Pizza geht immer – keine Frage! Aber muss es wirklich immer die Tiefkühlvariante sein? Was Freundebücher über familiäre Essgewohnheiten erzählen und warum Fertiggerichte oft weder Kinder noch Erwachsene wirklich satt machen.

Diese Kolumne stellt die Sicht von Marianne Falck (RiffReporter) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Meine Kinder bringen regelmäßig Freundebücher mit nach Hause, deren Seiten befüllt werden wollen. Als die Kinder sehr klein waren, hieß es immer: "Mama, kannst du das reinschreiben?" Oder: "Mama, kannst du mir das bitte vorlesen?" Ich bin also bestens informiert in Sachen Freundebuch und kann berichten, dass ein Spruch und ein selbstgekritzeltes Bild schon lange nicht mehr ausreichen.

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Die Bücher haben sich zum Fragebogen mit etlichen Kategorien gewandelt. Auch das Lieblingsessen der Kinder gehört dazu. Die Liste, die ich regelmäßig in diesen Büchern lese, ist kurz: Spaghetti, Pizza, Pizza, Pizza …

Was Freundebücher über Fast Food verraten

Und das macht mir Sorgen. Nicht, weil ich Pizza nicht lecker finde, im Gegenteil. Die gibt es auch bei uns, allerdings in der handgemachten Version mit frischen Zutaten. Mein Sohn knetet zusammen mit mir den Teig. Mit Hefe, wenn wir Zeit haben, sonst ohne Hefe, aber mit Backpulver. (Hier ein Link zu unserem Lieblingsrezept der schnellen Variante.) Aktuell experimentieren wir mit Sauerteig.

Egal, für welche Variante Sie sich entscheiden: den Teig dünn ausrollen, auf ein Backblech legen, mit Tomatensauce bestreichen und dann nach Belieben belegen. Zu Hause setzen wir auf viel Gemüse, etwa Paprika und Pilze, Olivenöl und Mozzarella. Dann im vorgeheizten Backofen etwa 12 bis 15 Minuten goldbraun backen - und genießen.

Allerdings lassen die Zahlen vermuten, dass das nicht der Standard ist: Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 409.258 Tonnen Tiefkühlpizza verkauft, der größte Teil davon im Lebensmittelhandel, also als klassisches Fast-Food-Produkt. Hierzulande verzehren die Verbraucher etwa fünf Kilogramm Tiefkühlpizza jährlich. Eine leicht verzerrte Rechnung noch dazu: Sie umfasst auch Neugeborene und andere Menschen, die nie Pizza essen. In der Realität bedeutet das, dass etliche Pizzaesser deutlich mehr als die fünf Kilogramm (etwa 15 TK-Pizzen) im Jahr verzehren.

Pizza Salami ist übrigens der Renner in Deutschland. Aber: Die Salami steht für alles, was problematisch an der Tiefkühlpizza ist, vom Kalorienexzess zum Übermaß an Salz und Zusatzstoffen.

Zu viele Kalorien, zu viel Salz, zu viele Zusatzstoffe

All das sind die Merkmale einer typischen Tiefkühlpizza. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, nicht mehr als sechs Gramm Salz am Tag aufzunehmen. Doch etwa 70 Prozent der Frauen und etwa 80 Prozent der Männer übersteigen diesen empfohlenen Grenzwert, wie die Studie zur Gesundheit in Deutschland (DEGS) belegt.

Tiefkühlpizzen enthalten in der Regel zwischen 2,5 und 4,5 Gramm Salz pro Pizza, womit Erwachsene schon einen großen Teil der täglich maximal empfohlenen Salzmenge mit nur einer Mahlzeit abdecken. Manche Pizzen erreichen in Tests von Verbraucherschützern aber gut und gerne sechs Gramm. Das ist mehr als ein Teelöffel Salz - pro Pizza!

Zum Vergleich: In unsere Familienpizza kommt nur ein kleiner Bruchteil hinein, insgesamt ein halber Teelöffel für vier Pizzen.

Für Kinder und Jugendliche empfiehlt die DGE altersabhängig einen Orientierungswert von drei bis sechs Gramm Speisesalz pro Tag. Doch auch die Jüngsten schaffen es in den meisten Fällen nicht, diese Grenze einzuhalten, sagt die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2).

Der hohe Salzgehalt fällt vielen Pizza-Liebhabern gar nicht auf. Fakt ist: Menschen, die häufig Fertiggerichte verzehren, konsumieren in der Regel deutlich mehr Salz, als empfohlen wird. Das erhöht den Blutdruck und das Risiko, an Bluthochdruck (Hypertonie) zu erkranken. Bluthochdruck gehört zu den wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Krankheiten, die mit knapp 40 Prozent häufigste Todesursache hierzulande.

