Den sticht der Hafer – dieses Sprichwort kennt wohl jeder. Natürlich kommt es aus der Reiterei und traf meistens Pferde, die sehr übermütig waren. Und viele Reiter sind überzeugt, dass tatsächlich Hafer ihr Pferd "wild" macht.

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Dabei hat Hafer von allen Getreidesorten den höchsten Faseranteil, regt also das Kauen an und tut der Verdauung gut. Dazu enthält er die am besten verdauliche Stärke und kann deswegen im Ganzen verfüttert werden. Wild werden Pferde nicht davon. Das liegt vielmehr oft daran, dass Freizeitpferde schlicht zu viel Kraftfutter bekommen und entsprechend dann vor Kraft strotzen. Kurz: Hafer ist als Kraftfutter eine sehr gute Wahl.

Hier kommen zehn weitere Irrtümer rund ums Pferd:

1. Trockenes Brot dürfen Pferde nicht fressen

Jein. Denn tatsächlich ist für Pferde Brot nicht gleich Brot. Die meisten Brotsorten bestehen aus Weizen- oder Roggenmehl. Fütterst Du zu viel davon, kann es zu Verdauungsstörungen, Fehlgärungen bis hin zu Hufrehe kommen. Der Grund: Ein Übermaß an Stärke kann nicht im Dünndarm verdaut werden und bringt im Dickdarm die Darmflora aus dem Gleichgewicht.

Daher eignet sich Brot nicht für leichtfuttrige oder an EMS leidende Pferde. Auf der anderen Seite: Brot ist rohfaser-, mineralstoff- und vitaminarm, dafür ist es sehr energiereich und gut verdaulich. Daher ist ein Stückchen Brot als Belohnung durchaus okay – wenn es ganz trocken und nicht angeschimmelt ist.

Brot ist schlecht für Pferde.
Brot ist schlecht für Pferde. © Foto: pixabay.de/Henrikas Mackevicius (Symbolbild)

2. Haut-Sache: Pferde spüren weniger Schmerzen als Menschen

Falsch! Auch wenn manch einer glaubt, dass Pferdehaut dicker und unempfindlicher als Menschenhaut ist – das stimmt nicht. Eine Gruppe australischer Wissenschaftler hat bei einer Untersuchung erstaunliches festgestellt. So ist Pferdehaut tatsächlich dicker als menschliche Haut – aber gerade mal 0,8 Millimeter. Dafür ist die Epidermis von Pferden – also die oberste Schicht des Hautgewebes, in dem sich die schmerzempfindlichen Nervenzellen befinden – bei Pferden dünner als bei Menschen. "Die Haut des Pferdes an ihrer Flanke, wo die Gerte auftrifft – ist möglicherweise noch schmerzempfindlicher als jene des Menschen", sagt Veterinär-Pathologin Dr. Lydia Tong.

3. Bandagen schützen Pferdebeine

Jein. In erster Linie sind Bandagen eine Frage der Optik. Als Schutz der Pferdebeine sind sie jedoch nicht die erste Wahl, da sie lediglich ein bisschen schützen. Dafür kann ihr eigentlicher Vorteil durchaus auch zur Gefahr werden: Bandagen sorgen für warme und geschmeidige Sehnen – und können zum Hitzestau führen. Ganz wichtig: Bandagen dürfen nicht zu eng sitzen, da sie dann den Lymphfluss im Pferdebein beeinträchtigen. Und Du musst sie nach dem Training sofort abnehmen.

Bandagen werden oft aus optischen Gründen benutzt.
Bandagen werden oft aus optischen Gründen benutzt. © Foto: pixabay.de/Pezibear (Symbolfoto)

4. Weiße Hufe sind schlechter als dunkle

Nein, die Farbe der Hufe ist keine Frage der Qualität. Es ist schlicht eine Frage der Farbpigmente. Genauer: In weißen Hufen sind keine Farbpigmente enthalten. Das führt dazu, dass wir Druckstellen, Hämatome und andere Veränderungen besser und schneller sehen. Und genau das hat dazu geführt, dass weiße Hufe als "schlecht" gelten. Dabei sind die "farblosen" Hufe genauso gut wie dunkle Hufe. Übrigens: Von Natur aus gibt es keine weißen Hufe – sie sind erst durch die Zucht entstanden.

