oldenburg entschied, dass ausschließlich Paul Schockemöhle Sperma des Ausnahmehengstes verkaufen darf. Visser gab nicht auf. Erst legte er beim Oberlandesgericht Berufung ein. Das gab zwar ebenfalls Schockemöhle recht – räumte aber gleichzeitig ein, dass auch das niederländische Gericht für den Streit zuständig sei. 2023 dann die Entscheidung in Arnheim: Auch diese Richter entschieden zugunsten von Schockemöhle. Demnach sei er der rechtmäßige Besitzer von Totilas – und hat damit auch das alleinige Recht, den Samen zu verkaufen.

Totilas und seine Nachkommen

Mehr als 1.000 Nachkommen von Totilas gibt es. Schon 2012 sorgte der erste Nachfahre für Schlagzeilen: Total Recall wurde bei der Auktion in Vechta zum bis dahin teuersten Fohlen, das jemals auf einer Auktion verkauft wurde. Für 200.000 Euro wechselte der Totilas-Sohn den Besitzer. Mehr als 30 Totilas-Nachkommen wurden gekört.

Totals war das teuerstes Dressurpferd der Welt.
Totals war das teuerstes Dressurpferd der Welt. © Foto: pixabay.com/Henry_stJohn (Symbolfoto)

Ein Totilas-Sohn sorgt aktuell für Aufmerksamkeit: Thiago, zehn Jahre alt. Matthias Alexander Rath stellte ihn im Juni vergangenen Jahres bei der Deutschen Meisterschaft vor, holte sich das EM-Ticket für die deutsche Mannschaft – und mit dem Team die Silbermedaille. Und auch Edward Gal setzte auf einen Totilas-Sohn: Mit Toto Jr. wurde er 2020 Niederländischer Meister, 2024 zeichnete der Hannoveraner Zuchtverband den Hengst mit dem Grande-Preis aus.

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Durch seine Nachkommen bleibt die Faszination Totilas lebendig. Doch auch sein Schicksal bewegt noch heute die Menschen: Der Wunderhengst, der im Sport neue Maßstäbe setzte und gleichzeitig zum Millionen-Geschäft wurde…  © Pferde.de

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