Das Problem mit den Zusatzstoffen

Wer sich die Zutatenliste auf der Pizzaverpackung genauer anschaut, findet mitunter lange, kompliziert klingende Begriffe. Zusatzstoffe wie Stabilisatoren, Säuerungsmittel, Emulgatoren, Antioxidationsmittel und weitere verarbeitete Zutaten wie modifizierte Stärke oder auch verschiedene Zuckerarten finden sich dort. Zwar sind alle Zusatzstoffe hierzulande zugelassen, doch wären weniger verarbeitete Zutaten natürlich auch in Fertiggerichten wünschenswert. Und möglich – wie zahlreiche Bio-Pizzen im Handel zeigen, die auf Geschmacksverstärker und Co. verzichten.

Gewöhnen sich Kinder an den industriell hochgetunten, immerzu gleichen Geschmack, finden sie am Ende selbstgemachte Gerichte oft fad, weil das Gehirn auf das Fast-Food-Ereignis regelrecht programmiert wurde. Der Absatz von Tiefkühlpizza ist von 2011 bis 2023 um sagenhafte 44 Prozent gestiegen. Die Lebensmittelindustrie sitzt also immer öfter mit am Tisch. Wenn meine Kinder ihre Freunde zum Pizzaessen zu uns einladen, greifen manche kaum zu, während andere immer wieder ihren Teller füllen – und mir dabei gutgelaunt erzählen, mit welchen Gemüsesorten sie zu Hause am liebsten ihre Pizza dekorieren.

Genuss ohne Reue?

Aber muss es wirklich immer selbstgemachte Pizza sein? Wenn es nach mir ginge: Ja, auch weil ich mit meinen Kindern gerne Zeit in der Küche verbringe. Während wir Gemüse schneiden, Teig formen und immer wieder Neues probieren, lernen sie, Spaß zu haben, wo es besonders wichtig ist: beim Kochen und Backen als Grundlage für eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung.

Fertigpizza könne man aber durchaus mal genießen, schreibt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und empfiehlt: "Kaufen Sie eine einfache Variante mit wenigen Zutaten, z. B. Margherita, und legen extra Tomatenscheiben, Zwiebelringe, Oliven oder Paprikastreifen darauf. Auch etwas frischer Rucola auf der Pizza schmeckt gut."

Zur Erklärung: Margherita enthält den fettärmeren Mozzarella und – nun ja – eben keine fette Salami, die das problematische Trio aus zu vielen Kalorien, zu viel Salz und Geschmacksverstärkern in sich vereint.

Trotz allem besser nicht vergessen: Tiefkühlpizza ist grundsätzlich ein sehr energiereiches Fertigprodukt. Die hohe Kaloriendichte macht schnell träge und begünstigt dauerhaft Übergewicht. Für eine bessere Nährstoffbilanz kann man auch einfach die Pizza teilen und durch einen frischen Salat oder eine andere Gemüsebeilage ergänzen.

Fast Food ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems

Pizza, Burger & Co. machen nicht nur träge und dick, sondern manipulieren sogar das Gehirn. Das haben Forschende der australischen Macquarie-Universität in einer kleinen Studie 2020 herausgefunden. Sind wir satt, unterdrückt ein bestimmter Teil des Gehirns, der Hippocampus, üblicherweise die Erinnerung an das Wohlgefühl beim Essen und reduziert unser Verlangen danach.

Doch Fast Food hebelt diese neuronale Appetitregulation aus. Bereits eine Woche mit viel Fast Food beeinträchtigte die Funktion des Hippocampus. Hoch verarbeitetes Essen lässt also das Verlangen nach mehr steigen - selbst, wenn man eigentlich schon satt ist.

Das Team um Studienleiter Richard Stevenson hatte für die Studie 105 junge Erwachsene eine Woche lang unterschiedlich ernährt. Während die eine Gruppe nur Junkfood mit viel Zucker und reichlich gesättigten Fettsäuren erhielt, verspeiste die Kontrollgruppe weiterhin ihr gewohnt ausgewogenes Essen. Jeweils am ersten und letzten Tag der Studie wurden den Teilnehmenden nach einem ausgiebigen Frühstück ungesunde Snacks angeboten. Sie mussten angeben, wie stark ihr Verlangen danach war. Während sich bei der Kontrollgruppe nach einer Woche keine Veränderung ergab, steigerte sich bei der Fast-Food-Gruppe die Lust auf Ungesundes sogar im satten Zustand.

Anders gesagt: Wer viel Fast Food ist, wird nie satt. Wenn das mal kein guter Grund ist, die Pizza mit seinen hungrigen Kindern lieber selbst zu backen.

Verwendete Quellen

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