Wer im Büro arbeitet, geht oft davon aus, dass er nicht so schnell berufsunfähig werden wird. Dabei können psychische Erkrankungen oder Krankheiten wie Krebs jeden treffen. Deshalb sollte man sich unbedingt rechtzeitig privat absichern.

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Was mit leichten Rückenschmerzen anfängt, kann mit den Jahren ziemlich hartnäckig werden: Viele Arbeitnehmer schieben aber den Gedanken zur Seite, dass sie eines Tages womöglich nicht mehr in der Lage sein könnten, arbeiten zu gehen. Vor allem Menschen mit einem Bürojob gehen häufig davon aus, dass sie nie berufsunfähig sein werden – sitzen oder stehen kann man ja schließlich fast immer irgendwie.

"Diese Vorstellung ist falsch", warnt Kerstin Becker-Eiselen, Abteilungsleiterin Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Hamburg. "Personen, die während der Arbeit einer hohen körperlichen Belastung ausgesetzt sind, erleiden häufig einfach andere Erkrankungen als solche, die im Büro tätig sind."

Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit

Zuletzt waren Nervenerkrankungen und psychische Erkrankungen die häufigste Ursache für eine Berufsunfähigkeit, gefolgt von Erkrankungen des Bewegungsapparats und Krebserkrankungen. "In Folge solcher Erkrankungen ist es auch Menschen, die im Büro tätig sind, nicht mehr möglich, ihren Beruf weiter wie bisher auszuüben", sagt die Expertin.

Eine private Berufsunfähigkeitsversicherung lohnt sich deshalb laut Becker-Eiselen unbedingt. "Jeder vierte gesetzlich versicherte Arbeitnehmer wird statistisch gesehen im Laufe seines Arbeitslebens erwerbsgemindert", sagt sie.

Das heißt, er bekommt eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ihre Höhe hängt davon ab, wie lange und wie viel man eingezahlt hat. "Die Renten hieraus sind aber in der Regel sehr gering", sagt die Expertin. Deshalb sollte man sich unbedingt zusätzlich privat absichern.

Die Bedingungen genau lesen und kein Kombinationsprodukt wählen

Doch ab wann gilt ein Arbeitnehmer eigentlich als berufsunfähig? "Das hängt entscheidend von den Versicherungsbedingungen ab", sagt Becker-Eiselen. Dort kann beispielsweise auch vereinbart sein, dass man berufsunfähig ist, wenn man nicht mehr in der Lage ist, seinen bisherigen Beruf zu mindestens 50 Prozent auszuüben. "Auch viele andere Varianten sind möglich", sagt die Expertin.

Deshalb sollte immer auch das Kleingedruckte lesen und sich im Zweifelsfall beraten lassen. Helfen können dabei die Verbraucherzentralen oder ein Versicherungsberater. Dieser ist unabhängig und nimmt ein Honorar für seine Beratung.

Berufsunfähigkeitsversicherungen gibt es in unterschiedlichen Formen: als selbstständige Versicherung oder als Zusatzversicherung zu einer anderen Versicherung. Von einer solchen Kombination rät die Expertin ab.

"Man sollte kein Kombinationsprodukt mit einer privaten Lebens- oder Rentenversicherung wählen", sagt sie. "Gerät man in wirtschaftliche Schwierigkeiten, ist es leichter, nur eine Versicherung zu halten." Ein Kombinationsprodukt wird dann womöglich schnell einmal zu teuer.

Vorerkrankungen unbedingt angeben, um den Schutz nicht zu verlieren

Es kann zudem schwierig werden, überhaupt eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, wenn man bereits Vorerkrankungen hat. Stellt man einen Antrag, wird man in der Regel gefragt, ob man in den letzten fünf Jahren in ambulanter beziehungsweise in den vergangenen zehn Jahren in stationärer Behandlung war. "Diese Fragen muss man wahrheitsgemäß beantworten, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden", sagt Becker-Eiselen.

Hatte man im abgefragten Zeitraum ein gesundheitliches Problem, sollte man den Antrag unbedingt über einen Versicherungsberater stellen. "So vermeidet man, dass Ablehnungen in der zentralen Speicherdatei der Versicherer gespeichert werden", sagt die Expertin. Die Annahme bei anderen Gesellschaften ist in einem solchen Fall kaum noch möglich.

Nicht selten lehnen Versicherungen eine Auszahlung erst einmal ab

Sollte man dann eines Tages tatsächlich nicht mehr in der Lage sein, seinen Beruf dauerhaft auszuüben, meldet man sich bei seinem Versicherer. Er schickt Unterlagen, die man ausfüllen muss – und diese sind oft nicht selbsterklärend. Auch dabei können Verbraucherzentralen oder ein Versicherungsberater helfen. "Sind die Unterlagen beim Versicherer abgegeben, kann es noch Wochen bis Monate dauern, bis eine Entscheidung getroffen wird", sagt die Expertin.

Immer wieder hört man allerdings auch, dass es sehr schwierig sein kann, von einer Versicherung als berufsunfähig eingestuft zu werden. Für die Versicherer geht es dabei um viel Geld. "Im Schnitt werden die Versicherten mit 44 Jahren berufsunfähig", sagt Becker-Eiselen. "Das bedeutet für eine Versicherung, die bis zum Rentenalter geht, dass deutlich über 20 Jahre eine Rente gezahlt werden müsste."

Daher prüfen die Versicherer sehr genau. "Oft wird aber versucht, nicht zu zahlen oder die versicherten Verbraucher mit einer Abfindung abzuspeisen", sagt die Verbraucherschützerin. "Hier darf man sich nicht scheuen, sich im Zweifel auch anwaltlich vertreten zu lassen."

Verwendete Quellen:

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