Bei auf den ersten Blick unerklärlichen Beschwerden können unterschwellige Entzündungsprozesse im Körper die Ursache sein. Diese sogenannten stillen Entzündungen stellen zudem ein Risiko für weitere Erkrankungen dar. Doch durch eine Umstellung des Lebensstils kann man etwas dagegen unternehmen, zum Beispiel durch besseren Schlaf, eine bewusstere Ernährung und Kältetherapie.

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Eigentlich sind Entzündungen eine normale Reaktion des Körpers: Schneidet man sich zum Beispiel in den Finger, verhindert der Körper durch Entzündungsprozesse, dass Bakterien in die Wunde eindringen können. Eine solche Entzündung klingt in der Regel von selbst wieder ab.

Es gibt aber auch Entzündungsprozesse im Körper, die langfristig und unterschwellig ablaufen. "Man spricht dabei auch von stillen Entzündungen", sagt die Berliner Ärztin Simone Koch. "Das Immunsystem ist dabei dauerhaft aktiviert, weil bestimmte Botenstoffe für Entzündungen erhöht sind. Es fängt schließlich sogar an, das Gewebe des Körpers anzugreifen."

Stille Entzündungen können jahrelang bestehen

Eine stille Entzündung kann über Monate und Jahre fortbestehen. "Sie läuft unterschwellig auf vielen Ebenen ab und beschäftigt den Körper intensiv", sagt Koch. Deshalb fühlen sich Betroffene oftmals schlapp und müde.

Stille Entzündungen werden mit vielen Erkrankungen in Verbindung gebracht. "Dazu zählen insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen inklusive Herzinfarkt und Schlaganfall", sagt die Expertin. Aber auch bei Diabetes Typ 2, Autoimmunerkrankungen, Demenz, Übergewicht und Erschöpfung scheint ein Zusammenhang mit stillen Entzündungen zu bestehen.

Die Beschwerden, mit denen sich eine chronische Entzündung äußern kann, sind vielfältig: "Es handelt sich beispielsweise um Energielosigkeit, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Insulinresistenz, Bluthochdruck oder Infektanfälligkeit", sagt die Ärztin. Für solche Beschwerden kann es allerdings auch andere Auslöser geben. Daher sollte man sie unbedingt medizinisch abklären lassen.

An den Ursachen stiller Entzündungen wird intensiv geforscht. "Es ist naheliegend, dass vor allem unser Lebensstil dafür verantwortlich ist", sagt Koch. Bekannt sei beispielsweise, dass Schlafmangel, Bewegungsarmut, eine ungünstige Ernährung, chronischer Stress oder auch eine Fehlbesiedlung des Darms dazu beitragen könnten, dass der Körper überlastet sei und sich in der Folge eine chronische Entzündung entwickele.

Untersuchung von Blutwerten kann weiterhelfen

Es fehlt bislang allerdings eine klare Definition für eine stille Entzündung – und es gibt auch noch kein standardisiertes Verfahren, um sie zu diagnostizieren. Weil eine stille Entzündung aber eng mit dem Immunsystem verbunden ist, empfiehlt Koch, einige Blutwerte zu untersuchen. Dazu zählen CRP, TNF-Alpha, Il-6 und Il-1 sowie IFN-Gamma.

"Ich rate, damit zu jemandem zu gehen, der sich mit diesem Thema wirklich auskennt", sagt Koch. "Viele Menschen wissen allerdings auch nicht, dass es freie Labore gibt, in denen man sich Blut abnehmen und diese Werte bestimmen lassen kann." Die Kosten dafür trägt man dann allerdings selbst – und es fehlt ein Arzt, der die Ergebnisse erklärt.

Jeder kann darüber hinaus selbst viel unternehmen, um gegen stille Entzündungen vorzugehen und den Körper bei der Heilung zu unterstützen. "Dadurch ermöglicht man es dem Körper in vielen Fällen, wieder zu einem Ausgleich und zu einem Normalzustand zurückzufinden", sagt die Expertin.

Koch rät dazu, sich bei einer stillen Entzündung zunächst auf den Schlaf zu konzentrieren. "Das ist für mich das wichtigste Thema, weil Schlaf die Grundlage für alle Weitere ist", sagt sie. Im Schlaf laufen im Körper viele Erholungs- und Reinigungsprozesse ab. Wenn sie durch fehlenden Schlaf gestört sind, kann sich der Körper nicht ausreichend regenerieren.

Auf abgeschlossene Schlafzyklen achten

"Viele Menschen wissen gar nicht, wie viel Schlaf sie eigentlich brauchen", sagt Koch. Wer zu wenig schläft, gewöhnt sich schnell an diesen Zustand. "Schon nach zehn Tagen nehmen wir gar nicht mehr wahr, dass wir eigentlich zu wenig schlafen." Die Ärztin rät dazu, sich nicht an der Zahl von acht Stunden festzubeißen, weil das viel Druck erzeugen kann. Das Schlafbedürfnis eines Erwachsenen liegt üblicherweise zwischen sechseinhalb und neun Stunden. Die Zeit, die man zum Einschlafen benötigt, rechnet man noch hinzu.

