Als ich meinen Kollegen erzähle, ich hätte einen Termin zur Zuckerentwöhnung, bilden sich erst einmal dicke Fragezeichen über ihren Köpfen. Wie soll das funktionieren? Silke ohne Süßigkeiten? Zugegeben, ich bin selbst skeptisch. Als Schokoriegel-Dauerkonsument war ich bislang überzeugt, keinen grammatikalisch korrekten Satz herauszubringen, sofern ich meinem Hirn die benötigte Energie in Form der so leckeren Kombination aus Zucker und Fett verweigere. Und das will ich nicht zuletzt meinen Lesern ersparen.
Als ich auch noch ankündige, dass mir meine Schokosucht mittels Energiefeldtherapie ausgetrieben werden sollte, geben auch die restlichen Kollegen den Glauben an meinen Erfolg auf. Es klingt zunächst in der Tat absurd: Die Methode soll nicht mittels Hypnose, Nadeln oder Medikamenten funktionieren, sondern indem sie im Energiefeld des Patienten, also seiner Aura, wirkt. Ganz billig ist das Ganze nicht: Inklusive zweieinhalbstündigem Kochkurs kostet die Behandlung 349 Euro. Klar, dass jene Kollegen, Freunde und Familienmitglieder, die mit dem weiten Feld der Esoterik wenig bis nichts anfangen können, dem Ganzen skeptisch gegenüberstehen.
Als Autorin einer Kolumne namens "Ausprobiert" bin ich natürlich offen für diese Thematik. Ich kann mir vorstellen, dass jeder Mensch über eine Aura verfügt, die etwas über ihn aussagt. Und warum soll es nicht Personen geben, die fähig sind, dieses Energiefeld wahrzunehmen und sogar zu beeinflussen? Vielleicht kann mir Amir Weiss mit der von ihm entwickelten Energiefeldtherapie also tatsächlich helfen, meine Leidenschaft für Süßigkeiten in den Griff zu bekommen.
Als ich zum Termin erscheine, werde ich von Cheftherapeut und Gründer der Weiss-Methode Amir Weiss und seinem Kollegen Oliver Günzler sehr nett empfangen. Wir machen es uns in einer Sofaecke bequem und fangen an zu plaudern. Dabei lerne ich: Ohne Disziplin geht die Zuckerentwöhnung auch mittels Energiefeldtherapie nicht vonstatten. Innerhalb der nächsten vier Wochen nach der Behandlung soll ich möglichst auf Alkohol verzichten (oje, eine Bayerin ohne Bier), viel Wasser und Obst konsumieren und jegliche Süßigkeiten aus meiner Sichtweite verbannen – man muss sich ja nicht unnötig in Versuchung führen. Dies alles soll dazu dienen, meine Aura, die gleich von Amir gereinigt werden würde, nach der Behandlung nicht gleich wieder zu besudeln.
Amir zieht sich nach unserem ersten Gespräch zurück, um sich vorzubereiten und sein eigenes Energiefeld auf das meine einzustimmen. In einem kleinen Raum mit plätscherndem Brunnen sitze ich zehn Minuten später auf einem Stuhl und soll mich völlig entspannen. Leider gelingt es mir partout nicht, mich an einen schönen Ort in der Natur zu denken, wie Amir es von mir erwartet. Ob dann alles für die Katz' ist? Ich gehe das Risiko ein und richte meine volle Aufmerksamkeit lieber auf Amirs abenteuerliches Treiben. Da ich die Augen geschlossen halte, kann ich nur spekulieren, was gerade vor sich geht: Schnippen, Wischen, durch die Luft zuckende Bewegungen und manchmal eine sanfte Berührung am Arm oder Ohr. Hm. Weil ich ihn schlecht mitten in der Sitzung fragen kann, mache ich mir meinen eigenen Reim darauf: Er geht gerade meinen negativen Energien an die Gurgel.
Nach etwa 15 Minuten ist alles vorbei. Ich bin sehr entspannt. Behutsam gibt mir Amir noch ein paar Tipps mit auf den Weg. Aha, er scheint auch ein paar persönliche Baustellen durch meine Aura aufgeschnappt zu haben. Zum Beispiel solle ich in Zukunft nicht so krampfhaft an Dingen festhalten, sondern einfach mal loslassen.
In den Tagen nach der Therapie merke ich keine großen Veränderungen. Ab und zu überkommt mich Lust auf Süßes, der ich jedoch nicht nachgebe. Damit zeige ich typische Symptome, wie mir Therapeut Oliver Günzler erklärt. Die meisten Menschen, die die Zuckertherapie hinter sich haben, berichten jedoch von absoluter Gleichgültigkeit gegenüber Süßem, wenige empfinden sogar starke Abneigung nach der Behandlung. Diejenigen, bei denen die Therapie nicht wie gewünscht anschlägt, haben die Möglichkeit, eine kostenlose Auffrischungsbehandlung durchzuführen.
Mittlerweile sind einige Wochen vergangen. Ab und an esse ich ein Eis nach dem Mittagessen oder ein Stück Kuchen am Wochenende. Hat die Methode bei mir also versagt? Laut Oliver Günzler ist es völlig in Ordnung sich gelegentlich etwas Süßes zu gönnen. Ob es an der Energiefeldtherapie liegt oder ob ich durch sie einfach stärker auf mein Naschverhalten achte: Der unbändige Zuckerdrang, dem ich sonst mit etwa drei Schokoriegeln am Tag nachgegeben habe, ist tatsächlich weg.
Nächstes Mal in "Ausprobiert": Heiße Kurven durch Schwitz-Yoga?
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