Mehr als 12.000 Patienten haben sich im letzten Jahr über Behandlungsfehler ihrer Ärzte beschwert. 2.243 von ihnen bekamen Recht. Doch wie lässt sich das Risiko eindämmen, wie ein guter Arzt ausmachen? Wir kennen zehn Kriterien, wie Sie Top-Mediziner von Quacksalbern unterscheiden.

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Bundesweit gibt es rund 357.200 berufstätige Ärzte. Da gerät die Suche nach einem Top-Mediziner bisweilen zu jener im Heuhaufen. Doch es gibt klare Anzeichen für einen guten Arzt:

Setzen Sie auf Mundpropaganda!

Erfahrungswerte sind Gold wert. Deshalb heißt es zunächst: Nachbarn, Freunde und Kollegen um Rat fragen. Diese können wichtige Hinweise zum Auftreten des Arztes, zu Behandlungen, Zusatzleistungen und technischer Ausstattung geben. "Ein deutlicher Hinweis für einen guten Arzt ist die Weiterempfehlung. Das spricht dafür, dass Patienten Vertrauen zu ihm haben", sagt Kai Kolpatzik, Arzt beim AOK-Bundesverband und zuständig für den Arztnavigator der Krankenkasse. Auch Bewertungsportale im Internet helfen bei der Auswahl. Unter anderem bieten Krankenkassen wie AOK, Barmer GEK, Techniker Krankenkasse und Bertelsmann BKK sogenannte Arztnavigatoren an. Von der Bundesärztekammer gibt es zudem Checklisten für Patienten.

Vertrauen

Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist besonders sensibel. "In erster Linie interessieren sich Patienten bei der Auswahl eines Arztes für soziale und kommunikative Aspekte. So ist es den Patienten zum Beispiel wichtig, ob der Arzt auf Fragen eingeht oder ob er gut zuhört", weiß der AOK-Experte. Wer sich nicht gut aufgehoben fühlt, wird sich seinem Doktor nie richtig anvertrauen, sagt Kolpatzik. Stellen Sie sich also die Frage, ob der Mediziner kompetent und sympathisch auf Sie wirkt!

Terminvergabe

Lange Wartezeiten auf einen Termin suggerieren oft, dass ein Arzt aufgrund seiner überragenden Fähigkeiten oder seiner guten Empfehlungen ausgebucht sei. Das stimme so nicht. "Wie schnell man einen Termin bekommt, sagt noch nichts über die Qualität", so der Experte.

Erreichbarkeit der Praxis

Suchen Sie einen Arzt in der Nähe Ihres Wohnortes. "Eine gute Verkehrsanbindung ist wichtig, ebenso dass die Patienten barrierefreien Zugang zur Praxis haben. Das ist vor allem für ältere und behinderte Menschen entscheidend", betont der Arzt. Wichtig: Die Sprechzeiten sollten zum Alltag passen. Ein wenig anders verhält es sich bei Spezialisten. Wer erst einmal einen Top-Kieferchirurgen oder Orthopäden gefunden hat, wird gerne einen längeren Weg und ungünstige Sprechzeiten in Kauf nehmen.

Praxis, Personal

"Der erste Eindruck zählt", sagt AOK-Experte Kolpatzik. Befragungen haben gezeigt, dass Patienten großen Wert auf eine technische und moderne Ausstattung legen. Ob sie wiederkommen oder nicht, hängt außerdem davon ab, wie sauber die Praxis und wie der Wartebereich gestaltet ist: "Hygiene sollte in einer Praxis selbstverständlich sein. Patienten können das allerdings oft nur schwer beurteilen." Deshalb sollte man darauf achten, ob sich Arzt und Assistenten vor und nach der Behandlung die Hände waschen oder desinfizieren. Auflagen auf den Patientenliegen sollten frisch sein.

