Wer in letzter Zeit beim Zahnarzt war, weiß: Zahnfüllungen, Kronen und Implantate werden immer teurer – selbst eine Zahnreinigung kostet inzwischen so viel wie ein Paar Marken-Sneaker. Immer mehr Menschen denken deshalb über eine Zahnzusatzversicherung nach. Die Top-Tarife sind oft teuer – aber vielleicht reicht für Sie auch ein günstiger Tarif?
Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass viele Zahnärzte ausgesprochen wortgewandt sind? Kürzlich saß ich auf dem Behandlungsstuhl – notgedrungen schweigsam, denn mit offenem Mund spricht es sich schlecht – und mein Zahnarzt schwärmte von Vorzügen modernster Implantat-Technik.
Nicht für mich, sondern weil er bei einer Weiterbildung am Gardasee war. Ein bisschen erinnerte er mich an einen Autoverkäufer, der versucht, seinem Kunden ein Oberklassemodell mit Einparkautomatik und selbstfaltendem Cabrio-Dach anzudrehen, wenn der nur einen simplen, sparsamen Kleinwagen will.
Es ist nicht so, dass großartige Technik mich nicht auch begeistern könnte. Natürlich weiß ich ein Auto zu schätzen, das mir die Arbeit beim Einparken abnimmt, das mich weckt, wenn ich einzuschlafen drohe und dessen Entertainment-Unit mir unterwegs meine E-Mails vorliest.
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Die Frage ist nur: Bin ich bereit, mich das ganze Jahr von Dosenravioli zu ernähren, um mir so ein Auto leisten zu können? Definitiv nicht.
Zahnersatz: Von einfachen Lösungen bis hin zu teuren Luxusmodellen
Mit Zahnersatz ist es ähnlich: Es gibt Luxusmodelle, die glänzen und blinken, und dann gibt es die simplen Alltagsmodelle, die unauffällig ihren Dienst tun – und kein bisschen mehr. Wer sparen will oder muss, kann sich an dem orientieren, was die Krankenkasse zu finanzieren bereit ist.
Bei Backenzähnen etwa kann das eine Krone sein, die nicht in Zahnfarbe verblendet ist und die daher als Fremdkörper erkennbar ist – ihren Dienst aber trotzdem tut. Eine Keramikverblendung in Zahnfarbe kann bei der gleichen Krone schnell zwei-, drei- oder vierhundert Euro mehr kosten – natürlich aus der eigenen Tasche.
Warum ich mir Gedanken über diese Unterschiede gemacht habe? Weil ich überlege, eine Zahnzusatzversicherung abzuschließen. Und deren Leistungen gehen weit auseinander – und Preise auch.
Bei "Finanztest" haben wir Zahnzusatzversicherungen daher nach ihrem Leistungsumfang unterteilt. Der Fiat Panda unter den Zahnzusatzpolicen ist die Versicherung vom Typ "Kassenstandard genügt". Für Implantate oder Keramik-Inlays gibt es bei diesen Tarifen kein oder nur wenig Geld. Hier geht es vor allem um die Regelversorgung der Krankenkassen: Die Zusatzversicherung übernimmt den Eigenanteil, der bei einer Behandlung nach Kassenstandard anfällt.
Bei der Krone ohne zahnfarbene Verblendung etwa - von der eben schon die Rede war - müssen Kassenpatienten um die 100 bis 150 Euro selbst zahlen. Einige dieser Tarife zahlen auch einen Teil der Kosten für Implantate oder aufwendige Keramikfüllungen – und sind mit 6 bis 14 Euro pro Monat – abhängig vom Alter – recht günstig.
Wer stattdessen ein Mittelklassemodell bevorzugt, kann trotzdem noch günstig wegkommen. Ein 33-Jähriger beispielsweise kann bereits für 6 Euro im Monat eine gute Versicherung abschließen, die auch bei Inlays und Implantaten einspringt. Für eine 53-Jährige kostet der gleiche Tarif 15 Euro pro Monat.
Was mich bei diesen günstigen Tarifen am meisten umtreibt, ist die Frage, ob die Versicherung am Ende wirklich zahlt, wenn eine Behandlung fällig wird – oder ob im Kleingedruckten eine Ausschlussklausel steht.
Einen guten Anhaltspunkt geben die Einzelnoten, die Finanztest vergibt: Hat ein Tarif ein "Ausreichend" oder "Mangelhaft" im Teilbereich "Implantate" oder "Inlays", zahlt er für diese Leistungen nichts oder nur wenig. Auch für die professionelle Zahnreinigung zahlen nicht alle Tarife.
Keine Kostenübernahme bei begonnener Behandlung
Das Wichtigste, und das kann man nicht oft genug sagen: Fast alle Versicherungen zahlen nicht, wenn die Behandlung bereits begonnen wurde. Das gilt auch für Zahnzusatztarife, die mit "ohne Wartezeit" werben. "Keine Wartezeit" gilt nur für Zahnprobleme, die nach Vertragsschluss zum ersten Mal festgestellt werden.
Wobei "begonnen" für die Versicherung schon sehr früh ist: Sobald der Zahnarzt feststellt, dass etwas gemacht muss und zu einer Behandlung rät. Wer jetzt noch schnell eine Versicherung abschließen will, hat fast immer das Nachsehen.
Tarife, die tatsächlich eine bereits laufende Behandlung übernehmen, sind selten und teuer – so teuer, dass sie sich in vielen Fällen nicht lohnen dürften. Die meisten Patienten, die knapp bei Kasse sind, dürften daher besser fahren, wenn sie ihren Zahnarzt um Ratenzahlung bitten oder einen Bankkredit aufnehmen, um den Eigenanteil zu stemmen.
Günstiger als ein Last-Minute-Tarif ist auf jeden Fall, mit einer Zahnzusatzversicherung vorzusorgen – oder jeden Monat etwas Geld zurückzulegen. Vielleicht ist das auch die beste Strategie für meinen redseligen Zahnarzt: Ich schließe eine Gut-und-günstig-Mittelklasse-Zahnzusatzversicherung ab und bitte ihn, mir einen Zahnersatz vorzuschlagen, den diese Versicherung abdeckt. Mal sehen, ob es ihm dann mal die Sprache verschlägt.
Verwendete Quellen
Über die Autorin
- Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
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