Deutsche Rentner bekommen mehr Geld. Die Bezüge sollen ab Juli um drei Prozent steigen. Das kostet einen zweistelligen Milliardenbetrag. Zuvor hatte ein Bericht für Aufregung gesorgt, wonach die Rentenpläne der großen Koalition noch viel teurer werden würden.
Die Bezüge der rund 21 Millionen Rentner in Deutschland steigen zum 1. Juli um mehr als drei Prozent. Das Kabinett beschloss am Mittwoch eine entsprechende Verordnung des Sozialministeriums.
Im Westen steigen die Renten um 3,22 Prozent, im Osten um 3,37 Prozent.
Grund ist die gute Konjunktur
Die Rentensteigerung geht vor allem auf die gute Konjunktur zurück. Sie beruht auf einer festen Formel und folgt der Lohnentwicklung in Deutschland. Auch die Beitragsentwicklung und das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern spielen mit herein.
Eine monatliche Rente von 1.000 Euro, die nur auf West-Beiträgen beruht, erhöht sich so um 32,20 Euro, eine gleich hohe Rente mit Ost-Beiträgen um 33,70 Euro.
Die Rentenerhöhung führt zu jährlichen Mehrausgaben von rund zehn Milliarden Euro, im laufenden Jahr kostet sie gut fünf Milliarden. Im vergangenen Jahr hatten die Rentner im Osten 3,59 Prozent und im Westen 1,9 Prozent mehr bekommen.
Experten zweifeln an Rentenplänen
Am Dienstag hatte ein Bericht für Aufsehen gesorgt, wonach die gesamten Rentenpläne der großen Koalition auf längere Sicht nicht tragbar seien. Anerkannten Rentenforschern zufolge würden sie dreistellige Milliardenkosten verursachen.
Union und SPD wollen unter anderem die gesetzliche Rente bis 2025 auf heutigem Niveau von 48 Prozent absichern und den Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent nicht über 20 Prozent steigen lassen. Man spricht hierbei von einer doppelten Haltelinie.
Nach einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Max-Planck-Instituts für Sozialrecht und Sozialpolitik wären im Jahr 2025 dafür 11 Milliarden Euro aus Steuern nötig.
Würden Rentenniveau und Beitragssatz weiter beibehalten werden, wären es laut der Studie 2035 schon mehr als 80 und 2048 über 125 Milliarden Euro. Das Sozialministerium wies die Berechnungen jedoch zurück.
Studie ist umstritten
"Ich gehe nicht davon aus, dass diese Politik der doppelten Haltelinien durchgesetzt werden kann", sagte Axel Börsch-Supan, einer der Studienautoren, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Langfristig ist es nicht tragbar", so der Politikberater und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium.
Börsch-Supans Zahlen sind aber umstritten. Das Sozialministerium von Minister Hubertus Heil (SPD) sprach von zugrundeliegenden Annahmen ohne Fundament.
"Etwaige Kosten lassen sich derzeit nicht seriös bestimmen, da die Einzelheiten der angestrebten Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht feststehen."
Der Münchener Forscher entgegnete, die Rentenreform würde bei weiteren Verbesserungen noch teurer.
Immer mehr Rentner arbeiten zusätzlich
Immer mehr Menschen arbeiten zudem im Alter. Dazu hätten die Rentenreformen der Vergangenheit wesentlich beigetragen, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Frank Micheel in einer Mitteilung.
Auch finanzielle Gründe oder der Wunsch, soziale Kontakte zu pflegen, führten dazu, dass immer mehr Menschen im Ruhestandsalter arbeiteten.
Waren im Jahr 2002 noch 4,2 Prozent der Personen zwischen 65 und 74 Jahren erwerbstätig, lag die Quote 2016 bereits bei 11,4 Prozent, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung am Mittwoch mitteilte. Das bedeutet, dass jeder neunte Mensch in dieser Altersgruppe einem bezahlten Job nachging. (mh/dpa)
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