Ganz schön bunt ist es in meinem Bekanntenkreis, was die Lebensmodelle angeht. Da gibt es traditionelle Ehen, die seit 30 Jahren halten, es gibt verschachtelte Familien, in denen Ex-Partner und Stiefkinder mitmischen, gleichgeschlechtliche Paare mit und ohne Kinder, offene Beziehungsmodelle – kurz: Es gibt wenig, was es nicht gibt. Eines haben sie aber alle gemeinsam: Sobald Kinder zur Welt kommen, stehen die Partner auf einmal vor vielen offenen Fragen. Einige dieser Fragen haben mit Geld zu tun. Und da wird es oft heikel.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Wie viele vermeintlich harmonische Paare habe ich in den ersten Jahren mit Kindern erbittert streiten sehen, wenn es darum ging, wie Gehalt, Kinder- und Elterngeld genau aufgeteilt werden. Geldfragen vermischen sich hier mit sehr grundsätzlichen Wertefragen: Wie wichtig ist es uns, viel Zeit für die Kinder zu haben? Wie viel ist uns diese Zeit wert? Wie wichtig ist es uns, dass keiner der Partner vom anderen finanziell abhängig wird? Wie gut wollen wir für den Fall einer Scheidung vorsorgen?

Mehr zum Thema Verbraucher

Umso spannender, dass manche junge Paare das Thema schon ganz früh anpacken, weit vor dem ersten Kind. Als ich das erste Mal von einem Paar hörte, das vor der Familiengründung einen Partnerschaftsvertrag schloss, dachte ich, das sei eine absolute Ausnahme. Doch weit gefehlt: Auf Partys ist die Frage "Ehevertrag ja oder nein" kein Tabuthema mehr, kein Misstrauensbeweis gegenüber dem Partner, kein Verrat an der ewigen Liebe.

Und das ist auch gut so, denn: Ein Ehevertrag ist nicht nur im Fall einer Scheidung sinnvoll, sondern schon vorher. Paare können sich beispielsweise überlegen, ob sie die Nachteile, die Kinderbetreuung bei der Rente mit sich bringt, untereinander ausgleichen wollen.

Früh darüber zu reden, ist eine gute Idee. Über Finanzfragen sollte man mit kühlem Kopf sprechen – ohne sie mit Romantik und Gefühlen zu vermischen. "Finanztest" hat aufgeschrieben, was Paare in einem Ehevertrag oder einem Partnerschaftsvertrag regeln können und was nicht – denn es gibt gesetzliche Grenzen.

Im Kern geht es um einfache Fragen. So ähnlich wie die, mit der man Kindern in der Grundschule das Rechnen beibringt: "Du hast zwölf Äpfel. Wie verteilst Du diese Äpfel gleichmäßig auf zwei Menschen?"

Für ein Paar mit Kindern heißt das: Jeder hat ungefähr zwölf Stunden pro Tag für Arbeit im bezahlten Job, Arbeit im Haushalt, Zeit mit den Kindern (in den anderen zwölf Stunden ist Zeit zum Essen, Schlafen, Duschen und etwas Entspannung). Wie teilen die beiden diese zwölf produktiven Stunden unter sich auf?

Wenn einer der beiden acht Stunden bezahlt arbeitet, eine Stunde Haushalt macht und noch drei Stunden mit den Kindern verbringt, der andere umgekehrt vier Stunden bezahlt arbeitet, den Rest Kindern und Haushalt widmet – wer hat am Ende mehr Geld auf dem Konto? Oder beide gleich viel? Wer bekommt die Rentenpunkte, wer spart für eine private Altersvorsorge?

Aufteilung im Falle einer Trennung regeln

Und dann sind da natürlich noch die Fragen, die für den Fall einer Trennung geregelt werden können: Wer bekommt welchen Anteil am gemeinsamen Besitz? Wie wird die private Altersvorsorge geregelt, wenn beide unterschiedlich viel verdienen? Bei Immobilienbesitzern: Wer bekommt das Haus oder die Wohnung? Wenn ein Partner jahrelang wegen der Kinder zurückgesteckt hat: Bekommt er oder sie nur den gesetzlich vorgeschriebenen Partnerunterhalt (der bei schulpflichtigen Kindern meist sehr niedrig oder null ist) oder mehr?

In diesen Fällen kann ein Ehe- oder Partnerschaftsvertrag besonders sinnvoll sein:

  • Wenn ein Partner selbstständig ist oder ein eigenes Unternehmen führt.
  • Wenn die Partner unterschiedliche Nationalitäten haben, um festzulegen, welches nationale Recht bei einer Scheidung angewendet wird.
  • Wenn Kinder zur Welt kommen und einer der Partner beruflich stark zurücksteckt.

Falls Sie immer noch fürchten, dass ein Ehevertrag die Romantik tötet: Wer heiratet, schließt ohnehin einen Ehevertrag – aber einen, dessen Bedingungen der Gesetzgeber vorgibt. Vermögen, Rentenansprüche, Kinderbetreuung – für alles gibt es Regeln, wie Geld und Ansprüche im Fall einer Scheidung oder im Todesfall aufgeteilt werden. Nur sind sie eben nicht auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten.

Lesen Sie auch: Streitthema Finanzen: Muss einer mehr zahlen als der andere?

Zur Person: Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen. Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.