Dass Raben extrem schlaue Tiere sind, dürfte niemanden überraschen: Raben können zählen, sie können vorausschauend planen und sie schließen andere Raben aus ihrer Gruppe aus, wenn sich diese unsozial verhalten. Aber sind Raben so schlau wie die ebenfalls sehr cleveren Menschenaffen? Das haben Forscher der Universität Osnabrück untersucht.

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Dafür untersuchte ein Team um die Kognitionsbiologin Simone Pika die Intelligenz von acht Kolkraben im Alter von vier, acht, zwölf und 16 Monaten und verglichen sie mit den Ergebnissen von Orang-Utans und Schimpansen.

Weil Raben aber – anders als Affen – keine Hände haben und immer ihren Schnabel zu Hilfe nehmen können, passten sie eine Testbatterie, die ursprünglich für Affen entwickelt wurde, für den Einsatz bei Vögeln an.

Intelligenztest mit Hütchenspiel

"Um zum Beispiel herauszufinden, ob Raben wissen, wo sich Futter befindet, haben wir Leckereien unter einem Becher versteckt und ihn zwischen anderen Bechern hin und her bewegt wie bei einem Hütchenspiel. Ein Rabe wählt einen Becher aus, indem er mit seinem Schnabel dagegen pickt oder mit dem Schnabel auf ihn zeigt, ein Schimpanse würde dies dagegen mit seinen Fingern machen", erklärt Miriam Sima, eine der Autorinnen der Studie, die im Dezember 2020 Wissenschaftsmagazin "Scientific Reports" erschienen ist.

Die Raben mussten neun Aufgaben meistern.
Die Raben mussten neun Aufgaben meistern. © Foto: unsplash.com/John Cobb (Symbolfoto)

In insgesamt neun Aufgaben stellten die Forscher die Intelligenz und die Empathie der Vögel auf die Probe. Dabei mussten die Vögel unter anderem ihre Fähigkeiten im räumlichen Denken beweisen und Kausalketten erkennen.

Auch die soziale Intelligenz der Tiere wurde untersucht. Dafür mussten sie Gesten und Blicke von Menschen richtig deuten.

Unentschieden: Menschenaffen und Raben sind in etwa gleich schlau

Und das Ergebnis der Untersuchung? Unentschieden! "Der quantitative artenübergreifende Vergleich ergab, dass die kognitive Leistung unserer Vögel mit Ausnahme der räumlichen Fähigkeiten mit der von Orang-Utans und Schimpansen vergleichbar war", heißt es in der Studie.

Aber warum schneiden Raben ausgerechnet beim räumlichen Sehen – eine Fähigkeit, die beim Fliegen ziemlich wichtig ist – schlechter ab als Menschenaffen? Dafür haben die Wissenschaftler mehrere Erklärungsansätze: Zum einen könne es daran liegen, dass die Übertragung des Affen-Intelligenztests auf Vögel in diesem Bereich Schwäche aufweisen könne, außerdem sei es möglich, dass sich die entsprechenden Fähigkeiten bei Raben erst nach dem 16. Lebensmonat ausbildet. Ältere Tiere wurden für die Studie schließlich nicht untersucht.

Eine weitere Erklärung könnte das Sozialleben der Raben liefern, das stark von Konkurrenzverhalten geprägt ist. "Raben und andere Rabenvögel haben ein hochgradig von Konkurrenz geprägtes Sozialleben", erklären sie gegenüber "Sciencexx".

In freier Wildbahn führen sie Artgenossen, mit denen sie um Futter konkurrieren, mit absichtlichen Täuschungsmanövern in die Irre. Möglicherweise – so vermuten es Pika und ihre Kollegen – haben die Raben absichtlich die falschen Verstecke ausgewählt, um etwaige Konkurrenten zu täuschen.

Raben sind nicht nur schlau, sie entwickeln sich auch schnell

Aber Pika und ihr Team hat noch eine weitere interessante Entdeckung gemacht. "Die Ergebnisse zeigten, dass sich die kognitive Leistung unserer Raben über die vier untersuchten Zeitpunkte von vier, acht, zwölf beziehungsweise 16 Monaten nicht änderte", heißt es in der Studie. Mit anderen Worten: Vier Monate alte Raben sind genauso schlau wie 16 Monate alte. Die Vögel entwickeln sich also sehr schnell.

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"Im Alter von vier Monaten sind Rabenkinder schon relativ selbstständig und fangen an, sich für Nichtbrüterverbände zu interessieren. Folglich müssen sie vor allem kognitiv für diese neuen Herausforderungen gewappnet sein", erklärt Studienleiterin Pika.  © Deine Tierwelt

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