Immer mehr Deutsche zahlen innerhalb ihres Arbeitslebens freiwillig zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse ein, um später von höheren Monatsbezügen zu profitieren. Lohnt sich das? Und kann das jeder machen?
Riester, Rürup, Lebensversicherungen und Wertpapiere: Altersvorsorgemöglichkeiten gibt es viele. Allerdings sind die meisten mit einem Risikofaktor verbunden. Und die staatliche Rente? Obwohl sie in den vergangenen Jahre relativ zum Arbeitseinkommen geschrumpft ist, hat sie einen entscheidenden Vorteil: Sie ist vom Staat garantiert, und die Beitragszahler können sich genau berechnen, was sie später bekommen.
Wem das zu wenig ist, der könnte bei der gesetzlichen Rente über eine freiwillige Aufstockung während der Arbeitsphase nachdenken. Das kann sich auch deshalb lohnen, da die freiwilligen Beiträge auch als Altersvorsorgeaufwendungen auf die Steuerlast angerechnet werden können.
Allerdings: Nicht jeder kann solche freiwilligen Beiträge entrichten - einerseits ist es eine Frage des Alters, andererseits eine Frage der Ausbildungsdauer und des Jobs. Vereinfacht gesagt gibt es drei Gruppen, für die eine freiwillige Aufstockung in Frage kommt.
Beispiel 1: Versicherte, die früher in Rente gehen wollen
Wer vor dem Erreichen seines offiziellen Rentenalters in den Ruhestand möchte, der kann damit verbundene Rentenkürzungen vorher ausgleichen. Ab dem 50. Geburtstag ist es möglich, dafür Beiträge an den Rententräger zu überweisen.
Wie viel für den Ausgleich nötig ist, hängt davon ab, wie viele Jahre früher der Versicherte in Rente gehen möchte. Pro Monat, den die Altersrente früher beginnen soll, wird die Rente um 0,3 Prozent gekürzt.
"Wer seine Rente zum Beispiel drei Jahre früher in Anspruch nehmen möchte, muss 10,8 Prozent Abschläge in Kauf nehmen. Bei einer monatlichen Rentenhöhe von 1.000 Euro betragen diese 10,8 Prozent Abschläge 108 Euro", erklärt Katja Braubach von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Um später wieder die vollen 1.000 Euro zu bekommen - und nicht 108 Euro monatlich weniger - müssten als Ausgleich bereits rund 26.700 Euro freiwillige Beiträge eingezahlt werden.
Beim Ausgleich von Rentenabschlägen kann die gesamte Summe in einem Betrag oder aufgeteilt über mehrere Jahre eingezahlt werden. Die Aufteilung über mehrere Jahre kann aus steuerrechtlicher Sicht günstig sein.
Wird der Ruhestand nicht wie zunächst beabsichtigt vorzeitig begonnen, erhöhen die freiwilligen Beiträge, die zum Ausgleich von Rentenabschlägen gezahlt wurden, die monatliche Rente. Der Versicherte darf sich also über höhere Rentenbezüge freuen.
Offenbar wird diese freiwillige Möglichkeit attraktiver: Während im Jahr 2017 insgesamt 11.620 Versicherte davon Gebrauch machten, waren es 2018 bereits 17.086. Für 2019 liegen die Zahlen erst Anfang 2021 vor.
Auch das Beitragsvolumen ist in diesen Jahren deutlich gestiegen: 2017 wurden rund 208 Millionen Euro und 2018 rund 291 Millionen Euro eingezahlt. Im Jahr 2019 stiegen diese Beiträge auf 415 Millionen Euro, was eine Verdoppelung seit 2017 bedeutet.
Beispiel 2: Selbstständige ohne Zahlungspflicht
Auch Selbstständige, Unternehmer, Beamte und Hausfrauen, die im Gegensatz zu Angestellten keine Einzahlungspflicht haben, können Beiträge an die gesetzliche Rentenkasse entrichten.
Möglich sind hier jährliche Beträge zwischen mindestens 1.004,40 Euro und maximal 15.400,80 Euro. Allerdings sei der Selbstständige im Gegensatz zum Arbeitnehmer flexibel, erklärt Katja Braubach.
Wenn es gerade nicht so gut läuft, könne der Selbstständige die Beitragshöhe jederzeit an sein Einkommen anpassen. Allerdings sind Zahlungen nur für das aktuelle Jahr möglich. Zurückliegende Jahre auszugleichen, das geht in diesem Fall nicht. Was allerdings möglich ist: Rückwirkend für ein gerade abgelaufenes Jahr können bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres Beiträge nachgezahlt werden.
Und was kommt am Ende raus? Zahlt man beispielsweise ein Jahr lang den Höchstbetrag von 15.400 Euro ein, dann hätte man sich für dieses Jahr 2,04 sogenannte Rentenpunkte gesichert, was später 70 Euro Rente pro Monat ausmacht.
Beim Mindestbetrag von 1.004 Euro wären es 4,55 Euro Rente pro Monat. Wichtig zu wissen: Um Anspruch auf die gesetzliche Rente zu haben, müssen generell alle Versicherten mindestens 5 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben.
Diese Möglichkeit der freiwilligen Zahlung von Beiträgen für Unternehmer, Selbstständige, Beamte und Hausfrauen haben 2017 insgesamt rund 222.000 und 2018 rund 216.000 Versicherte genutzt.
Beispiel 3: Langzeitstudenten
Studenten, die längere Zeit an einer Hochschule verbracht haben, können Rentenbeiträge rückwirkend einzahlen - aber nur bis zum 45. Lebensjahr, danach verfällt diese Möglichkeit.
Wie lange muss man dafür studiert haben? Vereinfacht gesagt mehr als 8 Jahre. Die genaue Berechnung ist etwas komplizierter. Denn die Anrechnungszeit beginnt mit dem 17. Lebensjahr. Wer also zwischen dem 16. und 17. Geburtstag an einem Gymnasium war - also in einer schulischen Ausbildung - kann sich bereits ein Jahr vormerken. Hat er nun mehr als acht Jahre studiert, kann er angefangen ab dem 9. Hochschuljahr Rente nachzahlen.
Wer insgesamt 9 Jahre studiert hat, kann also nicht für die komplette Zeit Rente nachzahlen, sondern nur für 2 Jahre (das Jahr am Gymnasium und 1 Jahr an der Hochschule). Auch hier gelten die jährlichen Obergrenzen (minimal 1.004,40 Euro und maximal 15.400,80 Euro).
Also könnte er für zwei Jahre rückwirkend 30.801,60 Euro überweisen, was auch als Einmalbetrag möglich ist. Eine Zahlung in dieser Höhe würde die späteren monatlichen Rentenbezüge um 140 Euro erhöhen.
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Verwendete Quellen:
- Deutschen Rentenversicherung Bund
- Finanztip.de: Freiwillige Beiträge für die Rente können sich auszahlen
- Rentenfuchs: Nachzahlen für Schulzeiten – Sinnvoll?
- Gulp.de: Als Selbstständiger in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen?
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