Wer auf Fleisch verzichten möchte, der bekommt im Supermarkt einige Alternativprodukte. Nicht alle davon überzeugen. Wissenschaftler haben nun gemeinsam mit einem Unternehmen aus Bamberg einen Fleischersatz aus Erbsenproteinen entwickelt, der kaum von Fleisch zu unterscheiden ist. Wie funktioniert das eigentlich?

Mehr zum Thema Gesundheit

Nicht jeder Fleischersatz kommt bei Verbrauchern in Konsistenz und Geschmack gut an. Wissenschaftler tüfteln deshalb weltweit an alternativen Produkten. Dazu zählen zum Beispiel Fleisch aus der Petrischale im Labor oder auch Produkte aus gemahlenen Insektenproteinen. Nun gibt es eine weitere Variante – aus Erbsen.

Raffael Osen vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising forscht seit vielen Jahren zum Fleischersatz und hat das neue Produkt mitentwickelt. Vermarktet wird es von dem Unternehmen Amidori aus Bamberg. "Schon seit einigen Jahren hinterfragen immer mehr Menschen ihren Fleischkonsum", sagt Osen. Vor allem Tierwohl und Nachhaltigkeit seien Gründe, um auf Fleisch zu verzichten oder zumindest weniger davon zu essen.

Viele Gründe für einen Verzicht auf Fleisch

Motive für den Fleischverzicht gibt es viele, zum Beispiel auch gesundheitliche: Studien zeigten zuletzt einen Zusammenhang zwischen bestimmten Krebssorten und dem Verzehr von rotem Fleisch. Zudem ist Fleisch ein Massenprodukt geworden: Um den Preis niedrig zu halten, werden sehr viele Tiere auf engem Raum gehalten.

Ein hoher Fleischkonsum hat noch weitere Folgen: Es werden zum Beispiel Weideland und Flächen benötigt, um Futter für die Tiere zu produzieren.

Dadurch fehlen weltweit Agrarflächen, um Lebensmittel für Menschen anzubauen. Durch Überdüngung gelangt zudem zunehmend schädliches Nitrat ins Grundwasser. Außerdem verursacht eine weltweite Massentierhaltung enorme Mengen des Klimagases Methan.

Vielen Verbrauchern geht es um die richtige Konsistenz

Aktuell isst jeder Deutsche laut dem aktuellen Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung rund 60 Kilogramm Fleisch im Jahr. Wer kein Fleisch essen möchte, der greift bislang vor allem zu Produkten auf Sojabasis. "Soja hat aber eine ganz andere Konsistenz als Fleisch", sagt Osen: "Es ist eher in bisschen wie Eierstich."

Die Marktforschung habe aber gezeigt, dass es vielen Konsumenten bei Fleischersatz weniger um den Geschmack, sondern mehr um einen fleischähnlichen Biss gehe, sagt Lebensmitteltechnologe Osen: "Unser Ziel war es deshalb, eine Art Tofu 2.0 zu entwickeln."

Die Wahl fiel schnell auf Erbsen

Es sollte also ein Produkt entstehen, das nicht nur wie Fleisch aussieht, sondern sich auch im Mund wie Fleisch anfühlt. Zudem sollte es möglichst nachhaltig sein. Das brachte die Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut auf die Idee, mit Hülsenfrüchten zu experimentieren.

Die Wahl fiel dabei auf Erbsen: "Erbsen kennt jeder, sie wachsen gut bei uns, haben einen angenehmen Geschmack und einen hohen Eiweißanteil", sagt Raffael Osen.

Den Forschern sei es in der Folge gelungen, mit einem besonderen Verfahren aus Erbsenproteinen ein Produkt herzustellen, das eine faserige Struktur habe und kaum von Fleisch zu unterscheiden sei.

Struktur ähnelt der von Fleisch

Dieses Verfahren nennt sich Nassextrusion oder auch Nasstextur. Damit werden in der Lebensmittelindustrie zum Beispiel auch Erdnussflips oder Pasta hergestellt.

Christian Kraus vom Hersteller Amidori erklärt: "Dabei werden mit Hilfe eines Motors die Zutaten mit Wasser vermischt, geknetet, gekocht und anschließend unter sehr großem Druck heruntergekühlt." Dadurch entstünden verschiedene Arten von Fasern und Strukturen.

Lebensmitteltechnologe Osen ergänzt: "Das Produkt bekommt auf diese Weise einen fleischlichen Biss." Es ließen sich verschiedene Arten von Fleisch simulieren, zum Beispiel Gulasch oder Schnitzel.

Geschmack entsteht bei der Zubereitung

Doch wie sieht es eigentlich mit dem Geschmack aus? "Eiweiß an sich hat kaum Geschmack", sagt Osen. "Das ist bei rohem Fleisch auch nicht anders. Es ist relativ neutral – der Geschmack entsteht vor allem durch die Röstaromen beim Braten und durch Gewürze."

Das Ziel sei es, den Verbrauchern eine Alternative zum Fleisch zu bieten. "Es geht uns gar nicht darum, dass jeder komplett auf Fleisch verzichtet", sagt Osen. "Ich würde das Produkt nie mit einem Rumpsteak vergleichen."

Wer im Alltag Fleisch aber vermisse, bekomme durch das Erbsenprotein eine gute Alternative. "Der Gedanke ist auch ein bisschen, zum Sonntagsbraten zurückzukehren – weniger Fleisch zu essen, dafür dann aber hochwertiges."

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.