Nur wer einzahlt, kann hinterher Geld bekommen und die letzten Rentenjahre sind die wichtigsten. Das sind zwei der größten Irrtümer, wenn es um die gesetzliche Rente geht. Damit Sie im Alter Ihr Geld beisammen haben, sollten Sie diese Rentenirrtümer kennen.
1. Gesetzliche Rente können nur Angestellte bekommen
Das ist falsch. Für angestellte Arbeitnehmer gilt zwar eine Versicherungspflicht, allerdings können Unternehmer, Selbstständige, Hausfrauen und sogar Beamte freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Die Höhe der Beiträge ist im Gegensatz zum Arbeitnehmer flexibel, erklärt Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung. Möglich sind jährliche Beträge zwischen mindestens 1.004 Euro und maximal 15.400 Euro. Die Beitragshöhe kann jederzeit flexibel angepasst werden.
Hinweis: Die Freiwilligkeit mit flexiblen Beiträgen gilt für einen Großteil der Selbstständigen. Es gibt aber Berufsgruppen unter den Selbständigen, für die gilt eine Versicherungspflicht mit festen Beiträgen. Dazu gehören beispielsweise selbstständige Lehrer und Erzieher, einige Pflegeberufe wie Hebammen sowie Selbstständige mit nur einem Auftraggeber wie Versicherungsvertreter oder Paketfahrer. Nähere Informationen finden Sie in dieser Broschüre: Selbständig – wie die Rentenversicherung Sie schützt
2. Nur wer vorher Geld einzahlt, bekommt später Rente
Das ist ebenfalls nicht korrekt. "Einen Anspruch auf Altersrente haben alle, die mindestens fünf Beitragsjahre nachweisen können", sagt Stephan Buchheim, Pressesprecher des Bundesverbandes der Rentenberater. Dazu muss man aber nicht unbedingt Beiträge gezahlt haben. So bekommt man zum Beispiel bei Geburten vor 1992 für jedes Kind 2,5 Jahre und bei Geburten ab 1992 sogar 3 Jahre angerechnet. Mit zwei Kindern hätte man also schon einen Rentenanspruch erworben.
3. Die letzten Rentenjahre sind die wichtigsten
Das ist einer der häufigsten Irrtümer bei der Rente, sagt Katja Braubach. Er basiert auf der Annahme, dass man in seinem Arbeitsleben immer mehr Geld verdient und so zum Ruhestand hin immer mehr Punkte für die Rente erarbeitet. Verdient man allerdings mit 40 Jahren am meisten und tritt später etwas zurück, dann erwirtschaftet man auch mit 40 die meisten Rentenpunkte.
Generell gilt: "Die Rente bildet eher eine Art Querschnitt des Lebenseinkommens ab. Jedes Jahreseinkommen wird zunächst einzeln betrachtet und für jedes Jahr werden die sogenannten Rentenpunkte errechnet. Alle Punkte werden dann mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert", erläutert Pressesprecher Stephan Buchheim. Hat man in einem Jahr exakt den Bundesdurchschnitt verdient (38.901 Euro/2019), bekommt man für dieses Jahr genau einen Rentenpunkt. Bei höherem Jahreseinkommen sind es mehr, bei geringerem weniger Punkte.
Lesen Sie auch: Altersvorsorge: Die Deutsche Rentenversicherung berät
4. Während einer Reha-Maßnahme wird nicht in die Rente eingezahlt
Ein ebenfalls häufig auftretender Irrtum ist, dass eine Reha-Maßnahme die spätere Rente mildert. Katja Braubach erklärt die Ursache des Irrtums: "Die Rentenversicherung bezahlt die Reha. Daher nehmen die Leute an, dass sie schon einen Teil ihrer Rente in Anspruch genommen haben." Richtig ist, dass in der Reha-Zeit nichts von der Rente "aufgebraucht" wird, stattdessen werden weiter Rentenbeiträge eingezahlt.
