• Viele Einzelhandelsgeschäfte versuchen, die Maßnahmen des Lockdowns aufzuweichen.
  • Douglas verwandelte sich über Nacht von der Parfümerie zur Drogerie. Andere richten, wo erlaubt, Abholstationen für online bestellte Waren ein. Und in Berlin tut sich gar ein Schlupfloch auf, wie man an Feuerwerkskörper kommt.

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Not macht erfinderisch, heißt es. Im Lockdown scheint sich dieses Sprichwort einmal mehr zu bewahrheiten. Ob Baumärkte oder Buchläden, Warenhäuser oder Elektronikmärkte: Viele Einzelhandelsgeschäfte versuchen, die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie aufzuweichen.

Am Mittwoch hatte Douglas von sich reden gemacht: Die Parfümeriekette hatte am ersten Tag des bundesweiten Lockdowns knapp ein Viertel der Filialen offengelassen, mit der Begründung, dass dort auch Drogeriesortiment verkauft wird, was weiterhin erlaubt ist. Die Gewerkschaft Verdi in Hessen sprach von einem "anrüchigen Unterlaufen des Lockdowns" und auch vielen Kunden stieß der plötzliche Wandel von der Parfümerie zur Drogerie auf. Douglas ruderte zurück: Fortan sind alle Filialen dicht.

Wobei dicht relativ ist: "Trotz Lockdown: Abholen in der Filiale", wirbt Douglas auf seiner Internetseite - und ist mit diesem Modell nicht allein. Viele Einzelhändler nutzen, wo es die Corona-Verordnungen zulassen, ihre eigentlich geschlossenen Läden als Abholstellen für online oder per Telefon bestellte Waren.

Kaufhof: "Weihnachtsgeschenke bis zum Schluss"

Die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof verspricht "Weihachtsgeschenke bis zum Schluss" und auch die Elektronikketten Media Markt und Saturn nutzen ihre Filialen derzeit als Pick-up-Stationen. Ein ähnliches Angebot habe es schon im ersten Lockdown gegeben und sei von den Kunden gerne genutzt worden, berichtete ein Unternehmenssprecher. Der Deko-Artikel-Spezialist Butlers ist ebenfalls auf den Zug aufgesprungen.

Viele Buchhändler - vom Branchenriesen Thalia bis zum Buchladen von nebenan - versuchen ebenfalls, mit Abholangeboten den wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns ein Schnippchen schlagen. "Abholangebote sind gerade für die kleinen Buchhandlungen superwichtig", meint Thomas Koch vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Sie profitierten dabei vom engen Kontakt zu ihren Stammkunden.

Auch Baumärkte wie Obi, Bauhaus und Hornbach, die anders als im ersten Shutdown nun auch schließen mussten, bieten den Kunden Abholangebote.

Nicht in allen Bundesländern erlaubt

Weniger verbreitet sind die - im Fachjargon Click&Collect genannten - Abholangebote nach Angaben des Handelsverbandes Textil (BTE) aktuell in der Modebranche. Zwar gebe es einige mittelständische Modegeschäfte, die diesen Service anböten, meinte BTE-Sprecher Axel Augustin. "Aber dass man damit die Saison rettet, davon sind wir ganz weit weg." Oft rechne es sich nicht, den Laden dafür offenzuhalten. Denn der Modebereich eigne sich angesichts der Passformproblematik längst nicht so gut für derartige Offerten wie etwa Bücher oder Elektronik.

Deutschlands größter Schuhhändler Deichmann bietet zwar in normalen Zeiten seinen Kunden die Möglichkeit, online bestellte Schuhe in den Filialen abzuholen. Doch im Shutdown hat das Unternehmen das Angebot eingestellt. Die Filialen seien geschlossen, erklärte ein Sprecher.

Einen Haken hat die Sache ohnehin: Das Abholen ist zwar in den meisten, aber längst nicht in allen Bundesländern erlaubt. Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen verbieten nach einer Aufstellung des E-Commerce-Verbandes bevh das Abholen in ihren Corona-Verordnungen grundsätzlich. In Thüringen ist es demnach nur für Buchhandlungen erlaubt.

Kleine Geschäfte haben häufig das Nachsehen

Für die Händler ist Click&Collect nicht zuletzt ein Versuch, den wirtschaftlichen Schaden durch den Lockdown zu verringern. "Es bringt den Händlern vielleicht nicht viel, aber auch ein bisschen ist besser als gar nichts", urteilt der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein.

Für ihn steht fest: "Click&Collect wird vor allem den Großen im Handel helfen, nicht den kleinen, die es am nötigsten hätten." Denn Voraussetzung dafür sei ein funktionierendes elektronisches Warenwirtschaftssystem, das dem Kunden bei der Online-Bestellung zuverlässig sagen könne, ob ein Artikel noch im Laden vorrätig sei oder nicht. Das aber hätten viele kleine Händler nicht. Und bei Fehlern im Bestellvorgang sei Ärger mit den Kunden vorprogrammiert.

"Für viele kleine Händler wäre es sinnvoller, sie würden die Bestellungen per Telefon oder per Fax annehmen und dann selbst ausliefern. Diesen Service würden die Kunden sehr honorieren, schließlich erspart es ihnen den Weg und das Schlangestehen", meint Heinemann.

Reger Grenzverkehr zum Böllerkauf

Kein Weg zu weit und keine Schlange zu lang ist hingegen manchem, wenn es darum geht, an Feuerwerkskörper zu gelangen. Da in Deutschland in diesem Jahr der Verkauf verboten ist, wittern Händler in Polen ihre Chance.

So freut sich zum Beispiel der Polenmarkt Hohenwutzen an der deutsch-polnischen Grenze darüber, dass für ihn polnisches Recht gilt und nicht der deutsche Shutdown. "Der Markt hat normal geöffnet, auch die Frisöre, die Tankstellen und der Campingplatz sind geöffnet", heißt es auf der Facebookseite. Und: "Der Shuttle-Bus fährt wie gewohnt dreimal täglich ab Berlin."

Während Brandenburg (wie auch andere Bundesländer) den sogenannten kleinen Grenzverkehr durch eine Quarantäne-Pflicht unattraktiv gemacht hat, dürfen Berliner (wie auch die Bewohner anderer Bundesländer) ohne Einschränkungen über die Grenze, solange sie weniger als 24 Stunden bleiben. (mcf/dpa)

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