Beim Yin Yoga geht es nicht um möglichst anstrengende Abfolgen von Körperstellungen, sondern genau um das Gegenteil: das lange, intensive Halten der Positionen. Aber wo kommt dieser Yoga-Stil her, der dem Namen nach eher an China erinnert als an Indien?
Ursprung und Definition von Yin Yoga
Yin Yoga ist ein sehr langsamer Yoga-Stil, bei dem die Positionen mehrere Minuten lang gehalten werden. Die ruhige Atmung ermöglicht eine intensive Dehnung, die auch in tiefere Gewebeschichten vordringt. Aber was hat Yin und Yang mit Yoga zu tun und wie kamen die unterschiedlichen asiatischen Lehren zueinander?
Der Name Yin Yoga leitet sich tatsächlich von der chinesischen Philosophie von Yin und Yang ab, den entgegengesetzten Kräften und Elementen. Während Yin im Daoismus für das Weibliche, Sanfte, Ruhige steht, beschreibt Yang das Männliche, Kraftvolle, Dynamische. Die Bedeutung lässt sich auch auf den Körper übertragen: Yang beschreibt die kräftigen Muskeln, Yin das dehnbare Bindegewebe. Und genau das wird beim Yin Yoga besonders effektvoll bearbeitet. Hier geht es nicht in erster Linie um die Kräftigung der Muskulatur, sondern um den sanften Stretch. Obwohl viele Positionen aus dem Hatha Yoga bekannt sind, werden sie beim Yin Yoga anders ausgeführt und zielen auf die Entlastung und Dehnung der Muskelgruppen ab.
Die Geschichte des Yin Yoga geht in die 1970er-Jahre zurück, als der daoistische Kampfsportler und Yoga-Lehrer Paulie Zink diese Philosophie in seiner Yoga-Praxis umsetzte. Yin Yoga sollte der Gegenpol zu den kraftvollen Yoga-Stilen sein und den Fokus auf die Dehnung der Sehnen, Bänder und Faszien legen. Seine Schüler Paul Grilley und Sarah Powers machten Yin Yoga schließlich weltweit bekannt.
Für wen ist Yin Yoga geeignet?
Yin Yoga ist für alle geeignet, die in der Yoga-Praxis Entspannung suchen. Für Anfänger ist Yin Yoga ein guter Einstieg, um sich mit der Entspannungstechnik vertraut zu machen. Menschen mit Übergewicht können die Übungen, die meist im Liegen oder im Sitzen stattfinden, ebenfalls gut ausführen. Ältere Menschen trainieren behutsam ihre Flexibilität. Schwangere nutzen Yin Yoga gerne, um sich auf die Geburt vorzubereiten.
Die Ruhe während der Yin-Yoga-Stunde lenkt die Gedanken auf den eigenen Körper, auf das Hier und Jetzt. Damit ist der Yoga-Stil eine wunderbare Möglichkeit, um Achtsamkeit zu üben und die Bedürfnisse und Grenzen des eigenen Körpers besser wahrzunehmen. Sendet der Körper das Signal Schmerz, ist eine Grenze überschritten. Ist er in einer Position bereit, sich noch weiter zu öffnen, kann die Dehnung intensiviert werden. Dieses Erspüren hilft auch im Alltag bei der Stressbewältigung.
Da die Übungen in Ruheposition ausgeführt werden, kann Yin Yoga sogar während einer Erkältung oder bei Kopfschmerzen geübt werden. Um nicht auszukühlen, ziehen Sie sich am besten entsprechend warm an und legen bei Bedarf noch eine Decke über den Körper. Auch bei Rückenschmerzen eignet sich Yin Yoga, da die Positionen mit rundem Rücken ausgeführt werden.
Welche Haltungen und Elemente werden bei Yin Yoga geübt?
Im Yin Yoga werden viele Haltungen auf der Matte im Liegen, auf dem Bauch oder Rücken, und im Sitzen ausgeführt. Um die passive Dehnung zu intensivieren, gibt es verschiedene Hilfsmittel wie Yoga-Blöcke, Yoga-Gurt, Kissen und Decken. Eine Position wird jeweils drei bis sieben Minuten lang gehalten und mit jeder Ausatmung intensiviert. Dadurch entsteht ein meditativer Effekt, der auch den Geist zur Ruhe kommen lässt.
Typische Elemente einer Yin-Yoga-Sequenz sind Vorbeuge, Rückbeuge, Hüftöffner und Drehhaltungen. Besonderes Augenmerk wird auf die Hüfte gelegt. Manche Übungen aus dem Hatha Yoga haben im Yin Yoga jedoch eine andere Bezeichnung, um deren Übungsintention zu unterscheiden. So heißt der Sprinter im Yin Yoga Drache, die Taube wird zum Schwan. Außerdem spielen die fünf Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser in den Yin-Yoga-Sequenzen eine wichtige Rolle.
Oft läuft während der Yin-Yoga-Stunde entspannende Musik, um den Effekt zu unterstützen und das geistige Abschalten während der gehaltenen Übungen zu erleichtern.
Welche Wirkung hat Yin Yoga?
Durch die tiefe Atmung und die lange gehaltenen Übungen ist Yin Yoga der ideale Yoga-Stil zum Loslassen. Es hilft gegen Stress, da hier der Fokus auf der Entspannung liegt. Wer abends übt, kann danach besser einschlafen. Morgens steigert Yin Yoga hingegen die Beweglichkeit, da Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke sanft trainiert werden.
Durch die Intensivierung der einzelnen Positionen mit jedem Atemzug findet eine starke Dehnung statt. Bei den Sequenzen werden die zwölf Meridiane aktiviert, die laut TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) den Körper durchziehen und durch das Faszien-Gewebe laufen. Eine der Auswirkungen des Yin Yoga ist es, die Lebensenergie, das sogenannte Qi, in diesen Meridianen zum Fließen zu bringen. Dadurch soll das Gleichgewicht zwischen Körper und Geist wiederhergestellt werden, was wiederum Vorteile für ein starkes Immunsystem haben soll. Blockaden im sogenannten Energiefluss, die zu Rückenschmerzen, Verspannungen im Nacken oder organischen Beschwerden führen sollen, können sich lösen.
Die starke Herzöffnung in manchen Positionen kann bei manchen Yogis Gefühle aufkommen lassen, die lange unterdrückt wurden und durch die Yoga-Praxis nun nach außen brechen. Yin Yoga wird deshalb für viele körperliche, aber auch psychische Probleme als Teil der Therapie eingesetzt. Obwohl die Übungen mehr passiv als aktiv durchgeführt werden, kommt es beim Yin Yoga manchmal zu Muskelkater, wenn das Gewebe zu sehr gedehnt oder ein Nerv gereizt wurde. (tsch)
Verwendete Quellen:
- Utopia: "Yin Yoga: Philosophie, Wirkung und Infos zum langsamen Yoga-Stil"
- Asanayoga: "Der ultimative Yin-Yoga Guide"
- Yoga Vidya: "Yin Yog"
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