Schlanksein ist gesund? So einfach ist es nicht! Denn nicht das Gewicht ist ausschlaggebend, wenn man sich vor Krankheiten wie Krebs, Herzinfarkt oder Diabetes schützen möchte. Warum fitte Dicke gesünder sind als unfitte Schlanke und warum man im Badezimmern nicht unbedingt eine Waage braucht.

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Mit dem Body-Mass-Index (BMI) steht Winfried Banzer auf Kriegsfuß. Der Experte vom Institut für Sportwissenschaften in Frankfurt ist der Meinung, dass die verbreitete Messgröße für die Bewertung von Körpergewicht kein guter Indikator für eine gesunde Figur ist. Denn "schlank ist nicht gleich gesund und adipös ist nicht gleich krank", erklärt er auf der Tagung "Ernährung aktuell" des Verbandes für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB) am vergangenen Wochenende.

Und er hat offensichtlich recht: Studien zeigen, dass etwa ein Drittel der Schlanken an Stoffwechselkrankheiten leidet, welche man mit normalerweise mit Übergewicht verbindet, während ein Drittel der stark Übergewichtigen (Adipösen) stoffwechselgesund ist. Woran liegt das?

"Fett ist nicht gleich Fett"

Viele Menschen fühlen sich zu dick und wollen abnehmen. Das reine Körpergewicht ist aber nicht ideal, um den Erfolg einer Diät zu messen. "Fett ist nicht gleich Fett", erklärt Banzer. Wer schnell abnimmt, verliert zwar auch Fett – doch nicht zwangsläufig an den richtigen Stellen.

Gefährlich ist vor allem das Fett, welches sich in den Organen, zum Beispiel in Leber oder Herz, eingelagert hat. Auch das Bauchfett ist riskant, da es ein höheres entzündungsauslösendes Potenzial besitzt und dadurch Krankheiten wie Krebs begünstigt.

Kaum zu glauben, doch Adipositas, definiert als starkes Übergewicht ab einem BMI von 30, erhöht das Sterblichkeitsrisiko nicht: Betrachtet man die Gesamtmortalität, lassen sich keine großen Unterschiede zwischen normalgewichtigen und adipösen Menschen feststellen, bei Übergewichtigen liegt die Sterberate sogar noch niedriger.

Fitness ist wichtiger als Gewichtsreduktion

Es stimme zwar, dass eine Diät positive Effekte auf Blutdruck, Cholesterin- oder Insulinspiegel hat, räumt Banzer ein. Es gebe jedoch keine Langzeitstudien, welche die Dauerhaftigkeit dieser positiven Veränderungen im Körper belegt. Wahrscheinlich sei der Körper – ein "Gewohnheitstier" – bestrebt, die alte "Harmonie" wieder herzustellen. Das bedeutet, dass sich sowohl das Gewicht, als auch Blutdruck und andere Parameter für Krankheitsrisiken wieder auf die Ausgangswerte einpendeln.

Wer gesund bleiben will, sollte also weniger auf das Gewicht achten. Ausschlaggebend sei vielmehr die kardiovaskuläre Fitness, die man durch Ausdauersport erreicht, sagt der Sportmediziner. Dadurch werde das Sterblichkeitsrisiko gesenkt, auch wenn das Gewicht und damit der BMI gleich bleibt: Cholesterin- und Triglyzeridwerte im Blut verbessern sich, der Blutdruck sinkt, das Diabetesrisiko wird gemindert.

Um die eigene Fitness zu überprüfen, reicht schon ein einfacher "Talk-Test", meint Banzer: Laufen Sie drei Stockwerke hoch und unterhalten Sie sich dabei. Wenn Sie nach der ersten Etage schon außer Atem sind, sollten Sie mehr für Ihre Fitness tun - egal, ob Sie dünn oder dick sind.

Greifen Sie zum Maßband statt nur zur Waage

Banzer empfiehlt, 5 x 30 Minuten Ausdauersport wöchentlich zu betreiben. Am effektivsten sei es, das mit 1-2 x Krafttraining pro Woche zu kombinieren – damit schmilzt auch das unsichtbare Körperfett in Organen und Muskeln schneller.

Wer überprüfen möchte, ob er Fett verloren hat, sollte sich nicht nur auf die Waage verlassen, sondern auch ein Maßband zu Hilfe nehmen. Die Reduktion des Gewichts korreliert nämlich nicht mit der Verminderung des Taillenumfangs. Oft stagniert die Zahl auf der Waage, während man in Wahrheit weiter Fett verliert und Muskeln aufbaut.

Wichtig sei, dauerhaft Sport zu betreiben. Untersuchungen zeigen: Ein Jahr nach einer sportbetonten und kalorienreduzierten Diät legten diejenigen wieder 50 Prozent ihres Bauchfetts zu, die mit dem Sport aufgehört hatten. Jene, die nach der Diät weitertrainierten, lagerten dagegen kaum Fett ein.

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