Zwei Männergruppen geraten in Köthen aneinander, ein junger Mann stirbt an Herzversagen. Zwei Afghanen werden der Körperverletzung mit Todesfolge verdächtigt - einer von ihnen sollte eigentlich schon länger abgeschoben werden. Nach dem ähnlichen Vorfall in Chemnitz, führt dies zu gewalttätigen Spontandemos in Sachsen - Sachsen-Anhalt will dies jedoch verhindern.
Nach dem Streit zwischen zwei Männergruppen und dem Tod eines Deutschen haben sich im sachsen-anhaltischen Köthen bis zu 550 Menschen an einem weiteren sogenannten Trauermarsch beteiligt. Nach einer Schweigeminute und einer kurzen Kundgebung auf dem Markt zogen die Teilnehmer am Montagabend durch die Innenstadt zu dem Schauplatz der Auseinandersetzung, einem Spielplatz, wie die Polizei mitteilte.
Dort wurde ein Kranz der AfD Sachsen-Anhalt im Gedenken an einen 22 Jahre alten Deutschen niedergelegt. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und sprach nach ersten Erkenntnissen von einem eher friedlichem Verlauf.
Verletzungen nicht die Todesursache
Zu den Hintergründen des Vorfalls ist weiter wenig bekannt. Nach bisherigen Erkenntnissen der Ermittler war es in der Nacht zu Sonntag auf dem Spielplatz zu einem Streit zwischen mindestens zwei afghanischen Staatsbürgern und mindestens zwei deutschen Staatsbürgern gekommen.
Am Ende war der 22-Jährige tot, er starb nach Behördenangaben an Herzversagen. Dem Obduktionsergebnis zufolge seien seine Verletzungen nicht die Todesursache gewesen, sagte Landesjustizministerin Anne-Marie Keding (CDU). Auch Kopfverletzungen durch Tritte oder Schläge hätten nicht festgestellt werden können.
Der Staatsanwaltschaft zufolge sind die Ermittlungen noch nicht weit genug, um Details zum Geschehen bekannt zu geben. Im sächsischen Chemnitz hatte auf den Tag genau zwei Wochen zuvor ein ähnlicher Fall zwei Tage lang zu Spontandemos mit rechtsextremer Beteiligung und Gewaltausbrüchen geführt.
Brandanschlag vor Demo?
In Köthen waren am Montag fünf Fahrzeuge am Nachmittag in der Nähe eines Schwimmbades beschädigt worden. Es stand der Polizei zufolge aber noch nicht fest, ob ein technischer Defekt Auslöser war oder Brandstiftung.
Der AfD-Abgeordnete Hannes Loth hatte die Demonstration unter dem Titel "Wir trauern" angemeldet. Nach knapp einer Stunde erklärte er die Veranstaltung für beendet und die Menschen verließen den Versammlungsort.
Tags zuvor waren bei einer Spontandemonstration in der Stadt rund 2500 Menschen zusammengekommen. Unter den Demonstranten waren nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden zwischen 400 und 500 Rechtsextreme aus Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen.
Hohe Polizeipräsenz in Köthen
Während nach den ersten Demo-Tagen in Chemnitz mehr als zwei Dutzend Verletzte und 120 Straftaten gemeldet worden waren, waren es in Köthen bis zum Montagabend zehn Anzeigen, nach ersten Erkenntnissen gab es keine Verletzten.
Was war anders? Die Polizei war in Köthen sichtbar in großer Zahl präsent, wie der Vize-Chef der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, sagte. "Das beeindruckt."
Für Köthen hatten sich die Sicherheitsbehörden auf die Spontandemo vorbereitet. Sie alarmierten rechtzeitig die Bereitschaftspolizei im Land und holten sich Unterstützung aus Berlin, Brandenburg, Sachsen, Niedersachsen sowie von der Bundespolizei.
Opfer war Bruder eines Rechtsextremen
Landespolizeidirektorin Christiane Bergmann zufolge wurden am Sonntag Reden gehalten, die im Netz für Empörung sorgten: Von "Rassenkrieg" war die Rede, von Rache nach dem archaischen Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn". Der Staatsschutz sichte derzeit das verfügbare Videomaterial auf strafbare Inhalte, sagte Bergmann. Drei Anzeigen wegen Volksverhetzung gebe es schon.
Einige Teilnehmer fern des rechtsextremen Spektrums hätten den Parolen widersprochen, andere allerdings auch applaudiert, sagte Landesinnenminister Holger Stahlknecht (CDU). Er warnte vor einem Generalverdacht, stellte aber auch klar: Der Staat werde alle Mittel einsetzen, um die Tat in Köthen aufzuklären - aber auch "alles tun, damit Betroffenheit auch Betroffenheit bleibt".
Über Details zum Toten hielten sich die Ermittler zurück. Bekannt ist nur: Er war der Bruder eines bekannten Rechtsextremen aus Köthen. (sg/dpa)
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