Achten Sie zudem darauf, dass Behandlungsakten nicht offen herumliegen und Behandlungszimmer nicht einzusehen sind. Stehen die Stühle im Warteraum zu nah beieinander stehen, kann dies für Patienten unangenehm sein. Denn das Risiko einer Ansteckung beim Sitznachbarn ist erhöht – insbesondere beim Hausarzt.

Intimsphäre und Organisation

"Ebenfalls ganz wichtig: Die Intimsphäre muss gewahrt bleiben. Das fängt schon beim Empfang an. Nichts wäre unangenehmer, als wenn andere die eigene Diagnose mitbekämen", sagt der Experte. "Auch die Organisation einer Praxis ist ein Hinweis. Das betrifft nicht nur das Terminmanagement, sondern auch andere Bereiche, etwa wie schnell und zuverlässig Befunde an andere Ärzte weitergeleitet werden."

Gleichbehandlung

Im Vordergrund sollte immer die medizinische Versorgung stehen. Fragt die Arzthelferin zuerst, ob Sie privat versichert sind, deutet das womöglich auf ökonomische Interessen hin. Es kann der Eindruck entstehen, privat versicherte Patienten würden bevorzugt. Patienten dürfen auch nicht aufgrund ihres Geschlechtes, Alters, ihrer Abstammung, Behinderung oder Glaubens benachteiligt werden.

Die Wartezeiten in der Praxis

Wie gut eine Praxis organisiert ist, erkennen Sie an den Wartezeiten. Haben Sie einen Termin, sollten Sie nicht länger als 30 bis 45 Minuten warten müssen. "Unsere Auswertungen haben gezeigt, dass die Bereitschaft zur Weiterempfehlung deutlich sinkt, wenn die Patienten länger als eine halbe Stunde warten müssen", sagt der Mediziner. Dauert es dennoch einmal länger, sollte Sie die Arzthelferin schon am Empfang informiert haben. Etwas anders verhält es sich bei Fachärzten: Hier sei generell mit längeren Wartezeiten zu rechnen.

Das Patientengespräch

"Das A und O ist das Arzt-Patienten-Gespräch", betont Kolpatzik. Ein guter Arzt beherrsche die Kommunikation mit dem Patienten. Konkret bedeutet dies: "Fachlatein sollte in der Regel tabu sein. Der Arzt erklärt Krankheitsbilder, Therapie und Medikation laienverständlich und umfassend." Für einen guten Arzt spreche außerdem, "wenn er seine Entscheidungen und Empfehlungen mit dem Patienten abstimmt, hinreichend über Chancen und Risiken von Therapien und diagnostischen Mitteln informiert."

Doch auch Zuhören ist angesagt. Studien zufolge unterbrechen Mediziner ihre Patienten nach 15 Sekunden. Gute Ärzte lassen Sie erst einmal ausreden, anderenfalls kommen wichtige Anamnese-Details nicht zur Sprache. Wie lange Sie allerdings beim Arzt vorstellig werden, ist kein Qualitätskriterium. Was zählt, ist, ob alle wesentlichen Dinge besprochen wurden. Im Schnitt verbringen Patienten zwischen sieben und acht Minuten beim Doktor. Eine gute Anamnese ist in dieser Zweit möglich. "Wer sicher gehen will, dass er nichts vergisst, kann sich vorher mit einer Checkliste für den Arztbesuch vorbereiten", empfiehlt Kolpatzik.

Unnötige IgeL-Leistungen als K.o.-Kriterium

Kosten infolge von unnötigen Zusatzleisten können das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Mediziner nachhaltig schädigen. "Bei den sogenannten IGeL-Leistungen muss man genau auf den potentiellen Nutzen und Schaden achten‎. Reiseimpfungen mit einem überwiegenden Nutzen bilden hier die Ausnahme. Bei vielen Zusatzleistungen ist der Nutzen und damit die Wirksamkeit jedoch umstritten oder sie können sogar zu einem Schaden führen", weiß Kolpatzik. In diesem Fall müsse der Arzt ganz genau über Nutzen, Risiken und Kosten informieren und einen Behandlungsvertrag anbieten.

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