Auch nach der Festnahme der Ex-Terroristin Daniela Klette hält es der frühere Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger für wenig wahrscheinlich, dass die beiden weiter gesuchten Ex-RAF-Terroristen dem Fahndungsdruck nachgeben und sich freiwillig stellen.
"Ich habe eine kleine Hoffnung", sagte Pflieger, der in den 1980er Jahren an mehreren RAF-Ermittlungen und Anklageschriften insbesondere gegen die erste und zweite Generation der Rote Armee Fraktion (RAF) beteiligt war. "Ich gehe aber eher davon aus, dass sie nach so langer Zeit mit falscher Identität versuchen werden, weiter verdeckt zu leben und zu agieren."
Der frühere Jurist rechnet auch mit weiteren Überfällen auf Geldtransporter: "Sie müssen ja von etwas leben, wenn ihnen das Geld ausgeht. Und dann machen sie halt von dem Gebrauch, was sie gelernt haben." Dabei werde der Druck auf sie steigen. "Ich könnte mir vorstellen, dass bei Daniela Klette in der Wohnung Informationen gefunden wurden, die auf die beiden Männer hinweisen könnten, seien es Mails oder Telefonanrufe oder irgendetwas." So könne vielleicht schon ein gewisser Aufruhr entstanden sein, denn es bestanden ja Kontakte innerhalb des Trios.
Die 65 Jahre alte Klette war am Dienstag in Berlin gefasst worden. Sie war gemeinsam mit Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg schon in den 1990er Jahren untergetaucht. Das Trio soll unter anderem zwischen 1999 und 2016 Raubüberfälle auf Geldtransporter begangen haben. Schwerpunkte waren Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.
Wegen der langen Zeit im Untergrund ist Pflieger überzeugt, dass die früheren RAF-Terroristen ein Netzwerk von Helfern gehabt haben müssen. "Wir haben das bei allen RAF-Generationen erlebt, dass es jede Menge Unterstützer gab, die etwa Unterschlupf angeboten haben. Manche Dinge wie Arztbesuche und andere Dinge des täglichen Lebens sind nur schwer zu erledigen ohne eine solche Hilfe. Es gab sicher Hilfe", sagte der 76-Jährige.
Pflieger rechnet aber nicht damit, dass Klette die Kronzeugenregelung in Anspruch nehmen wird, um Namen zu nennen. "Die Tradition der RAF zeigt, dass die Leute zu 99 Prozent versucht haben, das Schweigegebot einzuhalten", sagte der Terrorexperte. "Ich habe die Sorge, dass sich Frau Klette daran hält." Dennoch sollte der Staat die festgeschriebene Kronzeugenregelung weiter offensiv anbieten, damit die früheren Terroristen ihre Geheimnisse offenbaren. "Es muss uns wichtig sein, die bislang offenen Fragen zu den Attentaten und Opfern zu beantworten", sagte Pflieger. "Wenn wir kein Zugeständnis machen, werden wir die historische Wahrheit vielleicht nie erfahren." © dpa
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