Ein Hypochonder lebt in der ständigen Angst, an einer schweren Krankheit erkrankt zu sein oder jeden Moment von ihr befallen zu werden. Wer ist für die rätselhafte Erkrankung Hypochondrie besonders anfällig und was können Betroffene dagegen tun?

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Dreimal hintereinander gehustet. Vielleicht ein Zeichen für Lungenkrebs? Seit einer halben Stunde Kopfschmerzen. Möglicherweise ein Gehirntumor? Ein blauer Fleck am Bein und Müdigkeit. Bestimmt Leukämie! Besser wieder zum Arzt, um das abklären zu lassen. Was für manche amüsant erscheinen mag, ist für einen Hypochonder eine permanente Qual.

Wer an dieser schweren Form der Krankheitsangst leidet, der erlebt den Körper als tickende Zeitbombe und den Alltag als düster und gefährlich.

Ein Hypochonder hört sehr tief in seinen Körper hinein und "untersucht" ihn ständig auf mögliche Veränderungen. Das mag an sich nicht negativ sein, doch ein Betroffener zieht aus vermeintlich harmlosen Körpersignalen drastische Schlüsse. Jedes Zipperlein kann so in seiner Interpretation zu einer potentiell todbringenden Krankheit werden.

Dabei würde man einem Hypochonder unrecht tun, würde man ihm unterstellen zu simulieren. Die Symptome können vorhanden sein. Doch seine Rückschlüsse sind überzogen.

"Morbus Google"

Bestärkt in seiner düsteren Selbstprognose wird der Betroffene dabei im Internet. Hier findet er den idealen Nährboden für seine Vorahnungen. "Morbus Google" nennt man dieses Phänomen im ärztlichen Fachjargon. Egal welche Krankheitssymptome man eingibt, schnell landet man bei der Diagnose Krebs oder bei anderen schweren Krankheiten. Für Hypochonder ist das Bestätigung und Fluch zugleich.

Phänomen "Doctor Hopping"

Menschen mit Krankheitsangst gehen in der Regel häufig zum Arzt, lassen sich aber meist nur kurzfristig beruhigen. Häufig fühlen sie sich nicht ernst genommen und suchen deshalb einen weiteren Arzt auf. Während es durchaus ratsam ist, sich eine zweite Expertenmeinung einzuholen, kann eine sechste, siebte oder achte zu einer enormen Belastung für das Gesundheitssystem werden.

"Doctor Hopping" haben Krankenkassen dieses Phänomen recht flapsig benannt.

Die Rolle der Psyche

Laut Untersuchungen am Psychologischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz leiden ungefähr sieben Prozent der deutschen Bevölkerung an ausgeprägter Krankheitsangst. Die Angst vor Krebserkrankungen stehe dabei an erster Stelle. Männer und Frauen sind im gleichen Maß von der Störung betroffen.

Dabei ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer hoch ist. Oftmals dauert es Jahre, bis die Störung klar erkannt wird. Doch woher rührt die große Angst vor einer schweren Krankheit?

Experten ordnen die Hypochondrie den somatoformen Störungen zu. Somatoform bedeutet, dass sich Beschwerden nicht, oder nicht ausreichend, auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. Dagegen besteht ein klarer Zusammenhang zwischen Körper und Psyche. In der Psyche der Betroffenen ist also die eigentliche Ursache der Gesundheitsangst zu finden.

Was löst die Hypochondrie aus?

Experten gehen davon aus, dass ungelöste innere Konflikte eine Ursache für die hypochondrische Erkrankung sein können, wenn diese sich auf den Körper verlagern. Die Veranlagung dafür kann bereits in der Kindheit gelegt werden. Die überzogene Angst vor Krankheiten etwa kann sich von den Eltern auf die Kinder übertragen.

Möglicherweise sind tatsächlich schwere Erkrankungen in einer Familie vorgekommen. Auch ein übervorsichtiger, einengender Umgang mit dem Kind wird als mögliche Ursache genannt. Auslöser für Hypochondrie ist dann häufig eine stressige Lebenssituation.

Was tun gegen Hypochondrie?

Laut einer Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist eine ausgeprägte Krankheitsangst durch Psychotherapie sehr gut behandelbar. Nach einer kognitiven Verhaltenstherapie, bei der Denkmuster überprüft und innere Konflikte aufgearbeitet werden, hätten mehr als zwei Drittel der Teilnehmer ihren Zustand als "deutlich gebessert" eingestuft.

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