Im Prozess um das Gewaltverbrechen an zwei US-amerikanischen Touristinnen bei Schloss Neuschwanstein hat der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Ihm wird Mord, Vergewaltigung mit Todesfolge und versuchter Mord vorgeworfen.

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Für die beiden jungen Frauen aus den USA sollte es ein glücklicher Tag werden – es wurde ein Horrortrip. Auf einem Wanderweg in der Nähe des Schlosses Neuschwanstein wurden sie von einem Landsmann überfallen und eine fast 50 Meter tiefe Schlucht hinabgestürzt. Eine 21-Jährige starb, ihre ein Jahr ältere Freundin überlebte mit erheblichen Verletzungen.

Vor dem Landgericht Kempten hat der Angeklagte Troy Philipp B. nun ein umfassendes Geständnis abgelegt. Der 31-Jährige aus dem US-Bundesstaat Michigan muss sich seit Montag wegen Mordes, Vergewaltigung mit Todesfolge und versuchten Mordes sowie des Besitzes von Kinderpornografie verantworten.

Verteidiger Philip Müller verlas eine entsprechende Erklärung, der US-Amerikaner bestätigte anschließend die Richtigkeit. Weitergehende Fragen der Richter beantworte der beschuldigte Mann nicht. "Die Erklärung ist abschließend", sagte der Anwalt.

Verteidiger: Angeklagtem war bewusst, dass sein Opfer sterben könnte

Laut dem Geständnis hatte B. keinen Tatplan. Auch das sexuelle Motiv wurde in der Erklärung eingeräumt. Der US-Urlauber sei spontan erregt gewesen, hieß es darin. So habe er sich spontan zur Vergewaltigung der am Boden liegenden 21-Jährigen entschlossen. Dabei würgte und strangulierte er die Frau. "Ihm war bewusst, dass die Geschädigte ohne Hilfe sterben könnte, dennoch ließ er sie zurück", sagte sein Verteidiger Müller.

Auch den Besitz von Kinderpornografie gestand der US-Bürger. Wie ein Ermittler als Zeuge sagte, fand sich unter den kinderpornografischen Bildern auch ein Ordner mit Bildern der kleinen Schwester des Angeklagten, die dieser heimlich gemacht habe.

"Er ist tief beschämt", sagte der Verteidiger über seinen Mandanten. Die Taten lasteten schwer auf seinem Gewissen, er wolle sich bei der Familie des Mordopfers entschuldigen.

Überfall, weil er die Frauen vergewaltigen wollte

Laut Anklage hatte der Urlauber die beiden Frauen am 14. Juni 2023 bei einer Wanderung in der Nähe der Marienbrücke in Schwangau brutal überfallen, weil er sie vergewaltigen wollte. Der Mann und die beiden Freundinnen hatten sich laut den Ermittlungen am 14. Juni 2023 wenige Minuten vor dem Angriff kennengelernt. Sie waren getrennt voneinander in der Nähe der Marienbrücke in Schwangau unterwegs.

Die Brücke ist ein beliebter Treffpunkt von Neuschwanstein-Besuchern, weil man von dort einen besonders guten Blick auf das bekannteste Schloss des Bayern-Königs Ludwig II. hat. Im vergangenen Jahr besuchten mehr als 850.000 Menschen aus aller Welt das Schloss, vor der Corona-Pandemie kam Neuschwanstein sogar auf rund eineinhalb Millionen Gäste Jahr für Jahr.

Angeklagter lockte Frauen auf abgelegenen Wanderpfad

Laut Anklage lockte der Angeklagte die beiden Frauen auf einen etwas abgelegenen Wanderpfad, um sie zu überfallen. Er soll angegeben haben, den Frauen einen besonderen Aussichtspunkt zeigen zu wollen. Als der Mann über die 21-Jährige herfiel, griff deren Begleiterin ein. Doch die damals 22-Jährige konnte ihre Freundin nicht retten, der Mann stieß die ältere stattdessen in die steile Pöllatschlucht. Die Frau fiel rund 50 Meter tief.

Danach habe der Mann die 21-Jährige weiter gewürgt und vergewaltigt. Dabei sei der Täter von einem Pärchen, das ebenfalls dort wanderte, überrascht worden, sagte ein Kripobeamter vor Gericht aus. Die beiden Zeugen hätten die Situation allerdings nicht gleich erkannt. Sie hätten einvernehmlichen Sex eines Paares vermutet. Das Pärchen griff nicht ein und ging weiter.

Danach soll der Mann von der 21-Jährigen abgelassen und das schwer verletzte Opfer ebenfalls den Abhang hinuntergeworfen haben. Den Hang habe der US-Amerikaner als "gefährlich, aber nicht tödlich" eingestuft, sagte der Verteidiger zu dem Angriff.

Die beiden Frauen wurden später mithilfe eines Hubschraubers aus der Schlucht geborgen, die 21-Jährige starb einige Stunden später im Kemptener Klinikum. Der Mann wurde von Polizeibeamten nach kurzer Flucht in dem steilen Gelände gefasst.

Ermittlungen wecken Zweifel an der Darstellung des Angeklagten

Die Ermittlungen wecken allerdings Zweifel an der Darstellung einer spontanen Vergewaltigung. So fanden die Polizisten zahlreiche Pornofilme bei dem Angeklagten, in denen asiatische Frauen gefesselt oder ohnmächtig vergewaltigt werden.

Die beiden Tatopfer, die mit einer Europareise ihren Studienabschluss feiern wollten, waren US-Bürgerinnen asiatischer Abstammung. B. hatte sein 21 Jahre altes Opfer während der Vergewaltigung den Ermittlungen zufolge mit seinem Gürtel bis zur Bewusstlosigkeit stranguliert und die Tat auch gefilmt.

Urteil wird im März erwartet

Andere Touristen im Bereich der Marienbrücke hatten die Rettungsaktion und die Festnahme damals mitbekommen und aufgenommen. Videos und Fotos wurden weltweit in sozialen Netzwerken verbreitet, rund um den Globus berichteten Medien über die Gewalttat beim Märchenschloss.

B. wurde kurz nach den Taten festgenommen und sitzt seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft. Wie der für die Ermittlungen hauptverantwortliche Kriminalpolizist in dem Prozess erläuterte, saß der US-Amerikaner in den Minuten nach seiner Festnahme ruhig auf der Rückbank eines Streifenwagens, habe nur stoisch auf den Sitz vor ihm geblickt. Auch den ersten Verhandlungstag verfolgte der 31-Jährige fast regungslos – die meiste Zeit saß er mit gesenktem Kopf auf der Anklagebank.

Das Gericht hat für den Prozess zunächst sechs Verhandlungstage geplant. Das Urteil könnte demnach Mitte März verkündet werden. Im Fall einer Verurteilung droht B. eine lebenslange Haftstrafe. (dpa/AFP/phs/ank)

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