Ideal ist es, abgeschlossene Schlafzyklen zu haben. "Ein Schlafzyklus dauert etwa 90 Minuten", sagt Koch. Man sollte ausprobieren, wie viele Schlafzyklen man pro Nacht braucht. Bei den meisten Menschen sind es vier bis fünf Zyklen. Idealerweise sind diese Zyklen abgeschlossen, wenn man aufsteht, denn sonst kann es sein, dass man morgens vom Wecker aus dem Schlaf gerissen wird und sich wie zerschlagen fühlt.

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Kälte als Therapie

Bei stillen Entzündungen kann Kälte außerdem eine wichtige Rolle spielen. "Niedrige Temperaturen führen dazu, dass der Körper eine ganze Reihe von Anpassungsmechanismen in Gang setzen muss", sagt die Ärztin. Kälte wird schon lange als Therapiemethode eingesetzt – das geht in Deutschland zurück auf Sebastian Kneipp und seine Kaltwasserkuren.

"Leider ist die Datenlage zur tatsächlichen Wirksamkeit sehr schwer auszuwerten, da in den verfügbaren Studien mit verschiedenen Anwendungen, Temperaturen und Probanden gearbeitet wurde", sagt Koch. "Ein Überblick über die Gesamtstudienlage macht jedoch diese Aussage möglich: Kälte vermindert Entzündungen, reduziert Schmerzen und wirkt sich ausgleichend auf das Hormonsystem aus."

Laut Koch werden bei Kälte etwa deutlich verstärkt die Hormone Noradrenalin und Dopamin ausgeschüttet. Zudem beschleunige sich der Stoffwechsel und der Körper trainiere seine Erholungsfähigkeit.

Koch selbst geht regelmäßig eisbaden. "Wer das ausprobieren möchte, sollte sich am besten langsam herantasten." Idealerweise sollte man in einem flachen Gewässer beginnen und nur kurz im Wasser bleiben und nicht schwimmen oder untertauchen. Außerdem sollte man nie allein gehen, da es in seltenen Fällen zu einem Kälteschock kommen kann. Im Zweifel sollte man vorher seinen Arzt um Rat fragen, ob es Bedenken gegen das Eisbaden gibt. Das gilt ganz besonders dann, wenn jemand unter Herzproblemen leidet.

Einen ähnlichen Effekt wie das Eisbaden haben laut Koch auch kalte Duschen, nur fällt er deutlich weniger stark aus. "Je kälter das Wasser ist, desto kürzer ist die Zeitspanne, die man benötigt, damit bestimmte Prozesse im Körper ablaufen", sagt Koch. In eisigem Wasser reichen zwei Minuten. "Man kann sich auch bei 20 Grad für 20 Minuten in die Badewanne legen und eine Serie schauen."

Sport ja, aber in Maßen

Viel erreichen gegen stille Entzündung lässt sich laut Koch darüber hinaus auch über Bewegung und Ernährung. Sie empfiehlt insbesondere Krafttraining, um Muskelmasse aufzubauen: "Bewegung und Muskelmasse haben eine wichtige Funktion, um chronische Entzündungen zu verhindern und sie zu heilen", sagt sie. Dabei ist es aber wichtig, die Balance zu halten und nicht in ein Übertraining zu rutschen: Wer zu viel trainiert und sich nicht ausreichend erholt, kann damit wiederum auch Entzündungsprozesse im Körper auslösen.

Darüber hinaus sollten Betroffene auch ihren Darm nicht aus dem Blick verlieren und sich möglichst anti-entzündlich ernähren. Dabei spielt laut Koch vor allem eine ausgewogene Verteilung der Fette in der Nahrung eine Rolle. Zu den anti-entzündlichen Lebensmitteln, die die Ärztin gegen stille Entzündungen empfiehlt, gehören etwa Blaubeeren, Chili, Zwiebeln und Knoblauch, Lachs, Kakao, Sauerkraut, Zimt und Kohl.

Korrektur: In einer früheren Version des Artikels war eine missverständliche Passage über die Wirkung der beiden Hormone Noradrenalin und Dopamin enthalten. Wir haben diese entfernt.

Über die Gesprächspartnerin

  • Dr. Simone Koch ist Autorin des Buches "Das 4-Wochen-Anti-Entzündungsprogramm“. Sie ist Ärztin mit den Schwerpunkten Funktionelle, Umwelt- und Ernährungsmedizin. Sie hat sich auf Autoimmunerkrankungen, hormonelle Ungleichgewichte und Patienten und unklaren Erkrankungen spezialisiert.

Redaktioneller Hinweis

  • Die Informationen in diesem Artikel ersetzen keine persönliche Beratung und Behandlung durch eine Ärztin oder einen Arzt.

Verwendete Quellen

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