Viele, die mit einem Haus- oder Wohnungskauf liebäugeln, schrecken wegen der steigenden Zinsen nun zurück. Was aber machen all jene, die ihren Baukredit zu Niedrigzinsen abgeschlossen haben und in den nächsten Jahren eine Anschlussfinanzierung brauchen? Das Wichtigste: Nicht die Augen verschließen, sondern sich früh kümmern.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es gibt Dinge im Leben, die ich bereue. Nicht alle davon gehören hierher. Unter den Top Ten ist auf jeden Fall die Tatsache, dass ich Anfang der 2000er-Jahre keine Wohnung gekauft habe. Und: Dass ich während der Niedrigzinsphase zehn Jahre später immer noch keine Wohnung gekauft habe.

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Nicht bereuen muss ich immerhin, dass ich derzeit nicht plane, eine Wohnung zu kaufen – und wie mir geht es vielen Menschen. Mein Bekanntenkreis teilt sich in zwei Gruppen: Die, die froh sind, in den letzten Jahren etwas gekauft zu haben – und die anderen, die sich auf viele weitere Jahre als Mieterinnen und Mieter einstellen.

Steigende Zinsen und hohe Immobilienpreise

Steigende Zinsen und die ohnehin sehr hohen Immobilienpreise vermiesen potenziellen Käuferinnen und Käufern nachhaltig die Laune – und den Kreditbanken das Geschäft. Im vierten Quartal 2022 hat sich die Kreditvergabe für Häuser und Eigentumswohnungen im Vergleich zum Vorjahr halbiert. Das ist keine Kaufzurückhaltung, das ist ein ausgewachsener Käuferstreik.

Kein Wunder, blickt man auf die Zahlen: In gefragten Regionen gelten Häuser und Familienwohnungen schon als Schnäppchen, wenn der Preis unter der magischen 500.000er-Schwelle liegt. Bei Zinsen von derzeit knapp unter vier Prozent landen Kaufwillige schnell bei Monatsraten um 2.000 Euro. Das sind Zahlen, die eine Mietwohnung plötzlich wieder wie ein kleines Paradies erscheinen lassen.

Doch da gibt es noch die andere Gruppe, die sich nicht einfach in den Streik begeben kann: All jene, deren derzeitige Finanzierung demnächst ausläuft und die sich daher auf die Suche nach einem Anschlusskredit machen müssen. Ein Vergnügen ist das nicht, aber, wie meine Oma immer sagte: Muss ja.

Einen Lichtblick gibt es immerhin: Mit guter Vorbereitung lässt sich bei der Anschlussfinanzierung Geld sparen. Um später nichts bereuen zu müssen, ist das Wichtigste: Nicht verdrängen, sondern früh anfangen – in Zeiten steigender Zinsen können mehrere Jahre Vorlaufzeit sinnvoll sein. Drei Schritte führen zu einer gelungenen Anschlussfinanzierung:

1. Zeitplan festlegen

Die eigene Immobilie ist für die meisten von uns das größte Finanzabenteuer, auf das sie sich jemals einlassen werden (ja, auch für mich, ich habe die Hoffnung noch nicht völlig aufgegeben). Da lohnt es sich, ein paar Gedanken mehr darauf zu verwenden als auf die Planung der Sommergarderobe. Eine erste grobe Einschätzung liefert der kostenlose Baufinanzierungsrechner von "Finanztest".

Falls Ihre Finanzierung in den nächsten ein bis fünf Jahren ausläuft: Jetzt ist der Zeitpunkt, sich Gedanken um die Folgefinanzierung zu machen. Eine Anschlussfinanzierung im engeren Sinn können Sie – gewöhnlich ohne Aufpreis – mit bis zu einem Jahr Vorlaufzeit abschließen. Für längere Planungen gibt es sogenannte Forward-Darlehen, die Sie bis zu fünf Jahre im Voraus abschließen können. Früher haben Banken für solche Darlehen deutliche Zinsaufschläge verlangt. Heute sind sie bei vielen Anbietern günstig oder sogar ohne Zinsaufschlag zu haben, wie die neue "Finanztest"-Auswertung zeigt.

2. Bankwechsel erwägen

Günstige Zinsen bietet häufig nicht die Bank, bei der das erste Darlehen läuft. Aber keine Sorge, ein Wechsel der Bank ist weniger kompliziert, als viele denken. Daher sollten Sie ihn in Erwägung ziehen. Der Zinsunterschied zwischen günstigen und teuren Banken ist enorm. Bei einem Anschlusskredit von zum Beispiel 200.000 Euro macht er oft mehr als 20.000 Euro aus.

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3. Günstige Zinsen sichern

Seit einigen Monaten gehen die Bauzinsen nicht mehr nur nach oben, sondern schwanken stark. Deshalb ist es wichtig, die Entwicklung über einige Wochen zu beobachten und zuzugreifen, wenn Sie ein konkretes Angebot in der Hand halten, das im Durchschnitt der vergangenen Wochen günstig ist.

Niemand kann sagen, ob die Bauzinsen in den nächsten ein bis zwei Jahren steigen oder fallen werden. Fest steht aber: Verglichen mit den 80er- und 90er-Jahren sind sie derzeit immer noch vergleichsweise niedrig. Das ist natürlich nur ein schwacher Trost, wenn die Folgefinanzierung trotz aller Mühen teurer wird als erhofft. Aber sehen Sie es mal so: Alles besser als jahrelange Reue darüber, nicht rechtzeitig Eigentümerin geworden zu sein.

Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
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