Eigentlich wollten Sie noch eine Runde joggen gehen - und dann das: Die Nase läuft, der Hals kratzt. Ist Sport dann eine gute Idee? Während Sportbegeisterte gerne mal über mögliche Risiken hinwegblicken, warnen Experten ausdrücklich vor körperlicher Anstrengung.
Endlich geschafft: Sie treiben regelmäßig Sport und sind darauf völlig zu Recht stolz. Kein Wunder, dass Sie sich von ein bisschen Husten nicht vom Training abhalten lassen wollen. Ein kleiner Dauerlauf hier, etwas Krafttraining dort – das muss schon drin sein, auch bei einer Erkältung. Oder etwa nicht?
So wirkt sich Sport auf einen erkälteten Körper aus
Tatsächlich kann sportlicher Übereifer während einer Erkältung ernstzunehmende Folgen für die Gesundheit haben. Die Frage, die man sich daher immer stellen muss, lautet: Wie stark ist die Erkältung?
"Wenn man nur einen leichten Schnupfen hat, sich nicht unwohl fühlt und keine erhöhte Temperatur hat, darf man trotzdem Sport treiben", sagt Fitness-Experte Ralf Ohrmann, Personal Trainer vieler Prominenter. "Sollten Sie aber Hitze- oder Kälteschübe bekommen, hören Sie bitte sofort mit dem Sport auf oder fangen besser erst gar nicht damit an."
Ist man erkältet, ist das Immunsystem angegriffen. Der Körper kann dann durch Viren oder Bakterien geschwächt werden. Die körpereigene Abwehr läuft auf Hochtouren, um die Eindringlinge schnellstmöglich wieder loszuwerden.
Damit der Körper dieser Aufgabe gerecht werden kann, benötigt er Ruhe. Jegliche zusätzliche Belastung bedeutet für ihn Stress, der die Immunabwehr weiter schwächt. Auch Sport stellt in diesem Moment einen Stressfaktor für den Körper dar.
Mögliche Folgen, wenn man trotz Erkältung Sport treibt
Wird der Körper durch solch eine starke Belastung geschwächt, kann das den Infekt sogar noch verschlimmern. Wer die Erkältung nicht richtig auskuriert, riskiert, dass sich die Krankheitserreger weiter im Körper ausbreiten. Aus leichtem Husten wird eine Bronchitis, aus Halsschmerzen womöglich eine Mandelentzündung.
"Manchmal wird dies im Akutfall gar nicht bemerkt, kann aber dann noch Jahre später in Schäden wie Herzschwäche münden. Nicht immer ist hier die Beweiskette klar, aber es gibt immer wieder den Fall, dass man eine Herzschwäche diagnostiziert, die dann in der Rückschau mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen verschleppten Infekt zurückgeführt werden kann", sagt Sportkardiologe Dr. Axel Preßler.
Herzmuskelentzündung – das unterschätzte Risiko
Im schlimmsten Fall drohe sogar eine Herzmuskelentzündung, die sich oftmals nur schwer diagnostizieren ließe, so Preßler. "Laut den meisten internationalen Studien gilt die Herzmuskelentzündung als dritt- bis vierthäufigste Ursache für den plötzlichen Sportlerherztod."
Dem Plötzlichen-Herztod-Register der Universität Saarbrücken lässt sich entnehmen: In Deutschland wurden innerhalb eines Zeitraums von 30 Monaten insgesamt 144 Todesfälle beim Sport in allen Altersgruppen gemeldet.
"Umgerechnet auf die kalkulierte Zahl an Sporttreibenden in Deutschland ergibt diese zunächst recht hoch erscheinende Zahl ein wirkliches Auftreten von zirka 1,5 Todesfällen auf eine Million Sportler, also sehr wenig. Davon hatten rund acht Prozent eine Herzmuskelentzündung. Bei den Unter-35-Jährigen waren es allerdings immerhin 24 Prozent, also gut ein Viertel", sagt Preßler.
Leichtes Training trotz Erkältung möglich
Doch was tun, wenn man trotz allem nicht gänzlich auf Bewegung verzichten will bei einer leichten Erkrankung? Mediziner und Sportexperten raten von intensivem Ausdauer- und Kraftsport während einer ausgewachsenen Erkältung deutlich ab.
Vielmehr sollte man auf eher moderate und gut kontrollierbare Belastungen setzen: "Krafttraining jeder Art würde die Muskeln und das geschwächte Immunsystem zu sehr schocken. Moderate Ausdauersportarten wie leichtes Joggen, Radfahren oder Spazierengehen eignen sich, im Rahmen von etwa 40 bis 60 Minuten Training. Alles, was über 90 Minuten hinausgeht, sollte nicht sein. Nicht mal beim Spazierengehen", erklärt Ralf Ohrmann.
Dr. Axel Preßler ergänzt: "Spielsportarten wie Tennis oder Fußball sind durchaus auch möglich, bergen aber die Gefahr, dass doch viele kurze und schnelle Sprints eingesetzt werden. Sofern man dies kontrollieren kann, sind solche Sportarten aber ebenfalls denkbar."
Etwas Bewegung an der frischen Luft bei einem Infekt kann die Abwehr von Krankheitserregern sogar unterstützen. Das gilt jedoch im Falle beider Experten nur für Patienten, deren Erkrankung nicht über einen Schnupfen hinausgeht. Wer sich schlapp fühlt, Fieber hat oder an den Bronchien erkrankt ist, muss pausieren. Auch dann, wenn es einem aufgrund von eingenommenen Medikamenten besser geht.
Wie lange Pause nach einer Erkältung?
Für jede andere Sportart und intensives Training heißt es vorerst: Pause. "Nach einer Erkältung ohne Fieber sollte man ein bis zwei Tage Pause machen. Und zwar erst dann, wenn alle Symptome verschwunden sind, die Erkältung also wirklich vorbei ist", sagt Ohrmann. Wer Fieber hatte, sich aber wieder gesund fühlt, sollte länger pausieren. "Das Immunsystem musste auf Hochtouren laufen und sich davon erst mal wieder erholen."
Für Dr. Axel Preßler bedeutet das konkret: Sport erst nach mindestens drei Tagen normalisierter Körpertemperatur und nur bei vollständiger Beschwerdefreiheit. Das gilt auch, falls noch Antibiotika eingenommen werden. Wenn eine Herzmuskelentzündung nachgewiesen werden konnte, ist eine längere Pause angesagt. Sport ist hier frühestens nach drei bis sechs Monaten Auszeit wieder denkbar. Bewegung tut nämlich nur gut, solange sie der Gesundheit nicht schadet.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Priv.-Doz. Dr. Axel Preßler, Sportkardiologe in eigener Praxis in München
- Gespräch mit Fitness-Experte und Personal Trainer Ralf Ohrmann
- Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
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