Ein üppiges Erbe, garniert mit einem Traumhaus – wer hat nicht schon mal davon geträumt? Die Realität sieht bei den meisten anders aus. Steckt eine Immobilie in der Erbmasse, kann aus dem Traum schnell ein Albtraum werden: laufende Kosten, Sanierung, Streit mit den Geschwistern – es lauern viele Fallen. Fünf Tipps, wie Sie mit dem geerbten Eigenheim glücklich werden.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Manche Dinge hätten mir geholfen, hätte ich sie früher gewusst. Etwa, was alles dranhängt, wenn man plötzlich ein Haus erbt. Als ich vor fast zehn Jahren überraschend das Eigenheim meiner Eltern (und davor meiner Großeltern) erbte, stellte ich schnell fest, dass damit mehr verbunden war als nur ein neuer Grundbucheintrag. Und zwar viel mehr.

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Zuerst dachte ich, das größte Problem wäre, im strukturschwachen Saarland überhaupt Käufer für das sanierungsbedürftige, 1921 erbaute Bergarbeiterhäuschen mit seiner eigenwilligen Raumaufteilung zu finden. Doch dann hatte ich erst einmal ganz andere Sorgen: Strom- und Gasverträge, Müllabfuhr und Versicherungen umstellen, Laub- und Schneeräumung ebenso organisieren wie Baum- und Heckenschnitt (plötzlich fand ich die schnell wachsenden Glyzinien, die die Hausfront begrünten, nicht mehr so romantisch wie bei früheren Besuchen) und mindestens einmal im Monat die 400 Kilometer hinfahren, um zu überprüfen, ob die Heizung noch läuft, die Rohre nicht einfrieren und die Dachziegel noch stabil sind.

Im Nachhinein kann ich sagen: Das hätte ich besser vorbereiten und organisierter angehen können. Etwa mithilfe der Schritt-für-Schritt-Anleitung, zusammengestellt von den Rechtsexpertinnen von "Finanztest".

Haben Sie auch eine Immobilie geerbt? Damit es Ihnen nicht genauso geht wie mir, hier die wichtigsten Tipps in Kürze:

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Erbe annehmen oder ausschlagen

Eine zentrale Entscheidung duldet keinen Aufschub: Die Frage, ob Sie das Erbe annehmen oder nicht, muss innerhalb von sechs Wochen geklärt werden. Für eine Ausschlagung kann es mehrere Gründe geben: auf der Immobilie lasten hohe Schulden oder sie ist so stark sanierungsbedürftig, dass Sie finanziell überfordert wären.

Oder Sie haben als Erbe selbst hohe Schulden oder sind in Privatinsolvenz, sodass die Immobilie vermutlich an Ihre Gläubiger gehen würde. In diesem Fall führt eine Ausschlagung dazu, dass der oder die Nächste in der Erbfolge oder ein im Testament genannter Ersatzerbe das Haus oder die Wohnung erhält.

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Wichtig zu wissen: Halten Sie sich bei Fristbeginn im Ausland auf oder hat die verstorbene Person im Ausland gelebt, verlängert sich die Frist für die Ausschlagung auf sechs Monate.

Hausbesitzer-Pflichten übernehmen

Wer eine Immobilie erbt, darf sie bewohnen, vermieten oder verkaufen – hat aber auch alle Pflichten, die mit Haus oder Wohnung einhergehen. Rechtlich sind Eigentümer verpflichtet, dafür zu sorgen, dass von Haus, Garten und angrenzenden Wegen keine Gefahr ausgeht. Das heißt, dass Laub und Schnee geräumt, Bäume geschnitten und das Dach regelmäßig geprüft werden müssen.

Die damit verbundenen Aufgaben können Sie einem Dienstleister übertragen. Daneben müssen die fälligen Zahlungen geleistet werden: Grundsteuer, Müllabfuhr, Strom, Gas und eine eventuell bestehende Wohngebäudeversicherung.

Immobilienwert und Kosten herausfinden

Nach der Pflicht kommt die Kür: Um gemeinsam mit möglichen Miterben zu entscheiden, was aus der Immobilie werden soll, brauchen Sie einen Überblick über den Wert des Erbes und die Kosten, die damit verbunden sind.

Die können höher sein als gedacht, wenn eine gesetzlich vorgeschriebene Sanierung ansteht, etwa weil neue Eigentümer zum Austausch der alten Heizung verpflichtet sind. Tragen Sie alle Informationen zusammen, um eine Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen zu erhalten.

Mit den Miterben reden

Eines der größten Konfliktfelder bei einem geerbten Haus oder einer Wohnung sind Streitigkeiten in der Erbengemeinschaft. Häufig erben mehrere Geschwister gemeinsam und müssen sich über das weitere Vorgehen einigen.

Gibt es alte Risse, können diese wieder aufbrechen: Längst vergangene Familienkonflikte kommen wieder hoch, alte Verletzungen treten zutage, Rivalitäten unter den Geschwistern verdüstern die Stimmung. Sinnvoll ist daher, möglichst frühzeitig das Gespräch mit allen Beteiligten aufzunehmen. Welche Vorstellungen haben die Miterben, wo könnte Konfliktpotenzial liegen?

Enden schon die ersten Gespräche im Streit, kann es sinnvoll sein, früh Hilfe bei einem Mediator oder einer Mediatorin zu suchen. Solche professionellen Vermittler können mit ihrem Blick von außen dabei helfen, Konflikte aufzulösen. Günstiger als ein Erbstreit ist ein solches Coaching allemal: Landet der Zwist der Erbengemeinschaft vor Gericht, drohen hohe Kosten und im schlimmsten Fall eine Teilungsversteigerung, bei der die Immobilie weit unter Wert verkauft werden kann.

Die große Entscheidung: Verkaufen, vermieten oder selbst einziehen?

Am Ende aller Berechnungen und Gespräche steht eine Entscheidung, die oft auch sehr emotional ist: Was soll aus der Immobilie werden? Es gibt drei Optionen: Verkaufen, vermieten oder selbst bewohnen. Kaum jemand lässt sich bei dieser Abwägung von purer Vernunft leiten – gerade deshalb ist es wichtig, alle Argumente zu kennen, um schließlich mit Kopf und Bauch entscheiden zu können.

Das Bergarbeiterhäuschen meiner Großeltern und Eltern hat mir viel Zeit zum Nachdenken gegeben, ob ein Verkauf wirklich die beste Option ist. Fast zwei Jahre dauerte es, bis sich jemand fand, der nicht nur die sanierungsbedürftige Fassade sah, sondern – so wie ich - ein Zuhause. Nun beherbergt das Häuschen wieder eine Familie mit Kindern, die dort aufwachsen.

Über die Autorin

  • Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.

Verwendete Quellen

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