Israels Beschränkung von Hilfsgütern für den Gazastreifen zusammen mit den fortgesetzten israelischen Angriffen auf das Palästinensergebiet könnten nach Ansicht der UNO dem Einsatz von Hunger als "Kriegswaffe" gleichkommen und somit ein "Kriegsverbrechen" sein.
"Das Ausmaß von Israels anhaltenden Beschränkungen für die Einfuhr von Hilfsgütern in den Gazastreifen, zusammen mit der Art und Weise, wie es die Kampfhandlungen weiterführt, könnte dem Einsatz von Hunger als Kriegsmethode gleichkommen, was ein Kriegsverbrechen ist", erklärte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk am Dienstag.
Die Situation des Hungers und der Hungersnot "ist ein Ergebnis der umfangreichen israelischen Beschränkungen auf die Einfuhr und die Verteilung von humanitärer Hilfe und Handelsgütern, der Vertreibung eines Großteils der Bevölkerung sowie der Zerstörung wichtiger ziviler Infrastrukturen", hieß es weiter in der von Türks Sprecher in Genf verlesenen Erklärung. Die endgültige Entscheidung darüber, ob "Hunger als Kriegswaffe eingesetzt wird" werde von einem Gericht getroffen, sagte Sprecher Jeremy Laurence weiter. Israel kritisierte die Erklärung Türks scharf.
Eine von den Vereinten Nationen unterstützte Bewertung der Lage hatte ergeben, dass dem Palästinensergebiet eine Hungersnot droht. Der von den Angriffen der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober auf Israel ausgelöste Krieg habe dazu geführt, dass rund die Hälfte der Bewohner des Gazastreifens unter "katastrophalem" Hunger leidet, heißt es in der Bewertung der Ernährungssicherheit.
"Die Uhr tickt", erklärte Türk. "Alle, besonders die mit Einfluss, müssen darauf bestehen, dass Israel handelt, um die ungehinderte Einreise und Verteilung der benötigten humanitären Hilfe und Handelsgüter zu erleichtern, um den Hunger zu beenden und jede Gefahr einer Hungersnot abzuwenden." Er forderte "einen unverzüglichen Waffenstillstand sowie die bedingungslose Freilassung" der noch in Gefangenschaft im Gazastreifen gehaltenen Geiseln aus Israel.
Die von seinem Büro und anderen Stellen abgegebenen Alarmsignale der vergangenen Monate seien nicht gehört worden, beklagte Türk. "Diese Katastrophe ist menschengemacht und wäre völlig vermeidbar gewesen."
Israels diplomatische Vertretung in Genf wies Türks Erklärung zurück und erklärte, der UN-Kommissar versuche "wieder einmal, Israel die Schuld an der Situation zu geben und die UNO und die Hamas von der Verantwortung freizusprechen". Israel sei "trotz der Raketen, des Gefangenhaltens unserer Geiseln, der Akte des puren Bösen am 7. Oktober" entschlossen, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bringen und tue alles Mögliche, um das Gebiet "mit Hilfe zu überschwemmen". Die UNO müsse auch aktiv werden.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst worden, bei dem nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen getötet sowie rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden.
Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, bisher mehr als 31.800 Menschen getötet. © AFP
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