In der Rehazeit werden aufgrund von Krankschreibung und Bezug von Übergangsgeld nur 80 Prozent der sonstigen Rentenbeiträge eingezahlt. Außer, der Patient ist während der Reha noch in der Lohnfortzahlung und erhält Arbeitsentgelt. Dann werden die Beiträge normal in voller Höhe vom Arbeitgeber eingezahlt. Erst wenn die Lohnfortzahlung endet, wird Übergangsgeld gezahlt.
5. Bei Angestellten ergibt sich die Höhe der Renteneinzahlung aus dem Bruttolohn
Das ist zwar richtig. Doch einerseits werden auch unvergütete Leistungen wie Studienzeiten und Kindererziehung anerkannt und bei Lehrlingen werden die Rentenbeiträge in Ausbildungszeiten durch einen Bonus erhöht. Andererseits ist es möglich, durch freiwillige Einzahlungen die späteren Rentenzahlungen aufzustocken. Bei Pflichtversicherten ist beispielsweise die freiwillige und zusätzliche Beitragszahlung ab dem 50. Geburtstag möglich. Diese Zahlungen sind zwar zunächst für Arbeitnehmer gedacht, die früher in Rente gehen möchten - quasi als Ausgleich für die mit dem früheren Rentenbeginn verbundenen Kürzungen. Doch wer fleißig mehr einzahlt und dann doch entscheidet, bis zuletzt zu arbeiten, hat am Ende mehr Rente.
Lesen Sie auch: Altersvorsorge: So kaufen Sie sich eine höhere Rente
6. Rente bekommt man nur im Alter
Die gesetzliche Rente meint nicht nur die Altersrente. "Geld gibt es auch bei Erwerbsminderung, also wenn man zu krank bist, um voll zu arbeiten", sagt Katja Braubach von der Rentenversicherung. Auch dazu findet man einen Hinweis in der jährlichen Renteninformation. Im hervorgehobenen Kästchen in der Mitte steht, wieviel der Versicherungsnehmer Rente bekommen würde, wäre er heute wegen gesundheitlicher Schäden erwerbsgemindert.
"Genau wie bei der Altersrente gilt auch hier, dass man zunächst fünf Pflichtbeitragsjahre vorweisen muss", erklärt Katja Braubach. Zusätzlich müssten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sein.
7. Jeder darf erst mit 67 Jahren in Rente gehen
Das Renteneintrittsalter von 67 Jahren gilt für Personen, die erst 1964 oder später geboren wurden. Für vor diesem Stichtag Geborene wird die Altersgrenze schrittweise angehoben. Ab dem Jahr 2012 steigt das Renteneintrittsalter von damals 65 schrittweise bis zum Jahr 2029 auf 67 Jahre an. Wer also beispielsweise 1957 geboren wurde, der kann mit 65 Jahren und 11 Monaten in Rente gehen.
Wer früher in Rente gehen will, kann die damit verbundenen Abschläge durch freiwillige Zuzahlungen ausgleichen. Dazu lesen Sie diesen Artikel.
8. Die gesetzliche Rente wird voll versteuert
Das ist noch nicht ganz richtig, soll aber in Zukunft so kommen. Denn erst, wer im Jahr 2040 oder später in Rente gehen wird, muss die Rente grundsätzlich voll versteuern. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2020 sind es beispielsweise 80 Prozent. Bis dahin steigt der Prozentsatz des steuerpflichtigen Teils der Rente für die Neurentner immer weiter. Allerdings wird bis dahin ebenfalls alles das, was für die Altersvorsorge aufgewendet wird, von der Steuerlast des Einkommens abgezogen.
9. Es gibt Zuverdienstgrenzen bei der Rente
Das stimmt nur teilweise. "Je nachdem, ob man Frührentner oder Altersrentner ist, gelten seit Einführung der Flexirente unterschiedliche Regeln", sagt Jörg Strötzel, Vorstandsvorsitzender des Lohnsteuerhilfevereins Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. (VLH). So können Frührentner seit 1. Juli 2017 bis zu 6.300 Euro brutto pro Kalenderjahr hinzuverdienen – und zwar ohne Rentenkürzung. Wer mehr als 6.300 Euro im Jahr verdient, für den wird der überschüssige Betrag mit einem Anteil von 40 Prozent auf die Rente angerechnet und in Abzug gebracht. Wer allerdings die Regelaltersgrenze erreicht hat, darf unbegrenzt dazuverdienen.
