• Bund und Länder haben angesichts der dramatischen Corona-Lage neue Regeln beschlossen.
  • Demnach wurden Schwellenwerte für härtere Corona-Maßnahmen vereinbart.
  • Zudem wollen die Länder Beschäftigte unter anderem in Krankenhäusern und Pflegeheimen zur Corona-Impfung verpflichten.

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Angesichts der immer bedrohlicheren Corona-Welle mit Rekord-Infektionszahlen kommen neue Alltagsauflagen auf Millionen Bürger zu. Weitreichende praktische Folgen könnten die Beschlüsse von Bundestag, Bundesländern und Bundesregierung vom Donnerstag für Ungeimpfte haben. So sollen dort, wo eine bestimmte Anzahl an Corona-Patienten ins Krankenhaus eingewiesen wird, nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt zu Freizeitveranstaltungen, Gastronomie und Hotels haben (2G). Einige Bundesländer haben solche Regelungen bereits.

"Es ist wirklich absolute Zeit zum Handeln", mahnte die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eindringlich. Sie sprach von einer dramatischen und "wirklich besorgniserregenden" Infektionssituation. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz kündigte für den Winter "einschneidende Maßnahmen" an. Es gelte nun, als Land zusammenzuhalten. Bisher Nicht-Geimpfte sollten sich "einen Ruck" geben und sich impfen lassen. Merkel betonte: "Wir wissen, und das ist bedauerlich, wir könnten besser dastehen, wenn die Impflücke nicht so groß wäre."

Die Corona-Beschlüsse im Überblick:

Härtere Corona-Maßnahmen bei Überschreiten bestimmter Belastungsschwellen

Um die Ausbreitung des Virus in den Griff zu kriegen, legten Bund und Länder neue Grenzwerte für Beschränkungen fest. Ausschlaggebend ist künftig die Hospitalisierungsrate. Der Wert gibt an, wie viele Corona-Infizierte pro 100.000 Menschen in den vergangenen sieben Tagen ins Krankenhaus kamen.

Liegt die Rate über drei, soll in dem Bundesland für Freizeiteinrichtungen, Kultur- und Sportveranstaltungen, Gastronomie und bestimmte Dienstleistungen flächendeckend 2G gelten. Zutritt haben dann nur Geimpfte und Genesene. Steigt die Krankenhaus-Rate auf mehr als sechs, sollen Geimpfte und Genesene in bestimmten Einrichtungen wie Diskotheken, Clubs und Bars zusätzlich einen Test vorlegen (2G plus).

Spitzt sich die Lage noch mehr zu, sollen die Länder laut Merkel auch wieder Kontaktbeschränkungen einführen. Dabei reiche der vom Bundestag beschlossene Maßnahmenkatalog ihrer Meinung nach nicht aus, sagte Merkel. Man habe sich aber geeinigt, diesen Katalog zeitnah zu überprüfen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) betonte, diese Evaluierung - spätestens am 9. Dezember bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz - sei für die unionsgeführten Bundesländer elementar.

Derzeit liegt die "Hospitalisierungs-Inzidenz" in 12 der 16 Bundesländer über drei, lediglich Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und das Saarland wären also nicht betroffen. In drei Ländern liegt der Wert über sechs: in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bayern.

Impfplicht für bestimmte Berufsgruppen

Dringendes Thema von Bund und Ländern war auch, bei den Impfungen Tempo zu machen. Die Länder forderten eine Impfpflicht "einrichtungsbezogen" für Mitarbeiter in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, die Kontakt zu besonders gefährdeten Personen haben. Die Länder baten den Bund, die Impfpflicht "schnellstmöglich umzusetzen". Merkel kündigte an, der Bund werde "in Kürze" entscheiden, wie er sich dazu verhalte.

Booster-Impfungen für alle Personen ab 18 Jahren

Als akutes Instrument zum Eindämmen der Corona-Welle gelten Auffrischungen länger zurückliegender Impfungen. Merkel sagte, bis Jahresende seien 27 Millionen nötig. "Bund und Länder verpflichten sich, jedem ein Angebot zu machen", betonte sie. Dafür sollen neben den Praxen mehr öffentliche Angebote eingerichtet werden. Bisher haben 4,8 Millionen Menschen Auffrischungen bekommen.

Die Impfkommission weitete nach wochenlanger Diskussion ihre bisher eng gefasste Empfehlung massiv aus. Ab sofort empfehle sie "allen Personen ab 18 Jahren die Covid-19-Auffrischimpfung", teilte die Stiko mit. Auch ein flexiblerer Umgang mit dem Zeitabstand ist vorgesehen: In der Regel soll sechs Monate nach der letzten Dosis nachgeimpft werden - eine Verkürzung auf fünf Monate sei im Einzelfall und bei genug Kapazitäten aber zu erwägen.

Bundestag: 3G-Vorgaben am Arbeitsplatz, in Bussen und Bahnen

Am Vormittag hatte der Bundestag von SPD, Grünen und FDP unter anderem 3G-Vorgaben am Arbeitsplatz, in Bussen und Bahnen beschlossen. Hier sind dann Nachweise über Impfung, Genesung oder negativen Test nötig. Für Pflegeheime und Kliniken sollen Testpflichten für Beschäftigte und Besucher verankert werden. Auf der anderen Seite aber sollen etwa Schul- oder Geschäftsschließungen künftig nicht mehr möglich sind.

Experten warnen bereits seit Wochen, dass sich die Corona-Ausbreitung rasant beschleunigt. "Wir laufen momentan in eine ernste Notlage. Wir werden wirklich ein sehr schlimmes Weihnachtsfest haben, wenn wir jetzt nicht gegensteuern", sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, am Mittwochabend. Bundesweit überschritten die an einem Tag gemeldeten Neuinfektionen laut RKI erstmals die Marke von 65.000. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen stieg auf den Höchststand von 336,9. (dpa/fra)


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