5. Pferdezähne wachsen ein Leben lang

Falsch! Pferde haben auch erst Milchzähne und danach ein dauerhaftes Gebiss wie wir Menschen. Und die wachsen tatsächlich jedes Jahr weiter. Aber nicht ein Pferdeleben lang, sondern nur etwa bis zum Alter von acht Jahren. Danach stoßen die Wurzeln jährlich zwei bis drei Millimeter nach.

6. Pferde brauchen im Winter eine Decke

Nein. Pferde haben eine ausgezeichnete Thermoregulation und benötigen bei natürlicher Haltung im Prinzip keine Decken. Im Gegenteil: Das Eindecken bringt die Thermoregulation aus dem Gleichgewicht. Viele Pferdebesitzer gehen jedoch von ihrem eigenen Kälteempfinden aus und möchten, dass auch ihr Partner auf vier Hufen es mollig warm hat. Aber: Pferde frieren nicht so schnell wie wir Menschen. Im Gegenteil: Sind sie an Kälte gewöhnt und haben sie einen Wetterschutz zur Verfügung, kommen die meisten erwachsenen Pferde mit Temperaturen bis etwa minus 15 Grad ohne Decke gut klar. Sinnvoll ist eine Decke jedoch bei älteren, mageren oder kranken Pferden.

7. Pferde haben eine größere Lunge als Menschen

Jein. Klar ist: Die Pferdelunge ist riesig. Nur: im Verhältnis zum Körpergewicht ist sie genauso groß wie beim Menschen. Trotzdem gibt es einen deutlichen Unterschied: Pferde haben ein langes Gaumensegel, deshalb können sie nicht den Mund ein- oder ausatmen. Im Galopp ist die Atemfrequenz übrigens synchron zu den Galoppsprüngen. Denn der Atemzug wird durch die Vor- und Rückwärtsbewegung der Eingeweide gesteuert. Ein Rennpferd, das 130 Galoppsprünge pro Minute erreicht, macht also 130 Atemzüge pro Minute.

8. Kalt abspritzen fördert Kreuzverschlag

Früher hieß es: Pferde dürfen nach dem Training nicht kalt abgespritzt werden – sonst bekommen sie Kreuzverschlag. Das haben US-Forscher jedoch als Irrtum entlarvt. Bei ihrer Untersuchung mit Rennpferden konnten sie sogar nachweisen, dass die kalte Dusche die Regeneration unterstützt. Aber: Fang mit dem kalten Wasser nicht an der Brust, dem Hals oder dem Rücken an. Um den Kreislauf stabil zu halten, solltest Du immer mit den Beinen beginnen, diese ordentlich abspritzen und Dich dann langsam nach oben bewegen. Beginne bei den Beinen immer möglichst weit weg vom Herzen. Du solltest Dein Pferd in dieser Reihenfolge abduschen: hinten rechts, hinten links, vorne rechts, vorne links.

Eine kalte Dusche fördert die Regeneration.
Eine kalte Dusche fördert die Regeneration. © Foto: pixabay.com/Christel Sagniez

9. Pferde haben die gleichen Blutgruppen wie Menschen

Falsch! Menschen haben nur vier Blutgruppen (A, B, AB und 0). Bei Pferden sind aktuell acht Blutgruppensysteme bekannt: A, B, C, D, K, P, Q und U. Und mit über 30 Faktoren zur Bestimmung der Antigene hat nur eines von 400.000 Pferden wirklich genau die gleiche Blutgruppe.

10. Die Herde wird von einem Hengst angeführt

Sorry, liebe Männer – aber das stimmt nicht! In der gemischten Herde gibt es natürlich einen Leithengst – aber auch eine Leitstute. Sie ist meist älter, selbstsicher und auch besonnen. Ihr Job: Sie ist das eigentliche Leittier, führt die Herde an, bestimmt den Tagesablauf und trifft die Entscheidung zur Flucht.

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Der Hengst hat dagegen die Aufgabe, die Herde zu beschützen. Er bildet die Nachhut, treibt die anderen Pferde an und passt auf, dass niemand verloren geht. Und er verteidigt die Herde gegen Angreifer – und sorgt auch dafür, dass kein anderer Hengst ihm seine Herde klaut…  © Pferde.de

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