Ab 450 Euro pro Monat muss der Verdienst aber unter Umständen versteuert werden. "Das Thema Rente und Steuern ist sehr komplex, denn es spielen Dinge wie der Grundfreibetrag oder der persönliche Steuersatz eine Rolle. Deshalb sollten sich Rentner beim Thema Steuern beraten lassen", so Jörg Strötzel von der VLH.
10. Die Rente berechnet die Rentenkasse. Ich muss mich um nichts kümmern.
Das wäre schön, stimmt aber nur zum Teil. Für die Berechnung der Rente fließen zwar viele Daten automatisch ein. So werden zum Beispiel Arbeitsentgelt oder auch der Bezug von Krankengeld maschinell gemeldet. Einige Zeiten müssen allerdings selbst beantragt werden. Davon betroffen sind zum Beispiel Ausbildungszeiten oder auch Zeiten der Kindererziehung. Diese werden im Rahmen einer Kontenklärung in den Versicherungsverlauf aufgenommen und von Hand gespeichert. Im Anschluss erhalten Sie einen Versicherungsverlauf. Diesen sollten Sie genau prüfen und Fehler melden.
Rentenexperte Stephan Buchheim rät deshalb, die Unterlagen gewissenhaft zu sammeln. "Alles, was irgendwie mit Arbeit, Studium, Ausbildung, Krankheit und Erziehungszeiten zu tun hat, auf keinen Fall wegschmeißen. Durchlesen und ordentlich sammeln lautet die Devise." Denn jeder Beitragszahler sei grundsätzlich nachweispflichtig und muss dazu beitragen, solche Fehler zu beheben.
Das sind laut Bundesverband der Rentenberater die häufigsten Fehler bei der Rentenberechnung:
- Kindererziehungszeiten wurden nicht in vollem Umfang berücksichtigt
- Krankenzeiten fehlen oder wurden falsch bewertet
- Falsche Bewertung von Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildungszeiten
- Zeiten der beruflichen Ausbildung fehlen oder wurden falsch gekennzeichnet (Ausbildungsjahre werden höher gewichtet)
- Die Einkommensanrechnung bei Hinterbliebenen- und Erwerbsminderungsrenten ist falsch
- Der günstigste Beginn der Rente wurde nicht anerkannt
Service im Netz: Hier können Sie Ihre voraussichtliche Rente berechnen
Für eine überschlägige Rentenberechnung gibt es auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung ein Rentenbeginn- und Rentenhöhenrechner. Dafür wird eine (möglichst aktuelle) Renteninformation benötigt.
Falls Interessierte keine Renteninformation erhalten haben oder absehen können, dass das Einkommen bis zum Rentenbeginn stark vom Einkommen der letzten fünf Jahre abweicht, gibt es die Möglichkeit, sich mit der Broschüre "Rente: So wird sie berechnet" zu behelfen. Diese gibt es sowohl für die alten als auch die neuen Bundesländer.
Lesen Sie auch: Betriebliche Altersvorsorge: Vor- und Nachteile und was Sie wissen sollten
Verwendete Quellen:
- Vereinigte Lohnsteuerhilfe ( https://www.vlh.de/krankheit-vorsorge.html )
- Deutsche Rentenversicherung ( https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Allgemeine-Informationen/allgemeine-informationen-rente-node.html )
- Bundesverband der Rentenberater ( https://www.rentenberater.de/ )
- Web.de: Altersvorsorge: So kaufen Sie sich eine höhere Rente
- Finanztip: Hinzuverdienst für Nebenjob ( https://www.finanztip.de/hinzuverdienstgrenze-altersrente/ )
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.