Keine Frage: Auch für Menschen mit viel Selbstbeherrschung ist der "Black Friday" eine Herausforderung. Überall Rabatte und Sonderangebote – da kauft man schon mal Dinge, die man bei näherer Betrachtung gar nicht braucht. Aber kein Problem, dafür gibt es ja das Rückgaberecht. Oder? Vier Punkte, damit der Kaufrausch am Ende nicht teuer wird.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Ulrike Sosalla dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Eigentlich weiß ich, dass man bei Schnäppchen rund um den "Black Friday" aufpassen sollte. Viele Rabatte sind in Wirklichkeit gar nicht so einmalig, wie die Werbung suggeriert, und viele vermeintliche Sonderangebote gibt es anderswo im Netz billiger.

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Aber – da sind sich alle Menschen ähnlich – der Schnäppchen-Jagdtrieb ist im Steinzeit-Teil des Gehirns tief verankert und der trickst unseren viel jüngeren Verstand mit Leichtigkeit aus. So kam es, dass ich nach einem kurzen abendlichen Ausflug auf mehreren Shoppingseiten plötzlich zwei Fitnessuhren hatte statt eine. Denn: Die, die mir besser gefällt, kann ich ja zurückschicken.

So einfach wie gedacht war es dann aber doch nicht: Einer der beiden Händler verlangt eine Rücksendegebühr, der andere nimmt erst gar keine Retouren an. Muss er auch nicht. Ohne es zu merken, hatte ich bei einem Onlineshop außerhalb der EU eingekauft und dort gilt das gesetzliche 14-tägige Widerrufsrecht bei Onlinekäufen nicht.

Positiv denken. In diesem Fall kein Problem: Eine Uhr wollte ich ja ohnehin behalten und so hatte mir der Zufall die Entscheidung schon abgenommen. Grund genug aber, meine vier Lieblingsirrtümer zum Widerrufsrecht bei Onlinekäufen aufzuschreiben. Für alle, die eine übersichtliche Tabelle bevorzugen, hat "Finanztest" die wichtigsten Regeln zusammengefasst.

Irrtum 1: Käufer dürfen jede Art von Ware 14 Tage lang zurückgeben

Nein, weit gefehlt. Die Liste von Produkten, die vom Widerrufsrecht ausgenommen sind, ist erstaunlich lang. Leicht nachvollziehbar ist, dass es kein Widerrufsrecht für schnell verderbliche oder frisch gelieferte Produkte gibt: Lebensmittel, aber auch schnell verderbliche Medikamente, Schnittblumen und die Lieferung vom Pizzabringdienst. Ebenfalls nachvollziehbar ist die Ausnahme für versiegelte Hygieneprodukte, etwa Erotikspielzeug. Hier gilt: Sobald die Versiegelung aufgebrochen wird, erlischt das Widerrufsrecht. Interessant: Nicht in diese Kategorie fallen Matratzen und WC-Sitze.

Kein Widerrufsrecht gibt es auch für digitale Produkte wie heruntergeladene Software und E-Books, für Veranstaltungstickets und für maßangefertigte Ware, etwa zugeschnittene Vorhänge. Oder für Heizöl. Letzteres vermutlich aus praktischen Gründen, denn wie sollte man 1.000 Liter Heizöl verschicken?

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Irrtum 2: Das Widerrufsrecht gilt nur für Händler, die in der EU sitzen

Anders, als viele denken, gilt das EU-Widerrufsrecht für alle Onlineshops, die sich ausdrücklich an Verbraucher innerhalb der EU wenden – die also etwa einen Shop in deutscher Sprache haben, vielleicht sogar mit einer Internetadresse, die auf .de endet. Praktisch gibt es aber häufig Probleme beim Versuch, dieses Recht gegenüber einem Shop etwa in China, Venezuela oder Indonesien durchzusetzen.

Egal, ob innerhalb oder außerhalb der EU: Wie genau ein Onlinehändler das Widerrufsrecht handhabt, muss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehen. Aber ganz ehrlich: Wer liest die schon?

Irrtum 3: Der Verkäufer muss die Rücksendekosten übernehmen

Viele Shops übernehmen die Kosten zwar, doch gesetzlich dazu verpflichtet sind sie nicht. Immer häufiger verlangen Onlineshops, dass Käufer die Retouren selbst zahlen. Vor allem Modehändler wollen damit gegen die hohe Retourenquote vorgehen. Nicht erlaubt ist dagegen, bei der Rückerstattung die Versandkosten für den ursprünglichen – kostenlosen – Versand abzuziehen. War der Versand als "kostenlos" deklariert, gilt das auch weiter, wenn Kunden die Ware zurückgeben. Eine Bearbeitungsgebühr für Rücksendungen ist nach EU-Recht ebenfalls nicht erlaubt. Achtung: Falls auf dem Hinweg Zollgebühren angefallen sind, müssen diese nicht rückerstattet werden.

Irrtum 4: Ich darf ein Produkt gründlich ausprobieren und trotzdem zurückgeben

Käufer dürfen zwar probieren, ob ihr Kauf funktionstüchtig ist und passt. Allerdings müssen sie darauf achten, keine Gebrauchsspuren zu hinterlassen, sonst darf der Händler einen Teil des Verkaufspreises einbehalten. Bei Winterschuhen zum Beispiel gilt: Anprobieren in der Wohnung ist ok, ein Testlauf im Schnee dagegen nicht. Häufiger Streitfall: Matratzen. Hier gilt jedenfalls eine Nacht Probeschlafen als erlaubt – wenn der Händler von sich aus mehr anbietet, umso besser.

Mein Fazit für den "Black Friday": Kenne ich den Shop nicht, werfe ich doch mal einen Blick ins Kleingedruckte, bevor ich bestelle. Das hat noch einen zweiten heilsamen Effekt: Bis ich mich durch die AGB – die Allgemeinen Geschäftsbedingungen – gewühlt habe, ist mein Jagdfieber vermutlich erloschen und ich kann in Ruhe überlegen, ob ich wirklich einen weiteren Rucksack, Kopfhörer oder Stabmixer brauche. Oder einen Saugroboter – ja, vielleicht einen Saugroboter?

Über die Autorin

  • Ulrike Sosalla ist stellvertretende Chefredakteurin von "Finanztest" und damit ausgewiesene Fachfrau für Finanzfragen.
  • Das Verbrauchermagazin "Finanztest" gehört zur Stiftung Warentest, die seit 30 Jahren Finanzdienstleistungen testet. Test.de und "Finanztest" sind komplett anzeigenfrei und gewährleisten damit absolute Unabhängigkeit gegenüber Banken, Versicherungen und der Industrie. Die Newsletter der Stiftung Warentest können Sie hier abonnieren.

Verwendete Quellen

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